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EU vertagt Reformen auf Sommer 2013

Es sollte ein Gipfel der großen Reformen werden. Doch die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsländer verständigten sich in Brüssel trotz nächtlicher Beratungen nur auf einen vagen Zeitplan für die Euro-Zone.

Von Jörg Münchenberg |
    Die Staats- und Regierungschefs setzten weiter auf kleine Reformschritte und nicht auf den großen Wurf. Mitte 2013 soll EU-Ratspräsident Herman van Rompuy neue Vorschläge zur Weiterentwicklung der Eurozone vorlegen. Im Kern soll es darum gehen, wie die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und die wirtschaftlichen Ungleichgewichte weiter abgebaut werden können. Für diesen Ansatz hatte sich nicht zuletzt Deutschland stark gemacht:

    "Der Fahrplan ist klar. Juni 2013 muss das ganze Form angenommen haben. Da werden wir sicherlich im März-Rat auch über die Parameter sprechen. Und das Ganze muss natürlich jetzt in den nächsten Monaten – nach dem die vier Präsidenten sehr intensiv gearbeitet haben – auch sehr eng mit den Mitgliedsstaaten konsultiert werden."

    Erklärte Angela Merkel die weitere Vorgehensweise. Dabei wird es auch darum gehen, dass die Mitgliedsstaaten Verträge mit der EU-Kommission abschließen können und sich darin zu bestimmten Reformen verpflichten. Flankierend dazu könnte auch ein sogenannter Solidaritätsfonds eingerichtet werden, um den Reformprozess auch finanziell zu unterstützen.

    "Ein Land wie Spanien jetzt zum Beispiel könnte ich mir vorstellen, bei dem man sagt: Ihr müsst jetzt aber auch gleichzeitig ein Berufsausbildungssystem aufbauen. Oder ihr müsst mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben. Dass man dann für einige Zeit sagt: Damit ihr das könnt, damit ihr vorankommt und trotzdem eure Haushaltskonsolidierung nicht unterbrochen wird, könnte es zeitlich befristet und für ein ganz bestimmtes Projekt dann aus diesem Topf Geld geben."

    Doch dabei soll es jedoch um überschaubare Summen gehen. Merkel nannte dazu einen kleinen zweistelligen Betrag, finanziert etwa aus den Einnahmen der Finanztransaktionssteuer. Das von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy vorab ins Spiel gebrachte Eurozonen-Budget taucht in der Abschlusserklärung nicht mehr auf. Ohnehin hatte Berlin diesen Vorstoß als zu weitgehend zurückgewiesen. Kurzfristig verständigten sich die Staats- und Regierungschefs auf die baldige Umsetzung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus für Banken. Als Ergänzung zur geplanten Einführung einer Bankenaufsicht ab 2014, auf die sich kurz vor dem Gipfel die 27 Finanzminister geeinigt hatten.

    Nicht nur dafür gab es viel Lob, sondern auch für die anstehende Auszahlung der nächsten Hilfstranche an Griechenland in Höhe von 34 Milliarden Euro. Der französische Staatspräsident Francois Hollande:

    "Dieser Gipfel scheint mir ein guter Abschluss für das Jahr 2012 zu sein. Wir haben einerseits Probleme aus der Vergangenheit geregelt und gleichzeitig Perspektiven für eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion eröffnet."

    Uneinig waren sich jedoch die Gipfelteilnehmer bei der Bewertung der Schuldenkrise. EU-Ratspräsident van Rompuy meinte, die EU habe inzwischen das Schlimmste hinter sich. Die Kanzlerin dagegen warnte vor allzu großer Selbstzufriedenheit. Europa, so Merkel, stehe weiter vor einem schmerzhaften Reformprozess.