Wir müssen viel mehr auf die Gewässerökologie achten, also mehr auf Tiere und Pflanzen, die in den Gewässern leben, das war in der Vergangenheit nicht das herausstehende Kriterium, sondern das ist ein Kriterium, das jetzt ausschlaggebend sein wird und da müssen halt noch Bestandserfassungen gemacht werden, z.B. für die Fischfauna.
Für die Klassifizierung der Oberflächengewässer gibt es eine 5-stufige Skala. Sie reicht von "sehr gut" für Gewässer, die vom Menschen weitgehend unbeeinflußt sind, bis zu "schlecht". Für alle Gewässer angestrebt ist ein guter Zustand. Der wird nicht allein über die chemische Beschaffenheit des Wassers definiert, sondern der Zustand der gesamten Lebensgemeinschaft im und am betroffenen Gewässer wird bei der Beurteilung berücksichtigt.. Diese ganzheitliche Betrachtungsweise gilt auch für einen weiteren Aspekt, nämlich die Einteilung der Gewässer in so genannte Flussgebietseinheiten, in denen jeweils ein großer Fluß und seine Zuflüsse zusammengefaßt sind. Gunnar Örtel, Leiter des WWF-Projekts Borkfleder Wümme-Wiesen in Bremen macht an einem Beispiel die Notwendigkeit einer solchen Einteilung deutlich:
Und zwar wir gucken von der Quelle bis zur Mündung, wir gucken nicht nur drei Kilometer Fluss, weil das nun gerade in Bremen ist, sondern wir gucken das Ganze an und das hängt alles zusammen. Dieser Zusammenhang ist deutlich geworden durch die Sommerhochwässer an der Elbe und an der Donau u.a., da hat man gemerkt, man wohnt zwar in Magdeburg, aber man muss sich eigentlich für interessieren, was in Dresden ist, und Dresden muss auch mal gucken was in der Tschechei im Fluss und im Einzugsgebiet passiert und so ist das mit der Wümme hier vor Ort genauso, wir fragen jetzt auch genauer nach, nach den Sommerhochwässern, wo kommt das Wasser eigentlich her.
In Deutschland gibt es zehn Flussgebietseinheiten, neun davon gehen über die Staatsgrenzen hinaus, lediglich das Flußgebiet der Weser liegt vollständig in Deutschland. Eine umfassende Zusammenarbeit der Länder und Bundesländer ist also gefordert. Dazu wurden neue Strukturen geschaffen, wobei man zum Teil auf alte Arbeitsgemeinschaften, etwa zur Reinhaltung des Rheins, der Elbe und der Weser aufbauen konnte. Für die neuen Arbeitsgemeinschaften heißt es nun zunächst Daten erheben und sammeln. Jörg Janning vom Niedersächsischen Umweltministerium erklärt den weiteren Ablauf:
Wir sind gehalten, bis zum Jahr 2004 einen ersten Bericht über den Zustand unserer Gewässer in ganz Europa, also auch in Deutschland, der EU-Kommission vorzulegen, das ist die Grundlage. In diesem Bericht werden wir auch festhalten, wie wir die anthropogenen Belastungen unserer Gewässer beurteilen und auf der Grundlage diese Urteils wird dann in einem Folgeprozess bis zum Jahre 2009 im sogenannten Bewirtschaftungsplan diejenigen Maßnahmen niedergelegt, von denen wir annehmen, dass sie, wenn sie umgesetzt werden, den Zustand, so er denn ein schlechter ist, verbessern.
Insbesondere die intensive Landwirtschaft belastet mit Pestiziden und Düngemitteln den Boden und oftmals auch die Gewässer. Für diese Belastungen könnten die Landwirte in Zukunft zur Kasse gebeten werden. Denn in der Wasserrahmenrichtlinie ist das Verursacherprinzip festgeschrieben. Inwieweit das die Agrarpolitik verändern wird, ist noch nicht abzusehen. Heide Jekel vom Bundesumweltministerium ist jedenfalls skeptisch:
Wenn das ne Trendwende gebe, wäre das gut für den Naturschutz und für den Gewässerschutz natürlich auch, bloß ich glaube nicht, das die EU-Wasserrahmenrichtlinie jetzt einer der ausschlaggebenden Faktoren für ein Umdenken sein wird. Das ist sicherlich ein Element, das in diesem ganzen Gedankenspiel ne Rolle spielt, aber ne ausschlaggebende Rolle wird es wahrscheinlich erst mal nicht spielen.
Bis zur vollständigen Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist es noch ein weiter Weg. Doch die Weichen sind gestellt dafür, dass auch zukünftige Generationen möglichst unbelastete Gewässer und funktionierende Ökosysteme genießen können. Es geht um Nachhaltigkeit, faßt Jörg Janning vom Niedersächsischen Umweltministerium zusammen:
Die Wasserrahmenrichtlinie ist eine Nachhaltigkeitsrichtlinie, sie stützt sich ab in allen ihren Umweltzielen auf die Belange der Ökologie, der Ökonomie und der Sozialverträglichkeit. Das ist das Prinzip der Nachhaltigkeit, und wenn diese drei Beine eines Hockers gleich lang sind, dann steht er auch stabil und das wollen wir erreichen.