Freitag, 03. Mai 2024

Archiv

Eurofinanzminister
Krisenländer und Wachstumsflaute in Europa

In Luxemburg treffen sich die Eurofinanzminister, um wieder über die Haushaltslage der Krisenländer Griechenland und Zypern zu sprechen. Die Themen abseits der offiziellen Agenda bergen politischen Sprengstoff: die angespannte Finanzlage Frankreichs und die Bekämpfung der Wachstumsflaute in Europa.

Von Jörg Münchenberg | 13.10.2014
    Flaggen der Europäischen Union vor dem Gebäude der Europäischen Kommission in Brüssel, Belgien (14.5.2012)
    Die offizielle Agenda des Eurofinanzministertreffens ist wenig spektakulär. (picture alliance / dpa / CTK Photo / Vit Simanek)
    Zumindest die offizielle Agenda für das heutige Treffen der Eurofinanzminister ist wenig spektakulär. So werden sich die 18 Ressortkollegen wieder einmal mit den Programmländern befassen; mit der Haushaltslage in Griechenland und Zypern also, Beschlüsse sind jedoch nicht zu erwarten, hieß es im Vorfeld.
    Finanzlage in Frankreich
    Die angespannte Finanzlage in Frankreich steht nicht auf der Agenda. Doch natürlich dürfte darüber geredet werden - denn die Frage, wie schnell Paris sein Haushaltsdefizit senken muss, birgt enormen politischen Sprengstoff. Dabei hat Finanzminister Wolfgang Schäuble in den letzten Wochen wiederholt versucht, die politische Brisanz herunterzuspielen, so auch auf dem letzten Treffen der Eurofinanzminister in Mailand Mitte September:
    "Nun warten wir ab, was er vorlegt. Hoffen wir, dass er einen Haushaltsentwurf vorlegt, zu dem Frankreich wie alle anderen verpflichtet ist. Dann werden die Zahlen an die EU-Kommission gesandt, die wird das prüfen."
    Doch Tatsache ist: Paris wird es nicht gelingen, schon im kommenden Jahr wieder die erlaubte Neuverschuldungsgrenze von Drei-Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt einzuhalten, wie ursprünglich in Aussicht gestellt. Stattdessen soll die Zielmarke erst 2017 wieder erreicht werden, kündigte Finanzminister Michel Sapin schon an.
    Euroländer und ihre Haushaltsentwürfe
    Übermorgen müssen aber zunächst alle Euroländer ihre Haushaltsentwürfe in Brüssel zur Überprüfung vorlegen. Die Kommission kann diese nach den neuen Two-Pack-Regelungen zurückweisen und eine Überarbeitung verlangen. Sollte der französische Entwurf durchfallen, wäre dies ein Präzedenzfall. Und eben politisch extrem heikel. Zumal offen ist, ob die Überprüfung und die mögliche politische Rüge noch durch die alte oder schon durch die neue Kommission erfolgen werden.
    Bisher ist geplant, dass Jean-Claude Juncker und sein Team zum 1. November die Arbeit aufnehmen. Doch wegen der Nachnominierung der Slowenin Violeta Bulc für die in den Anhörungen gescheiterte Bratusek könnte sich der ganze Prozess verzögern, was Juncker durchaus gelegen käme, heißt es. Will er doch das neue Amt nicht mit Streit etwa mit Frankreich beginnen. Hochkomplexe Fragen, also, bei denen zumindest die finanzpolitischen Aspekte heute in Luxemburg eine Rolle spielen könnten.
    Europa und die Wachstumsflaute
    Ein zweites, ebenfalls brisantes Thema - wie kann Europa mehr investieren, um angesichts der anhaltenden Wachstumsflaute gegenzusteuern. Viele hoffen auf das geplante Wachstumspaket der neuen EU-Kommission im Umfang von rund 300 Milliarden Euro. Doch woher die Mittel kommen sollen, ist bislang unklar. Schon seit einigen Wochen gibt es Überlegungen, den Rettungsschirm ESM anzuzapfen. Der bislang über ungenutzte Finanzmittel von 450 Milliarden Euro verfügt.
    Ein höchst umstrittener Vorschlag, den Deutschland, aber auch die nordeuropäischen Mitgliedsländer kategorisch ablehnen. Schließlich sei der ESM eine Brandmauer, die hoffentlich nicht genutzt werden müsse, argumentiert Wolfgang Schäuble. Doch auch er wird sich in Luxemburg einmal mehr kritische Fragen gefallen lassen, denn viele fordern von Deutschland mehr Investitionen etwa in die öffentliche Infrastruktur und in Bildung. Zuletzt am zurückliegenden Wochenende auf der Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank in Washington. Doch Schäuble hielt dagegen:
    "Wir haben einen starken wirtschaftlichen Einbruch gehabt wie jedes andere Land in der EU. 5,1 Prozent in 2009 - und wir sind besser rausgekommen als jedes andere. Jetzt könne sie sagen, obwohl wir so eine blöde Finanzpolitik betrieben haben. Vielleicht aber gerade weil!"
    Doch der internationale Druck auf Berlin wächst, auch heute wird sich Schäuble wohl wieder rechtfertigen müssen. Alles in allem könnte Luxemburg also doch ein recht interessantes Treffen werden.