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EuGH-Urteil zu Matratzen
Probeschlafen und zurückschicken erlaubt

Online gekaufte Matratzen dürfen zurückgeschickt werden. Das hat heute der EuGH entschieden. Wie bei Kleidung hätten Verbraucher auch bei Matratzen das Recht, sie auszuprobieren und zurückzugegeben. Für viele Online-Händler ist das Urteil kein Problem. Schon bisher räumen viele Anbieter ein Probeschlafen ein.

Von Tonia Koch | 27.03.2019
Eine Kundin testet in einem Bettenhaus in Berlin die Liegeeigenschaften einer Matratze mit Viscoschaum.
Auch online gekaufte Matratzen darf man ausprobieren und zurückschicken (picture alliance / Andrea Warnecke)
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat heute die Rechte der Verbraucher im Online-Handel gestärkt. Eine Matratze, so der Gerichtshof, sei kein Hygieneartikel, der besonderen Schutzbestimmungen unterliege. Online erworben, dürfe eine Matratze daher zurückgegeben werden und zwar auch dann, wenn die Schutzhülle entfernt wurde, um sie auszuprobieren.
Innerhalb von 14 Tagen dürfe der Käufer nicht in der Ausübung seines Widerspruchsrechts behindert werden. Denn er habe online eben keine Möglichkeit, die Ware vor Vertragsabschluss zu sehen. Allerdings müssten Verbraucher Vorsicht walten lassen, erläutert Michael Sittig, Rechtsexperte bei der Stiftung Warentest.
Verbraucher dürfen das Nutzungsrecht nicht über Gebühr strapazieren
"Die Matratze kann immer noch zurückgeschickt werden, auch wenn ich sie mehr als nur prüfe, wenn ich sie über Gebühr prüfe sozusagen, kann ich sie trotzdem zurückschicken, mein Widerrufsrecht ist nicht ausgeschlossen. Aber der Händler kann dann irgendwann sagen, hey, Du solltest sie nur prüfen und nicht schon zwei Wochen lang rund um die Uhr benutzen und dann kann er Nutzungsersatz für dieses übermäßige Gebrauchen verlangen."
Auch der Europäische Gerichtshof betont in seinem heutigen Urteil, dass der Verbraucher für den Wertverlust einer Ware haften muss, wenn er diese in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit über Gebühr beansprucht. Dem Matratzen-Online-Handel aber scheint das Verbraucherverhalten überwiegend keine Probleme zu bereiten. Wochenlange Testphasen seien auf dem Matratzen-Markt inzwischen gängige Werbestrategie.
Michael Sittig: "Es gibt sehr viel Online-Händler, die bisher schon nicht nur die zwei Wochen Widerrufsfrist eingeräumt haben, sondern die auch und 100 Tage Probeschlafen oder dergleichen gewährt haben und man innerhalb dieser 100 Tage, wenn man nicht zufrieden war, die Matratze zurücksenden konnten. Und sogar die Kosten für die Rücksendung nicht übernehmen musste. Also das machen viele Online-Matratzen-Anbieter weil viele Verbraucher die Matratze sonst nicht online bestellen würden."
Händler können zurückgegebene Ware reinigen und wieder in den Handel bringen
Der Europäische Gerichtshof geht davon aus, dass es für gebrauchte Matratzen einen Markt gibt. Jeder, der in einem Hotel nächtige, schlafe eben auf einer gebrauchten Matratze, argumentiert der Gerichtshof. Und das bedeute, es sei für den Händler zumutbar, die zurückerhaltende Ware zu reinigen und sie erneut unter geänderten Vorzeichen in den Handel zu bringen.
Matratzen seien eben nicht anders zu behandeln als Kleidungsstücke. Auch diese dürften selbstverständlich anprobiert werden und ohne Angaben von Gründen zurückgesendet werden. Diese Möglichkeit habe die Europäische Union ausdrücklich eingeräumt, betont der EuGH. Und zwar ungeachtet dessen, dass die Kleidungsstücke mit dem Körper in Berührung kommen. Insofern bedeute das Urteil des EuGH für den gesamten Online-Handel eine richtungsweisende Entscheidung.
Michael Sittig: "Es gibt Juristen und Händler, die der Ansicht sind, dass zum Beispiel online bestellte Badebekleidung, Unterwäsche, Kopfhörer, die so in den Ohren liegen, nach Bruch des Siegels, - ich kaufe das also und da ist da so eine Schutzfolie drum, die mache ich auf, ich probiere die Sache aus, - dass in diesem Moment der Widerruf dieser Produkte bereits ausgeschlossen sein sollte, insofern ist es unabhängig von der Matratze für den gesamten Online-Handel eine wichtige Entscheidung."
Allerdings hat auch ein Online-Händler die Möglichkeit, steuernd einzugreifen und die Flut von Rücksendungen einzudämmen. Denn er kann dem Kunden im Falle eines Widerrufs die Rücksendekosten auferlegen. Bei kleineren Artikeln sind solche Versandkosten sicherlich zu vernachlässigen aber bei Matratzen, für deren Rücksendung ein Speditionsunternehmen beauftragt werden muss, seien unter Umständen Kosten in Höhe von 100 Euro einzukalkulieren, gibt die Stiftung Warentest zu bedenken.