Es ist ausgerechnet ein amerikanischer Staatsmann - wenn auch mit europäischen Wurzeln - dem die vehemente Forderung nach einer abgestimmten europäischen Außenpolitik zugeschrieben wird: Als Henri Kissinger noch Außenminister der USA war, soll er daran verzweifelt sein, dass es in der Europäischen Gemeinschaft so viele wichtige Telefonnummern gab und ein Anruf auf gar keinen Fall genügte: Kommissionspräsident, Außenkommissar, Ratsvorsitzender, gleich mehrere Staats- oder Regierungschefs und womöglich noch die Außenminister, zumindest der wichtigsten Hauptstädte - alle wollten informiert werden, wenn Kissinger etwas vorhatte.
Natürlich ist das lange her, seit den 70er Jahren hat sich einiges getan - aus der Europäischen Gemeinschaft ist die Europäische Union geworden und sie wird immer größer. Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist längst kein Tabu mehr. Erst entsetzliche Niederlagen führten dorthin und über zu viele Telefonnummern könnte Kissinger noch immer klagen: Bis jetzt gibt es keinen europäischen Aussenminister, erst durch die EU-Verfassung soll sich das ändern.
Javier Solana wartet schon: Der Spanier ist derzeit "Hoher Repräsentant der Europäischen Union für die Außen- und Sicherheitspolitik". Trotz dieses sperrigen Titels ist es ihm in den letzten fünf Jahren gelungen, der EU "Gesicht und Stimme" zu geben. Das liegt allerdings weniger an seinen vertragsmäßig garantierten Vollmachten, sondern an Fleiß und Ehrgeiz des umtriebigen Diplomaten.
Dass die Republiken Serbien und Montenegro noch immer von einem Staatenbund zusammengehalten werden, ist Solana zu verdanken. Dass Mazedonien nicht in den Krieg abglitt, ist auch sein Verdienst. Dass die Menschen in Bosnien mit der EU inzwischen wieder Positives verbinden, ist das Ergebnis konsequenter und gemeinsamer Außenpolitik: Paddy Ashdown, der "Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft" in Sarajevo, hat sich in den letzten Jahren auf die Rückendeckung aus Brüssel verlassen können, auch wenn er schmerzhafte Entscheidungen traf:
"Die Politik des Drucks war erfolgreich. Im letzten Jahr habe ich auf einen Schlag 59 Beamte und Politiker entlassen. Gerade die Vertreter der Republika Srbska haben gemerkt, dass wir nicht aufgeben, bevor alles erreicht ist."
Neun Jahre lang hatte sich keiner der gesuchten Kriegsverbrecher aus dem serbischen Teil Bosniens dem Haager Tribunal gestellt, doch in den letzten sechs Monaten machten sich zehn Verdächtige auf die schwierige Reise. Diese so genannte Zusammenarbeit mit dem UN-Tribunal ist nur eine der EU-Forderungen: Serben, Muslime und Kroaten haben sich außerdem auf die Grundzüge der Polizeireform verständigt. Selbst die bosnische Armee wächst zusammen. Ashdown spricht von Fortschritten, die fast wie Wunder wirkten. Vor allem wenn man bedenkt, welch klägliche Rolle die Europäer in Bosnien Anfang der 90er Jahre spielten, als dort der Krieg losbrach: Die Minister in Bonn, Paris oder London folgten unterschiedlichen Linien und nationalen Traditionen. Die Amerikaner wussten was sie wollten und sie setzen auch Waffengewalt ein. Erst die Kombination aus entschlossenem Verhandeln, Drohungen und Luftangriffen führte zum Waffenstillstand. Fast zehn Jahre lang sicherten NATO-Soldaten den Frieden. Im letzten Dezember hat die EU in Bosnien das Kommando übernommen. Bundeswehr-Oberst Paul Bacher sagt, dass sich auch das Einsatzziel geändert habe:
"Der Auftrag von Eufor ist von der Stabilisierung zur Integration zu kommen. Das heißt also, durch entsprechende Maßnahmen dafür zu sorgen, dass hier in diesem Land die Entwicklung hin zu Europa überhaupt stattfinden kann. Und die EU hat signalisiert: Arbeitet mit uns zusammen und ihr kriegt 'ne Chance nach Europa zu kommen."
Diese "Beitrittsperspektive" ist das wirksamste politische Instrument der Europäischen Union in den Balkanstaaten. Ohne die Annäherung an die EU und die Aussicht auf die spätere Mitgliedschaft kann keine Regierung westliche Unternehmen dazu bringen, in großem Umfang zu investieren. Die Volkswirtschaften in Südosteuropa liegen jedoch am Boden.
Trotz anhaltender Schwierigkeiten haben Länder wie Rumänien oder Bulgarien schone enorme Reformen hinter sich gebracht. Auch in Bosnien, Serbien-Montenegro oder Mazedonien ist die EU geradezu eine Supermacht, weil sie mit der Aussicht auf den Beitritt sehr viel anbieten oder verweigern kann. Die außenpolitische Verantwortung der Europäischen Union ist damit enorm gewachsen. Nun müssen Abläufe und Entscheidungsstrukturen dieser Entwicklung folgen. Wenn die Verfassung in Kraft tritt, werden die EU-Auslandsvertretungen dem europäischen Außenminister unterstehen. Die Ratspräsidentschaften sollen länger dauern, das dürfte für Kontinuität sorgen, doch andererseits behalten alle Mitgliedsstaaten ihr Vetorecht in außenpolitischen Fragen.
