Im Dezember letzten Jahres wurde in Sarajewo das Banner mit dem Nato-Stern gegen die Flagge der Europäischen Union eingetauscht. Seitdem stehen die internationalen Friedenstruppen in Bosnien unter dem Kommando der EU; aus der Stabilisation Force kurz: SFOR wurde die European Union Force, die EUFOR.
Es ist der bisher größte Militäreinsatz in der Geschichte der Europäischen Union: 7000 Soldaten aus über 30 Ländern sind an der Friedensmission beteiligt. Unter ihnen auch EU-Mitglieder, die nicht in der Nato sind wie Österreich. Mit Einheiten aus der Türkei, Kanada und der Schweiz unterstehen sogar nicht- EU-Mitglieder dem Befehl der Union.
EUFOR ist die Antwort auf das kollektive Versagen der Europäer auf dem Balkan. EUFOR ist die Konsequenz aus der Erkenntnis, dass sich Europa künftig nicht mehr allein auf die USA verlassen kann, sondern selbst in der Lage sein muss auf Krisen und Kriege angemessen zu reagieren – wenn es sein muss auch militärisch.
Deutschland stellt mit 1100 Soldaten und Soldatinnen das größte Kontingent in Bosnien und Herzegowina. Im Stab der Europatruppe werden die beteiligten Länder koordiniert, 22 EU-Staaten und 11 nicht EU-Mitglieder, General Peter Goebel ist der Leiter des Stabes. Das Hauptquartier liegt am Rande von Sarajewo:
Montag Morgen, und General Peter Goebel ist etwas spät dran. Er ist eigentlich schon auf dem Weg hinaus dem Großraumbüro hinaus. Sein Vollbart ist sorgsam gestutzt und in Form geschnitten.
"Ich muss zum Meeting. Wo ist es denn? - Gute Frage, in conferenceroom 3 oder 4. Ich find es raus."
Goebels Adjutant, ein leicht ergrauter Oberstleutnant, greift zum Telefon. Beide tragen die grün-braune, klein gefleckte Tarnkleidung der Bundeswehr. Auf dem Ärmel prangt das blaue Sternenbanner der Europäischen Union.
"Es geht für uns natürlich auch um die Fähigkeit der Europäischen Union, militärische Operationen in dieser Größenordnung durchzuführen. Und diese Fähigkeit soll EUFOR unter Beweis stellen. Insofern ist unsere Arbeit für Bosnien-Herzegowina ein wichtiger und ehrenvoller Auftrag.
Fünf, wo ist denn fünf? – Unten, Herr General, der große neben vier. - Alles klar.
Wir werden diese Mission zu einem Erfolg führen, keine Frage. Wir werden von der Bevölkerung als eine glaubwürdige Truppe wahrgenommen. Man traut uns hier zu, dass wir die Sicherheit von Bosnien und Herzegowina garantieren und ein sicheres und stabiles Umfeld. "
Goebel eilt einen langen hellgrün getünchten Flur entlang, vorbei an Fotos aus dem Krieg in Bosnien-Herzegowina. Brennende Hochhäuser, Ruinen.
"Ich muss jetzt zu den Senior Military Representatives. "
Die Tür des Konferenzraums steht offen. Männer in unterschiedlich gefleckten grün-braunen Tarnanzügen sitzen bereits um einen Tisch.
"Das sind die Repräsentanten der einzelnen Nationen. Mit denen werden einige Dinge besprochen über die Operationsführung und auch Besonderheiten für die einzelnen Nationen, wo ich auch die Zustimmung dieser Herren brauche, aber ich hab relativ wenig Zweifel habe, dass das funktionieren wird."
"Good Morning Sir, it's here...
Morgen, good morning…
SMR-Meeting? - Yes. - It's in there"
Goebels Adjutant, Jochen Gumprich, wartet vor der Tür. Spanische Soldaten eilen an ihm vorbei, Franzosen, Tschechen, Briten. Jeder hebt die Hand an die Stirn, Gumprich grüsst militärisch zurück. Gumprich ist quasi das Vorzimmer des Generals. Es ist sein erster Einsatz in so einem Rahmen und auch im Ausland.
"Auch wenn die militärische Profession in jedem Land ähnlich ist, ist ja schon der Ansatz jeder Nation unterschiedlich. Zum Beispiel Spanier haben einen etwas gelasseneren Ansatz als zum Beispiel die Deutschen, die immer 'n bisschen forsch vorangehen wollen. Oder die Engländer, die natürlich als native speaker einen klaren Vorteil haben. Was bemerkenswert ist, muss man schon sagen, wenn man auf das Englisch mal zurückkommt. Das ist, dass eigentlich die Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes, dass die durch die Bank, diese Englischprobleme nicht haben."
