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Europa handfest

Seit zwei Wochen tourt in Brandenburg das "Europamobil". 20 Studierende aus Deutschland, Polen, der Slowakei, Großbritannien, Spanien, Dänemark und Belgien besuchen jeden Tag eine andere Schule, um den Schülern möglichst persönlich von Europa zu berichten.

Von Dieter Wulf | 07.10.2009
    Am Montagmorgen in der Aula der Geschwister Scholl Gesamtschule im brandenburgischen Zossen. Auf dem Stundenplan steht für die zehnten und elften Klassen "Europa" und zwar ganz praktisch und handfest. Statt eines Lehrers stellen sich 20 Studierende aus acht EU-Ländern vor, die mit dem Projekt "Europamobil" seit zwei Wochen jeden Tag an einer anderen Schule in Brandenburg unterwegs sind.

    Dann imitieren zwei spanische Studierende eine Szene, wie man sie vielleicht auf einem spanischen Fischmarkt erleben könnte.

    Und weil sie gleich auch zwei Lehrer der Schule dazu verdonnern mitzumachen, bleibt der gewünschte Effekt nicht lange aus. Die Lehrer verhaspeln sich, das Auditorium grölt, das Eis ist gebrochen.

    Die Idee für das Projekt, um Europa mal ganz anders zu präsentieren, entstand vor zwei Jahren bei einem internationalen Jugendforum der Stiftung Genshagen, die seit Jahren deutsch-polnische und deutsch-französische Begegnungen organisiert. Für dieses Projekt konnten sich Studierende aus allen EU-Ländern bewerben. Die ausgewählten Studenten hatten dann die Aufgabe, alle Präsentationen selbst zu entwickeln, erklärt Magdalena Kurpiewska, von der Stiftung Genshagen.

    "Die haben acht Tage sehr intensiv daran gearbeitet. Vier Themen erarbeitet. Europa der Regionen, Europa im Alltag, Leben und wohnen in Europa und die EU-Erweiterung."

    Nach dem Auftakt in der Aula geht es dann in kleinere Gruppen.

    Normalerweise hätte die zehnte Klasse jetzt Französisch, satt dessen versuchen die Europa-Studenten, den Schülern zu vermitteln, was für Möglichkeiten für sie in Europa offen stehen. Und das alles auf englisch. Nur so konkret könne man Schüler in dem Alter für Europa begeistern, meint die 19-jährige Emma-Lee Martin, die in Exeter britisches und deutsches Recht studiert.

    "Man kann ja mit 15-Jährigen nicht so abstrakt über Politik sprechen. Dinge, mit denen sie nichts zu tun haben. Da ist es doch viel interessanter, mit ihnen darüber zu reden, wo sie studieren können, was sie machen könnten und wohin man reisen kann. Dann verstehen sie eher, was Europa ist. Aber nicht wenn man über Länder, Regierungen und Politiker redet."

    Und so erklären die Studierenden den Schülern, wo sie sich schon jetzt für Praktika oder später für Studienplätze oder Stipendien bewerben können. Auch für die Studenten untereinander war das ein echtes Europaerlebnis. Trotz aller Unterschiede seien die Grundwerte und Ideen doch meist sehr ähnlich, meint die 22-jährige Franziska Stölzel, die in Chemnitz Kulturwissenschaften studiert. Aber daneben gab es gab in den letzten Wochen auch andere Erlebnisse, erzählt sie.

    "Wir mussten uns auch leider Sprüche anhören, die nicht in die Richtung Toleranz und wir leben gemeinsam, gehen. Zum Beispiel was will denn die kleine Schwarze hier in der Gruppe. Emma kommt aus England und ihr Papa kommt aus Jamaika. Das heißt, Emma sieht erst mal anders aus, wie jemand der aus Deutschland kommt."

    In der Geschwister Scholl Schule sind solche Sprüche nicht zu hören. Trotzdem scheint vielen Schülern der Gedanke an Europa auch nach dem Workshop noch sehr weit entfernt geblieben zu sein. Der 15-jährige Martin aber ist sich sicher, dass er mal ins Ausland will.

    "Ich hab schon vor, mich da zu erkundigen ob ich da im Ausland Praktika und so machen kann und wenn ich da was finde, werd ich auch versuchen, das zu machen."

    Psychologie wolle er mal studieren und dafür, habe er gehört, seien die Hürden im Ausland zum Teil niedriger als hierzulande. Aber auf die Frage, ob er denn auch schon wisse, wo er denn gerne mal studieren wolle, muss er sich Europa erst noch mal bildlich vorstellen.

    "Hier das da das Nord, links von Deutschland, da Niederlande genau, so hieß das und Belgien."