Archiv


Europäische Studien in Nahost

Zwischen Hochschulen in Israel und Deutschland besteht eine intensive wissenschaftliche Zusammenarbeit, auch zu einigen arabischen Ländern hat die Bundesrepublik Verbindungen auf Hochschulebene. Israel und seine arabischen Nachbarn sind von ähnlichen Kooperationen aber weit entfernt. Ein grenzübergreifendes Hochschulprojekt soll jetzt palästinensische, jordanische und israelische Studierende zusammenbringen - unter Schirmherrschaft der Bundesrepublik.

Von Margarete Limberg |
    Wer sich unter einem gemeinsamen Hochschulprojekt Israels, der Palästinenser und Jordaniens vorstellt, israelische und arabische Studenten säßen nebeneinander in der Uni, um gemeinsam Vorlesungen oder Seminare zu verfolgen, täuscht sich.

    Der erste Schritt ist die Schaffung von je einem Zentrum für europäische Studien im israelischen Herzliya, an der palästinensischen Universität Al Quds in Jerusalem und am Königlichen Institut für Internationale und Interreligiöse Studien in Amman. Weshalb europäische Studien? Weil die Kenntnis über die EU trotz ihrer Nähe zum Nahen Osten dort äußerst gering ist. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler begründet die Wahl dieses Studiengangs aber auch mit der neuen Bewegung im Nahost-Konflikt und der Rolle, die gerade die EU dabei spielt.

    "Dafür brauchen wir auf Dauer gut informierte Partner, dafür brauchen wir Entscheidungsträger, die auch etwas über den Tellerrand hinaus gucken und eben auch, also um es klar zu sagen, mehr Wissen über die EU. Und dazu kann dieses neue Studienzentrum einen wichtigen Beitrag leisten."

    Zwischen Israel und der Bundesrepublik besteht bereits eine intensive wissenschaftliche Zusammenarbeit, mit einigen arabischen Ländern, wie Jordanien, Ägypten oder Syrien gibt es gemeinsame Hochschulprojekte, aber zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn ist man von ähnlichem weit entfernt. Für den Initiator dieses Projekts, den früheren Botschafter Israels in der Bundesrepublik, Avi Primor, ist dies ein entscheidender Aspekt:

    "Die Idee übrigens entwickelte sich so, dass wir nicht nur gemeinsam Brücken schlagen wollen zwischen dem Nahen Osten und der Europäischen Union, sondern auch zwischen uns, und das ist vielleicht noch dringender sogar."

    Das Projekt kann inzwischen auf prominente Unterstützung setzen, In Deutschland haben die Deutsche Telekom und die Deutsche Bank bereits ihre Unterstützung zugesagt, z.B. für die Finanzierung von Lehrstühlen.

    In der Praxis mutet die Zusammenarbeit der drei Zentren für europäische Studien fast so kompliziert an wie die Lage im Nahen Osten. Avi Primor vermittelt eine Vorstellung davon, wenn er die Funktionsweise beschreibt,

    "dass die Dozenten und die Professoren zwischen den drei Zentren pendeln werden, in den drei Zentren separat ihre Vorlesungen halten. Die anderen Studenten, die nicht bei dem Professor sind, haben zwei Möglichkeiten, entweder werden sie an Hand von Videokonferenzen diese Vorlesungen verfolgen oder werden die Professoren eben so pendeln, dass sie jeweils in einer Universität unterrichten werden. Auf jeden Fall werden alle Studenten die gleichen Studien bekommen und das gleiche Curriculum. Nur damit haben wir keine Brücken geschlagen zwischen den Völkern im Nahen Osten. Die Studenten von den drei Seiten werden sich dadurch nicht kennen lernen"

    An dieser Stelle kommt die Bundesrepublik ins Spiel : Ergänzungskurse an deutschen Universitäten, auf neutralem Boden also, sollen die Studenten aus dem Nahen Osten in den Semesterferien zusammenbringen. Die deutschen Universitäten sollen als Gastgeber fungieren, sollen die Studenten einladen, damit diese ohne Zwang ihre Studien betreiben und sich kennen lernen können. Bisher haben die Universität Trier, die Düsseldorfer Heinrich - Heine - Universität und die Humboldt - Universität in Zusammenarbeit mit der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ihre Mitarbeit zugesagt. Die Bundesregierung fungiert als eine Art Schirmherrin des Projekts und sieht ihre Aufgabe in der politisch - ideellen Schützenhilfe, nicht in finanziellen Hilfen. Staatsminister Gernot Erler erläutert das Konzept:

    "Unser Ansatz ist hier, durch eine demonstrative Unterstützung des Projekts diese Bereitschaft der Zivilgesellschaft und der Firmen, das zu unterstützen, dabei zu helfen."

    Das deutsche Beispiel, so hofft der Staatsminister möge als Initialzündung auch für andere europäische Staaten wirken, sich an dem Vorhaben zu beteiligen. Bisher ist die Finanzierung von vier Lehrstühlen gesichert. Insgesamt sind zehn geplant.

    Ab Oktober 2008 sollen die Studenten mit ihrem Studium beginnen können. Nach Abschluss hätten sie den Master für Internationale Studien mit dem Spezialgebiet Europastudien in der Hand.