Wenn die EU-Verfassung in Kraft tritt, wird das also nicht das Ende nationaler Außenpolitik bedeuten, die europäische Außenpolitik soll dennoch Gestalt annehmen.
Natürlich ist das lange her, seit den 70er Jahren hat sich einiges getan - aus der Europäischen Gemeinschaft ist die Europäische Union geworden und sie wird immer größer. Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist längst kein Tabu mehr. Erst entsetzliche Niederlagen führten dorthin und über zu viele Telefonnummern könnte Kissinger noch immer klagen: Bis jetzt gibt es keinen europäischen Aussenminister, erst durch die EU-Verfassung soll sich das ändern.
Javier Solana wartet schon: Der Spanier ist derzeit "Hoher Repräsentant der Europäischen Union für die Außen- und Sicherheitspolitik". Trotz dieses sperrigen Titels ist es ihm in den letzten fünf Jahren gelungen, der EU "Gesicht und Stimme" zu geben. Das liegt allerdings weniger an seinen vertragsmäßig garantierten Vollmachten, sondern an Fleiß und Ehrgeiz des umtriebigen Diplomaten.
Dass die Republiken Serbien und Montenegro noch immer von einem Staatenbund zusammengehalten werden, ist Solana zu verdanken. Dass Mazedonien nicht in den Krieg abglitt, ist auch sein Verdienst. Dass die Menschen in Bosnien mit der EU inzwischen wieder Positives verbinden, ist das Ergebnis konsequenter und gemeinsamer Außenpolitik: Paddy Ashdown, der "Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft" in Sarajevo, hat sich in den letzten Jahren auf die Rückendeckung aus Brüssel verlassen können, auch wenn er schmerzhafte Entscheidungen traf:
"Die Politik des Drucks war erfolgreich. Im letzten Jahr habe ich auf einen Schlag 59 Beamte und Politiker entlassen. Gerade die Vertreter der Republika Srbska haben gemerkt, dass wir nicht aufgeben, bevor alles erreicht ist."
Neun Jahre lang hatte sich keiner der gesuchten Kriegsverbrecher aus dem serbischen Teil Bosniens dem Haager Tribunal gestellt, doch in den letzten sechs Monaten machten sich zehn Verdächtige auf die schwierige Reise. Diese so genannte Zusammenarbeit mit dem UN-Tribunal ist nur eine der EU-Forderungen: Serben, Muslime und Kroaten haben sich außerdem auf die Grundzüge der Polizeireform verständigt. Selbst die bosnische Armee wächst zusammen. Ashdown spricht von Fortschritten, die fast wie Wunder wirkten. Vor allem wenn man bedenkt, welch klägliche Rolle die Europäer in Bosnien Anfang der 90er Jahre spielten, als dort der Krieg losbrach: Die Minister in Bonn, Paris oder London folgten unterschiedlichen Linien und nationalen Traditionen. Die Amerikaner wussten was sie wollten und sie setzen auch Waffengewalt ein. Erst die Kombination aus entschlossenem Verhandeln, Drohungen und Luftangriffen führte zum Waffenstillstand. Fast zehn Jahre lang sicherten NATO-Soldaten den Frieden. Im letzten Dezember hat die EU in Bosnien das Kommando übernommen. Bundeswehr-Oberst Paul Bacher sagt, dass sich auch das Einsatzziel geändert habe:
"Der Auftrag von Eufor ist von der Stabilisierung zur Integration zu kommen. Das heißt also, durch entsprechende Maßnahmen dafür zu sorgen, dass hier in diesem Land die Entwicklung hin zu Europa überhaupt stattfinden kann. Und die EU hat signalisiert: Arbeitet mit uns zusammen und ihr kriegt 'ne Chance nach Europa zu kommen."
Diese "Beitrittsperspektive" ist das wirksamste politische Instrument der Europäischen Union in den Balkanstaaten. Ohne die Annäherung an die EU und die Aussicht auf die spätere Mitgliedschaft kann keine Regierung westliche Unternehmen dazu bringen, in großem Umfang zu investieren. Die Volkswirtschaften in Südosteuropa liegen jedoch am Boden.
Trotz anhaltender Schwierigkeiten haben Länder wie Rumänien oder Bulgarien schone enorme Reformen hinter sich gebracht. Auch in Bosnien, Serbien-Montenegro oder Mazedonien ist die EU geradezu eine Supermacht, weil sie mit der Aussicht auf den Beitritt sehr viel anbieten oder verweigern kann. Die außenpolitische Verantwortung der Europäischen Union ist damit enorm gewachsen. Nun müssen Abläufe und Entscheidungsstrukturen dieser Entwicklung folgen. Wenn die Verfassung in Kraft tritt, werden die EU-Auslandsvertretungen dem europäischen Außenminister unterstehen. Die Ratspräsidentschaften sollen länger dauern, das dürfte für Kontinuität sorgen, doch andererseits behalten alle Mitgliedsstaaten ihr Vetorecht in außenpolitischen Fragen.
Wenn die EU-Verfassung in Kraft tritt, wird das also nicht das Ende nationaler Außenpolitik bedeuten, die europäische Außenpolitik soll dennoch Gestalt annehmen.