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Europa kämpft um eine Bankenunion

Seit Monaten wird in Europa um eine Bankenunion gestritten. Vor allem darüber, wer am Ende über das Schicksal von Banken in Schieflage entscheiden darf. Binnenmarktkommissar Michel Barnier demonstrierte heute in dieser Frage Kompromissbereitschaft.

Von Michael Braun | 11.10.2013
    Drei Dinge braucht die Bankenunion: eine gemeinsame Aufsicht, eine gemeinsame Abwicklung maroder Banken und eine gemeinsame Einlagensicherung, damit nicht die Steuerzahler, sondern die Finanzindustrie selbst für die Folgen einer Bankenkrise aufkommt.

    Aber nur eine Säule steht einigermaßen fest: Die Aufsicht soll vom nächsten Jahr an die Europäische Zentralbank in die Hand nehmen. Alles Weitere, zunächst die Bankenabwicklung, wird am Montag und Dienstag unter den EU-Finanzministern in Luxemburg besprochen. Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag des EU-Binnenmarktkommissars Michel Barnier:

    "Der ESM könnte diese europäische Abwicklungsbehörde werden."

    Der Europäische Stabilitätsmechanismus war aber geschaffen worden, um strauchelnde Euro-Staaten zu stützen, nicht für strauchelnde Banken. Zudem, das weiß auch Barnier, wäre der ESM derzeit nicht in der Lage, als Abwicklungsbehörde für Banken zu agieren. Dazu fehlte ihm die Macht, das Geld und vor alledem die Zustimmung derer, die ihn beaufsichtigen. ESM-Chef Klaus Regling hat das kürzlich vor dem Europaparlament erläutert:

    "Das Geld für die Kapitalausstattung des ESM kommt aus den jeweils nationalen Staatshaushalten. Die Hilfszusagen des ESM müssen die Mitgliedstaaten einstimmig billigen. Auf lange Sicht könnte sich das ändern, wenn der ESM eine wirklich europäische Behörde würde."

    Das aber kann dauern. Denn dazu müsste der EU-Vertrag durch alle 28 Mitgliedstaaten geändert werden. Und darauf könne er nicht warten, sagte Kommissar Barnier heute in Frankfurt. Denn komme eine neue Krise, werde die nicht bis zum Abschluss eines neuen Vertrags warten:

    "”Et si entretemps il y a une crise, elle ne vas pas attendre à un nouveau traité.""

    Also solle die EU-Kommission ran. Wenn die Bankenaufsicht eine Bank als nicht überlebensfähig beschrieben habe, müsse die EU-Kommission eben den Knopf drücken, sagte Barnier. Bessere Vorschläge seien willkommen, er sei offen für glaubwürdige, handhabbare Kompromisse:

    "I am open for a compromise, credible compromise, workable compromise."

    Vor allem die Bundesregierung hat bisher gebremst. Sie beharrt darauf, dass die Haushaltssouveränität der einzelnen Staaten gewahrt bleibe.

    Gänzlich offen ist noch die europäische Einlagensicherung. Vor allem deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben sich quergelegt. Sie wollten ihre Rücklagen nicht in südeuropäischen Krisenbanken verbrennen. Dazu sagte heute Barnier immerhin: Niemand solle zweimal zahlen, in eigene und in europäische Sicherungssysteme. Und natürlich werde der Beitrag nach dem Risiko des jeweiligen Bankgeschäfts gestaffelt. Soll heißen: weniger für die Sparkassen, mehr für die Geschäftsbanken.