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EU-Lebensmittelkennzeichnung
Erleichterung für Allergiker

Die Etiketten von Lebensmitteln sollten klar und verständlich sein – so lautet das Ziel der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung, die jetzt von den Ländern umgesetzt werden muss. Die 14 wichtigsten Inhaltsstoffe, die Allergien auslösen können, springen ab sofort ins Auge.

Von Anna Florenske | 15.12.2014
    Die neue Verordnung bringt Allergikern und Menschen, die bewusst bestimmte Zutaten meiden, Erleichterung - findet Uta Fischer. Wegen einer Laktose-Intoleranz muss sie auf Zutaten aus Milch verzichten. Begeistert liest die 52-Jährige die Zutatenliste einer Backmischung, die nach den neuen Regeln bedruckt ist:
    "Milchzucker, Weizenmehl, Weizenstärke ist direkt hervorgehoben. Das ist natürlich wesentlich besser, da gucke ich sofort auf das, was fett gedruckt ist."
    Danke der neuen Vorschriften springen die 14 wichtigsten Stoffe, die in Lebensmitteln Allergien auslösen können, bei den neuen Zutatenlisten sofort ins Auge: Das sind neben Milch und Milcherzeugnissen zum Beispiel glutenhaltiges Getreide, Eier, Nüsse, Fisch und Sulfide. Sie müssen jetzt fett gedruckt und in Großbuchstaben geschrieben oder unterstrichen sein. Auch die Schriftgröße auf den Verpackungen hat nun ein vorgeschriebenes Maß – Anhaltspunkt dabei ist das kleine x, das mindestens 1,2 Millimeter groß sein muss. Für ältere Menschen ist das aber nicht ausreichend, bemängelt Sophie Herr von der Verbraucherzentrale Bundesverband.
    "Davor hatten wir keine Mindestschriftgröße und es ist schön, dass wir jetzt eine Untergrenze eingezogen haben. Wir hätten uns aber gewünscht, dass diese Untergrenze für den Verbraucher freundlicher gestaltet worden wäre."
    Eine weitere Neuerung gibt es für Lebensmittel, die per Telefon oder im Internet bestellt werden. Peter Loosen, Geschäftsführer des Spitzenverbands der Lebensmittelwirtschaft BLL.
    "Der Gesetzgeber hat gesagt: Wer im Internet Lebensmittel kauft, soll vor Vertragsschluss dieselben Informationen bekommen, die er auf der Verpackung bekommt - das gab es bisher nicht. Wenn Sie bisher im Internet Lebensmittel gekauft haben, dann stand da das Produkt, aber das war so im Detail nicht geregelt."
    Nur das Mindesthaltbarkeitsdatum braucht beim Kauf im Internet nicht angegeben zu werden, weil es ja je nach Verpackung variiert.
    Lebensmittelimitate müssen gekennzeichnet werden
    Um Verbrauchertäuschungen zu vermeiden, gibt es eine neue Vorschrift zur Kennzeichnung von Lebensmittel-Imitaten: Wenn der Schinken also nicht gewachsen ist, sondern aus Stücken zusammengesetzt wurde oder die Pizza nicht mit Käse, sondern mit pflanzlichen Fetten belegt ist, dann müssen Hersteller das jetzt im gleichen Wortlaut auf die Verpackung schreiben. Verbraucherschützerin Sophie Herr ist mit dieser Regelung aber nicht zufrieden, weil sie nicht eindeutig ist.
    "Wenn wir jetzt die Pizza haben - auf der muss jetzt in der Nähe des Produktnamens in mindestens 75-prozentiger Größe dieses Produktnamens stehen, dass der Pizzabelag jetzt mit pflanzlichen Fetten hergestellt wurde. Das heißt aber noch lange nicht, dass für den Verbraucher auf den ersten Blick sichtbar ist, dass dort ein Imitat drin ist. Das Wort "Imitat" finden Sie nach wie vor nicht auf der Verpackung!"
    Auf den ersten Blick jetzt klarer: Bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie eingefrorenem Fleisch, Fleischzubereitungen und bei unverarbeitetem Fisch muss – neben dem Mindesthaltbarkeitsdatum – auch das Einfrierdatum auf der Verpackung stehen. Alle Zutaten, die mit Nanotechnologie hergestellt wurden, sind nun auch als solche zu benennen – mit einem "Nano" hinter der Bezeichnung in Klammern. Und eine Neuerung hat voraussichtlich weitreichende Konsequenzen, vermutet Peter Loosen vom BLL:
    "So ist zum Beispiel die Möglichkeit weggefallen, pflanzliche Öle einfach nur als pflanzliches Öl zu bezeichnen. Man muss immer sagen, welches pflanzliche Öl, nun zum Beispiel Palmöl oder Erdnussöl oder Sojaöl. Hintergrund war diese Diskussion um das Palmöl."
    Palmöl ist bei den Herstellern beliebt, weil es preiswert und leicht zu verarbeiten ist. Manche Verbraucher möchten jedoch auf Produkte mit Palmöl verzichten, weil es öfter um den Preis von Menschenrechtsverletzungen und auf Regenwaldflächen angebaut wird.
    Ehrenamtliche Kuchenbäcker ausgenommen
    Und auch das ist neu: Wer lose Lebensmittel einkauft - zum Beispiel in der Bäckerei, an der Käsetheke oder im Restaurant - muss dort zuverlässige Informationen zu allergenen Stoffen bekommen. Mündlich oder - auf Nachfrage - in schriftlicher Form. Ehrenamtliche Kuchenbäcker zum Beispiel auf dem Schulfest sind von der Kennzeichnungspflicht aber ausgenommen.
    Und: Nicht alle Verpackungen werden ab dem 13. Dezember 2014 so beschriftet – alle bereits hergestellten Lebensmittel dürfen die Hersteller noch in der alten Verpackung verkaufen. Außerdem treten in den nächsten beiden Jahren noch weitere Änderungen bei der Lebensmittelkennzeichnung in Kraft.