Montag, 20. Mai 2024

Brüssel
EU will eingefrorenes Russland-Geld für Aufrüstung der Ukraine nutzen

Seit längerem wird in der EU darüber gesprochen, milliardenschwere Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine zu nutzen. Vertreter der Mitgliedstaaten haben sich nach Angaben der belgischen Ratspräsidentschaft nun abschließend auf einen Plan dafür verständigt. Vorausgegangen waren schwierige Verhandlungen.

08.05.2024
    Das Gebäude der Russischen Zentralbank in Moskau. Auf dem Dach weht eine russische Fahne.
    Die russische Zentralbank in Moskau (picture alliance / dpa / Foto: Smertin Pavel)
    Laut der EU-Kommission sind Gelder der russischen Zentralbank in Höhe von rund 210 Milliarden Euro in der EU eingefroren. Im vergangenen Jahr wurden daraus rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen.

    Indirekte Verwendung russischer Gelder

    Den Vorschlag zur indirekten Verwendung russischer Gelder für die Ukraine hatten EU-Kommissionschefin von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Borrell den Regierungen der EU-Staaten im März übermittelt. Er sieht vor, dass 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung geleitet werden sollen. Die restlichen 10 Prozent sollen für direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.

    Kein Enteignungsbeschluss geplant

    Bislang nicht geplant ist, das Geld der russischen Zentralbank durch einen Enteignungsbeschluss direkt zu nutzen. Als Gründe dafür gelten rechtliche Bedenken und mögliche Vergeltungsmaßnahmen Moskaus. Russland hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.

    Schwierige Verhandlungen

    Schwierig waren die Verhandlungen unter anderem, weil neutrale Staaten wie Österreich sich nicht direkt an der Lieferung von Waffen und Munition beteiligen wollen - für sie wurde nun vereinbart, dass die Zinserträge zum Teil auch für andere Finanzhilfen verwendet werden. Zudem gab es Diskussionen darüber, wie viel Geld Euroclear für seinen Aufwand einbehalten darf. Der Betrag reduzierte sich im Lauf der Verhandlungen von 3 Prozent auf 0,3 Prozent. Es ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt.

    Selenskyj: EU muss Risiken in Kauf nehmen

    Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte die EU zuletzt mehrfach aufgefordert, die Risiken in Kauf zu nehmen. Es sei angemessen, sowohl die Gewinne als auch die Vermögenswerte selbst zu nutzen, um den russischen Terror zu stoppen, sagte er zuletzt in einer Videoansprache beim EU-Gipfel im März. Russland müsse sich der tatsächlichen Kosten des Krieges und der Notwendigkeit eines gerechten Friedens bewusst sein.
    Diese Nachricht wurde am 08.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.