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EU schafft Roaming-Gebühren schrittweise ab

Die Mobilfunkkonzerne sind verärgert und sprechen von einem falschen Signal an die Wirtschaft. Denn die EU-Kommission will die Extra-Gebühren für Handy-Telefonate im Ausland schrittweise abschaffen. Kritiker zweifeln, dass Verbraucher überhaupt davon profitieren werden.

Von Patrick Wellinski | 10.09.2013
    Dieses Projekt sei eine Herzensangelegenheit der ganzen Kommission und soll im besten Falle, noch vor den Europawahlen 2014 von Rat und EU-Parlament verabschiedet werden. So kommentierte Kommissionssprecher Oliver Bailly in Straßburg die Pläne von Vizekommissionspräsidentin Nelly Kroess, die die Roamingkosten für Reisende in der EU abschaffen will. Ein Projekt, das die Kommissarin, bereits vor einem Jahr mit deutlichen Worten ankündigte:

    "Die Leute haben es satt sich ständig von hohen Telefonrechnungen erschrecken zu lassen. Endlich können wir das ein für alle Mal beenden. Und das gilt sowohl für die Telefonie, für SMS, und natürlich auch für mobile Daten."

    Bereits seit Jahren zieht die Kommission mit unterschiedlichen Beschlüssen das Korsett für die Mobilfunkbetreiber immer enger und hat so die Roaming-Kosten mehrfach gesenkt. Nun sollen die Netzbetreiber bis 2016 ganz auf die verhassten Gebühren verzichten und stattdessen den Kunden günstige Tarifpakte anbieten.

    Die Verordnung von Kommissarin Kroes ist zudem auch ein ernster Schritt in Richtung eines einheitlichen EU-Mobilfunkmarktes, in dem ein fairer Wettbewerb zwischen den knapp 100 Netzbetreibern in Europa möglich ist, wie Kommissionssprecher Bailly bekräftigte:

    "Ein wesentliches Ziel der Verordnung ist, nicht mehr mit 28 nationalen Mobilfunkmärkten zu arbeiten. Die Vorteile sollten zukünftig aus einem starken, einheitlichen Markt resultieren."

    So sehr die Pläne EU-Handy-Nutzer freuen dürfte, könnte es sein, dass es sich bei der Abschaffung der Roaminggebühren lediglich um eine Mogelpackung der Kommissarin handelt, meint Petra Kammerevert, medienpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:

    "Auf der einen Seite versucht sie uns diesen Entwurf schmackhaft zu machen, eben wegen der Abschaffung der Roaminggebühren. Auf der anderen Seite hat die Kommissarin immer wieder angekündigt, sie wolle jetzt endlich eine Regulierung für Netzneutralität vorschlagen. Dass was sich im Moment aus dem Vorschlag herauslesen ist, ist allerdings, dass er auf ein Zweiklasseninternet hinausläuft. Wo die einen sich sozusagen mit Graubrot zufriedengeben müssen. Während die anderen, die das nötige Kleingeld haben, ein Hochleistungsinternet bekommen."

    Die inkonsequente Haltung zur Netzneutralität sei ein Zugeständnis an die Mobilfunkbetreiber – und das mit fatalen Folgen, so die Abgeordnete:

    "Die Diskussion, wie wir sie ja in der Vergangenheit bereits in Deutschland bereits erlebt haben – Stichwort: Telekom – zeigt ja ungefähr, in welche Richtung der dann ja weiter Weg laufen könnte. Dass eben Kunden vorher entscheiden müssen, was sie gerne sehen und die Telekommunikationsanbieter dann die Möglichkeit haben zu sagen: Aber dann nur unsere Angebote laufen dann über unsere Flatrate; und alles, was über unsere Angebote hinausgeht, rechnen wir dann getrennt hab. Und all so was wäre möglich. Und das ist nicht das, was ich unter Netzneutralität verstehe."