Nach wenigen Minuten kommt der General wieder heraus, eilt zurück in sein Büro.
Für Peter Goebel sind Einsätze im Ausland nichts Besonderes. So war er unter anderem Verteidigungsattache in der deutschen Botschaft in Washington und Mitte der 90er schon einmal Kommandant der Bundeswehr in Bosnien.
"Gehen wir wieder hoch.
Good morning, how are you doing?"
Auf den langen Fluren im Hauptquartier der EUFOR sitzen die verbliebenen Nato-Offiziere Tür an Tür mit der EU-Truppe. Im Vorfeld hatte es immer wieder Diskussionen gegeben, ob sich die Europäische Union mit dem eigenen Militäreinsatz von der Nato entferne. Goebel winkt ab. Es würden keine Parallelstrukturen aufgebaut, und es gäbe bewusst keine Aufteilung des Gebäudes in einen Nato- und einen EU-Teil.
"Good weekend? - Yes..."
TF:
"Herr Goebel, was macht ein General am Wochenende hier?"
Goebel:
"Das ist sehr einfach. Überwiegend ist er im Stab, aber ich gebe gerne zu, dass ich an diesem Wochenende sowohl am Samstag, als auch am Sonntag drei Stunden Zeit gefunden habe, um Ski zu fahren. Dieses Land ist sehr schön. Und das ist eine der Segnungen einer gewissen Normalität."
Sarajewo, die Olympiastadt von 1984, ist von Skipisten umgeben. Gegenüber dem Olympiastadion ist ein großer Friedhof der Stadt. Es ist Teil des Selbstverständnisses der EUFOR, dass die Soldaten in kleinen Gruppen die Lager verlassen.
Goebel ist zurück in dem Großraumbüro. An der Wand hängt ein Plakat mit 20 Namen und Portraitfotos. Die meistgesuchten Kriegsverbrecher in Ex-Jugoslawien. Ganz oben sind zwei Fotos: Radovan Karadzic mit dem wirren grauen Haar über der Stirn und das fleischige Gesicht von Radko Mladic. Sie werden unter anderem wegen des Massakers an Tausenden bosnischen Moslems 1995 in Srebrenica gesucht. Lediglich zwei Köpfe sind durchgestrichen, die Männer verhaftet.
"Wir wissen von einigen, wo sie sich aufhalten, aber das sind natürlich keine Kenntnisse, wo wir sagen, in dieser Strasse in diesem Haus und in diesem Stockwerk. Das sind schon größere Regionen. Wir wissen aber auch, dass sehr viele von diesen ständig in Bewegung sind, was es für uns ja auch so schwierig macht."
Seit fast 10 Jahren suchen die internationalen Soldaten nach den Kriegsverbrechern des ehemaligen Jugoslawien. Seit fast 10 Jahren jagen sie sie vergeblich durch das Land. Der kommandierende General der EUFOR hatte angekündigt, seine Truppe werde die Kriegsverbrecher endlich fangen. Das war bei der Übergabe von SFOR an die EU-Mission.
"Ein Problem in diesem Land sind eben auch die Netzwerke, die diese Kriegsverbrecher unterstützen und das sie ihnen ermöglichen, sich der Verhaftung zu entziehen. Und ich mache keinen Hehl daraus, es ist natürlich immer einfacher, zu sagen, "Herr Jankovic war vor 24 Stunden dort und dort", als zu sagen, "Herr Celenovic wird in 24 Stunden dort und dort sein." Aber die entscheidende Verantwortung bleibt bei Bosnien-Herzegowina."
Die EU hat alle Balkanstaaten aufgefordert, mit dem internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zusammenzuarbeiten und die Kriegsverbrecher freiwillig auszuliefern. Andernfalls haben die Staaten keine EU-Perspektive. In Teilen der Bevölkerung sind die Kriegsverbrecher jedoch beliebt, werden als Helden verehrt. Besonders im serbischen Teil des Landes, der Republika Srpska. So standen während einer Großfahndung in einigen Orten sogar Kerzen in den Fenstern und Schilder mit der Aufforderung "don't touch them". Goebel deutet auf die Tür gegenüber - ein US-amerikanisches Fähnchen klebt dort.
