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EU-Verfahren gegen Polen
Ministerpräsidentin verteidigt ihren Kurs

Nach der Ankündigung eines EU-Verfahrens zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit gegen Polen hat Ministerpräsidentin Beata Szydlo den Kurs ihrer nationalkonservativen Regierung verteidigt. Polen habe das Recht, souveräne Entscheidungen zu treffen. Es gebe in der EU wichtigere Dinge, um die man sich kümmern müsse.

13.01.2016
    Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo
    Die EU habe wichtigere Probleme als Polens Rechtsstaatlichkeit, so Ministerpräsidentin Beata Szydlo. (dpa / picture alliance / Radek Pietruszka)
    Die polnische Regierung sei offen für den Dialog und lade Vertreter der EU-Kommission nach Polen ein, so Szydlo. Es könne nicht die Rede davon sein, dass Polen unter EU-Aufsicht gestellt werde, sondern es handle sich vielmehr um einen Austausch von Informationen. In Anspielung auf die Ereignisse aus der Silvesternacht in Köln sagte Szydlo, die Ereignisse in Deutschland hätten gezeigt, dass die EU sich verstärkt um die Sicherheit ihrer Bürger kümmern müsse: "Das sind die wirklichen Herausforderungen für die europäischen Politiker."
    Der Grund für das EU-Verfahren sei das umstrittene Gesetz, mit dem das Verfassungsgericht des Landes geschwächt werde, teilte die Kommission in Brüssel mit. Man werde eine vorläufige Untersuchung über rechtsstaatliche Prinzipien beginnen, sagte EU-Kommissar Frans Timmermans. Zunächst strebe man jedoch einen Dialog mit Polen an. Es gehe nicht darum, Polen anzuklagen, sondern darum, die Probleme gemeinsam zu lösen.
    Anzeichen für eine "systembedingte Gefahr"?
    Sie nutzt dazu erstmals ein 2014 geschaffenes Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union. In der ersten Phase des jetzt eingeleiteten Verfahrens will die EU-Kommission genau analysieren, ob es eindeutige Anzeichen für eine "systembedingte Gefahr" für die Rechtsstaatlichkeit in Polen gibt. Nur wenn dies der Fall ist, könnte die Regierung in weiteren Schritten offiziell aufgefordert werden, Änderungen herbeizuführen.
    Sollte es zu einem förmlichen Rechtsstaatsverfahren kommen, könnte Polen am Ende Stimmrechte in der EU verlieren. Es sei eine ernste Angelegenheit, dass nach den vorliegenden Informationen verfassungsrechtliche Regeln nicht befolgt worden seien, sagte Timmermans.
    Umstrittene Reform des Verfassungsgerichts
    Polens rechtskonservative Regierungspartei PiS hatte mit ihrer Parlamentsmehrheit beschlossen, dass das Verfassungsgericht seine Urteile künftig nur noch mit Zweidrittelmehrheit fällen darf. Das bedeutet, dass das Gericht in vielen Fällen praktisch zu keiner Entscheidung kommt und damit als Kontrollinstanz der Regierung weitgehend ausfällt. Außerdem wurde die Zahl der Richter erhöht, die an einer Entscheidung mitwirken müssen.
    Das neue Mediengesetz erlaubt es der Regierung, über Führungsposten in den öffentlich-rechtlichen Medien zu entscheiden. Kritiker sehen dies als Gefahr für die Pressefreiheit.
    (fwa/vic)