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EU und Dobrindt vor Einigung
Überraschende Wende bei der Pkw-Maut

Bisher gingen die meisten wohl davon aus, dass die Pkw-Maut nicht kommen wird. Nun scheint doch eine Einigung in Sicht. Er sei zuversichtlich, sich noch in diesem Monat mit der EU-Kommission zu verständigen, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).

03.11.2016
    PKW fahren am 30.10.2014 auf der Autobahn 352 in der Region nördlich von Hannover (Niedersachsen) unter einer Mautbrücke durch.
    Offenbar ist eine Einigung mit der EU-Kommission über die deutsche Pkw-Maut in Sicht. (picture alliance / dpa / Holger Hollemann)
    Eigentlich sollte die deutsche Pkw-Maut bereits Anfang 2016 starten. Sie ist längst beschlossen, wurde jedoch wegen Bedenken der EU-Kommission bisher nicht umgesetzt. Nun gibt es eine überraschende Wende in der Angelegenheit: Die Brüsseler Behörde gibt offenbar ihren Widerstand gegen die Pkw-Maut auf.
    "Wir bewegen uns aufeinander zu, und ich bin sehr zuversichtlich, dass die Einigung mit der EU-Kommission im November steht", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt der Nachrichtenagentur Reuters. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe sich persönlich stark engagiert, um eine gemeinsame Lösung zu finden, sagte Dobrindt weiter. CSU-Vize Manfred Weber bestätigte die Einigung in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
    Kompromiss ist offenbar EU-rechtskonform
    Eine Kommissionsprecherin bestätigte in Brüssel, beide Seiten hätten in den Verhandlungen "sehr weitreichende Fortschritte" erzielt. Zuletzt habe es auch direkte Gespräche zwischen Juncker und Dobrindt gegeben. Der Kompromiss sei EU-rechtskonform und trage den Eckpunkten des Koalitionsvertrages Rechnung, wurde die Sprecherin von der "Bild"-Zeitung zitiert.
    Die Kommission hatte noch Ende September angekündigt, Deutschland wegen Benachteiligung von Ausländern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen. Als Haupt-Kritikpunkt galt, dass nur Inländer für Maut-Zahlungen bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollen. Die Kommission sah darin eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer. Deshalb war bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden.
    Günstige Kurzzeit-Tarife für Ausländer
    Nach Angaben aus Kreisen der EU-Kommission sehen die nun erzielten Absprachen vor, dass das deutsche Mautgesetz in mehreren Punkten geändert wird. Wie es hieß, sollen unter anderem günstige Kurzzeit-Tarife für Pendler und Touristen aus dem EU-Ausland eingeführt werden. Zudem solle auf die sogenannte 1:1-Kompensation bei der Kfz-Steuer verzichtet werden. Die neuen Pläne sehen demnach vor, die Steuerentlastung an den Schadstoffausstoß zu koppeln. Unklar ist noch, ob damit wirklich alle deutschen Autofahrer nicht stärker belastet werden, wie es Dobrindt versprochen hatte.
    Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, will die Kommission im Gegenzug für diese Zugeständnisse ihre Klage gegen die Maut vor dem EuGH zurückziehen.
    Maut soll jährliche Einnahmen von 500 Millionen Euro bringen
    Ab wann die Pkw-Maut nun eingeführt werden könnte, ist noch offen. Die Pkw-Maut war im Bundestagswahlkampf 2013 ein Kernprojekt der CSU, die versprach, kein deutscher Autofahrer werde dadurch stärker belastet. Die SPD hatte das Vorhaben kritisch gesehen.
    Früheren Schätzungen zufolge werden durch die Maut zusätzliche Einnahmen von 500 Millionen Euro jährlich erwartet. Das Geld soll für den Straßenbau verwendet werden. Die Abgabe soll grundsätzlich auf Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden. Für ausländische Fahrzeughalter wird sie aber auf Bundesstraßen ausgesetzt, um den kleinen Grenzverkehr nicht zu belasten. Deutsche Fahrzeughalter müssen automatisch eine Jahresvignette kaufen, die im Schnitt 74 Euro kosten wird. Ob sich an diesen Zahlen nach einer Einigung mit der EU-Kommission etwas ändert, war zunächst unklar.
    (kis/fwa)