"Dort drüben sitzt zum Beispiel einer der wichtigen Offiziere der Nato in der Frage der Verfolgung von solchen Leuten, die für Kriegsverbrechen angeklagt sind vor dem internationalen Gerichtshof, und hier der Bereich des Chefs des Stabes dieses Hauptquartiers, also mein Bereich. Hier gibt es gute Zusammenarbeit zwischen der Nato und der EU."
Es ist der bisher größte Militäreinsatz in der Geschichte der Europäischen Union: 7000 Soldaten aus über 30 Ländern sind an der Friedensmission beteiligt. Unter ihnen auch EU-Mitglieder, die nicht in der Nato sind wie Österreich. Mit Einheiten aus der Türkei, Kanada und der Schweiz unterstehen sogar nicht- EU-Mitglieder dem Befehl der Union.
EUFOR ist die Antwort auf das kollektive Versagen der Europäer auf dem Balkan. EUFOR ist die Konsequenz aus der Erkenntnis, dass sich Europa künftig nicht mehr allein auf die USA verlassen kann, sondern selbst in der Lage sein muss auf Krisen und Kriege angemessen zu reagieren – wenn es sein muss auch militärisch.
Deutschland stellt mit 1100 Soldaten und Soldatinnen das größte Kontingent in Bosnien und Herzegowina. Im Stab der Europatruppe werden die beteiligten Länder koordiniert, 22 EU-Staaten und 11 nicht EU-Mitglieder, General Peter Goebel ist der Leiter des Stabes. Das Hauptquartier liegt am Rande von Sarajewo:
Montag Morgen, und General Peter Goebel ist etwas spät dran. Er ist eigentlich schon auf dem Weg hinaus dem Großraumbüro hinaus. Sein Vollbart ist sorgsam gestutzt und in Form geschnitten.
"Ich muss zum Meeting. Wo ist es denn? - Gute Frage, in conferenceroom 3 oder 4. Ich find es raus."
Goebels Adjutant, ein leicht ergrauter Oberstleutnant, greift zum Telefon. Beide tragen die grün-braune, klein gefleckte Tarnkleidung der Bundeswehr. Auf dem Ärmel prangt das blaue Sternenbanner der Europäischen Union.
"Es geht für uns natürlich auch um die Fähigkeit der Europäischen Union, militärische Operationen in dieser Größenordnung durchzuführen. Und diese Fähigkeit soll EUFOR unter Beweis stellen. Insofern ist unsere Arbeit für Bosnien-Herzegowina ein wichtiger und ehrenvoller Auftrag.
Fünf, wo ist denn fünf? – Unten, Herr General, der große neben vier. - Alles klar.
Wir werden diese Mission zu einem Erfolg führen, keine Frage. Wir werden von der Bevölkerung als eine glaubwürdige Truppe wahrgenommen. Man traut uns hier zu, dass wir die Sicherheit von Bosnien und Herzegowina garantieren und ein sicheres und stabiles Umfeld. "
Goebel eilt einen langen hellgrün getünchten Flur entlang, vorbei an Fotos aus dem Krieg in Bosnien-Herzegowina. Brennende Hochhäuser, Ruinen.
"Ich muss jetzt zu den Senior Military Representatives. "
Die Tür des Konferenzraums steht offen. Männer in unterschiedlich gefleckten grün-braunen Tarnanzügen sitzen bereits um einen Tisch.
"Das sind die Repräsentanten der einzelnen Nationen. Mit denen werden einige Dinge besprochen über die Operationsführung und auch Besonderheiten für die einzelnen Nationen, wo ich auch die Zustimmung dieser Herren brauche, aber ich hab relativ wenig Zweifel habe, dass das funktionieren wird."
"Good Morning Sir, it's here...
Morgen, good morning…
SMR-Meeting? - Yes. - It's in there"
Goebels Adjutant, Jochen Gumprich, wartet vor der Tür. Spanische Soldaten eilen an ihm vorbei, Franzosen, Tschechen, Briten. Jeder hebt die Hand an die Stirn, Gumprich grüsst militärisch zurück. Gumprich ist quasi das Vorzimmer des Generals. Es ist sein erster Einsatz in so einem Rahmen und auch im Ausland.
"Auch wenn die militärische Profession in jedem Land ähnlich ist, ist ja schon der Ansatz jeder Nation unterschiedlich. Zum Beispiel Spanier haben einen etwas gelasseneren Ansatz als zum Beispiel die Deutschen, die immer 'n bisschen forsch vorangehen wollen. Oder die Engländer, die natürlich als native speaker einen klaren Vorteil haben. Was bemerkenswert ist, muss man schon sagen, wenn man auf das Englisch mal zurückkommt. Das ist, dass eigentlich die Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes, dass die durch die Bank, diese Englischprobleme nicht haben."
