Zwar ist das Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine bereits seit Anfang des Jahres vollständig in Kraft. Ratifiziert wurde das Papier aber unter anderem von den Niederlanden noch nicht. Hier macht die populistische Initiative "Geenpeil" seit Monaten Stimmung gegen das Abkommen. Im Grunde geht es ihr aber in erster Linie darum, der EU eine Niederlage beizubringen.
Der Initiator und ideologische Vordenker der Anti-EU-Initiative, Thierry Baudet, sieht in dem Abkommen einen Plan des ehemaligen schwedischen Premiers Carl Bildt und des polnischen Außenministers Radosław Sikorski, den er verhindern will:
"Und beide haben eine ganz deutliche antirussische Agenda: Russland so weit wie möglich nach Osten zu drücken und die Länder, die dazwischen liegen, in die EU und in die NATO zu ziehen."
"Das ist das Trittbrett zur EU"
Wohl auch wegen solcher Aussagen sind die Befürworter der Kampagne gern gesehene Gäste beim russischen Staatssender Russia Today. Im EU-kritischen Lager versammeln sich Parteien unterschiedlichster politischer Couleur. Von der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit von Geert Wilders bis zu den ebenfalls oppositionellen Sozialisten, deren Fraktion im Parlament Emile Roemer vorsteht:
"Wenn man den ganzen Vertrag liest, wird es deutlich, dass es in diese Richtung geht. Hohe EU-Funktionäre sagen es auch, Poroschenko sagt: 'In fünf Jahren sitze ich im Europäischen Parlament'. Und bei allen anderen Assoziationsverträgen dieses Kalibers: Die Länder sind jetzt alle EU-Mitglieder. Also, lasst uns nicht die Leute verscheißern: das ist das Trittbrett zur EU."
Ein "Nein" gegen eine übermächtige EU schweißt "Geenpeil" zusammen. Das "Ja" für die EU von der anderen Seite war lange Zeit deutlich leiser. Die Regierungskoalition aus Rechtsliberalen und Sozialdemokraten hat sich bisher kaum geäußert. Premier Mark Rutte:
"Dass mehr Geld in die Ukraine fließen soll, ist nicht wahr, dass es um einen kollektiven Beistandspakt geht, ist nicht wahr, dass es freien Personenverkehr, so wie innerhalb der EU, geben wird, ist absolut nicht wahr und das will auch überhaupt keiner."
Regierung nicht an den Ausgang der Abstimmung gebunden
In den Umfragen führen zwar die Nein-Sager, die das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ablehnen. Trotzdem ist der Ausgang weiterhin ungewiss. Auch weil für ein erfolgreiches Referendum mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten überhaupt abstimmen müssen. Zwar ist die Regierung nicht an den Ausgang der Abstimmung gebunden. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte aber bereits, dass ein "Nein" die Tür zu einer großen kontinentalen Krise öffnen könne.
Der ehemalige niederländische EU-Kommissar und Parteifreund des Premiers, Frits Bolkestein, hält – wie viele andere im Land auch - prinzipiell gar nichts von solch einem Referendum:
"Wir haben eine repräsentative Demokratie. Das bedeutet, dass wir die Mitglieder des Parlaments wählen, und diese urteilt in unserem Auftrag. Ein Referendum hat bei uns keine Funktion. Es gibt es aber. Leider."
Niederländer lehnten schon EU-Verfassung ab
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Niederländer "Nein" sagen in einer die EU betreffenden Abstimmung: Vor elf Jahren lehnten sie bereits die EU-Verfassung ab, weshalb es dann statt zur EU-Verfassung zum Vertrag von Lissabon kam.
Nicht nur in Brüssel schaut man heute gespannt darauf, wie sich die Niederländer entscheiden werden: Nigel Farage, Chef der EU-skeptischen britischen Partei UKIP, hat das "Nein"-Lager offen unterstützt. Von einer Ablehnung des Assoziierungsabkommens in den Niederlanden erhofft er sich neuen Schwung für ein "Nein" beim Referendum zum Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU.
Für die niederländische Regierung wäre ein "Nein" jedenfalls doppelt schmerzhaft, denn es wäre nicht nur eine Niederlage der EU-Befürworter, sondern auch der Regierung, die gerade die Ratspräsidentschaft innehat.