Nach wenigen Minuten kommt der General wieder heraus, eilt zurück in sein Büro.
Für Peter Goebel sind Einsätze im Ausland nichts Besonderes. So war er unter anderem Verteidigungsattache in der deutschen Botschaft in Washington und Mitte der 90er schon einmal Kommandant der Bundeswehr in Bosnien.
"Gehen wir wieder hoch.
Good morning, how are you doing?"
Auf den langen Fluren im Hauptquartier der EUFOR sitzen die verbliebenen Nato-Offiziere Tür an Tür mit der EU-Truppe. Im Vorfeld hatte es immer wieder Diskussionen gegeben, ob sich die Europäische Union mit dem eigenen Militäreinsatz von der Nato entferne. Goebel winkt ab. Es würden keine Parallelstrukturen aufgebaut, und es gäbe bewusst keine Aufteilung des Gebäudes in einen Nato- und einen EU-Teil.
"Good weekend? - Yes..."
TF:
"Herr Goebel, was macht ein General am Wochenende hier?"
Goebel:
"Das ist sehr einfach. Überwiegend ist er im Stab, aber ich gebe gerne zu, dass ich an diesem Wochenende sowohl am Samstag, als auch am Sonntag drei Stunden Zeit gefunden habe, um Ski zu fahren. Dieses Land ist sehr schön. Und das ist eine der Segnungen einer gewissen Normalität."
Sarajewo, die Olympiastadt von 1984, ist von Skipisten umgeben. Gegenüber dem Olympiastadion ist ein großer Friedhof der Stadt. Es ist Teil des Selbstverständnisses der EUFOR, dass die Soldaten in kleinen Gruppen die Lager verlassen.
Goebel ist zurück in dem Großraumbüro. An der Wand hängt ein Plakat mit 20 Namen und Portraitfotos. Die meistgesuchten Kriegsverbrecher in Ex-Jugoslawien. Ganz oben sind zwei Fotos: Radovan Karadzic mit dem wirren grauen Haar über der Stirn und das fleischige Gesicht von Radko Mladic. Sie werden unter anderem wegen des Massakers an Tausenden bosnischen Moslems 1995 in Srebrenica gesucht. Lediglich zwei Köpfe sind durchgestrichen, die Männer verhaftet.
"Wir wissen von einigen, wo sie sich aufhalten, aber das sind natürlich keine Kenntnisse, wo wir sagen, in dieser Strasse in diesem Haus und in diesem Stockwerk. Das sind schon größere Regionen. Wir wissen aber auch, dass sehr viele von diesen ständig in Bewegung sind, was es für uns ja auch so schwierig macht."
Seit fast 10 Jahren suchen die internationalen Soldaten nach den Kriegsverbrechern des ehemaligen Jugoslawien. Seit fast 10 Jahren jagen sie sie vergeblich durch das Land. Der kommandierende General der EUFOR hatte angekündigt, seine Truppe werde die Kriegsverbrecher endlich fangen. Das war bei der Übergabe von SFOR an die EU-Mission.
"Ein Problem in diesem Land sind eben auch die Netzwerke, die diese Kriegsverbrecher unterstützen und das sie ihnen ermöglichen, sich der Verhaftung zu entziehen. Und ich mache keinen Hehl daraus, es ist natürlich immer einfacher, zu sagen, "Herr Jankovic war vor 24 Stunden dort und dort", als zu sagen, "Herr Celenovic wird in 24 Stunden dort und dort sein." Aber die entscheidende Verantwortung bleibt bei Bosnien-Herzegowina."
Die EU hat alle Balkanstaaten aufgefordert, mit dem internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zusammenzuarbeiten und die Kriegsverbrecher freiwillig auszuliefern. Andernfalls haben die Staaten keine EU-Perspektive. In Teilen der Bevölkerung sind die Kriegsverbrecher jedoch beliebt, werden als Helden verehrt. Besonders im serbischen Teil des Landes, der Republika Srpska. So standen während einer Großfahndung in einigen Orten sogar Kerzen in den Fenstern und Schilder mit der Aufforderung "don't touch them". Goebel deutet auf die Tür gegenüber - ein US-amerikanisches Fähnchen klebt dort.
"Dort drüben sitzt zum Beispiel einer der wichtigen Offiziere der Nato in der Frage der Verfolgung von solchen Leuten, die für Kriegsverbrechen angeklagt sind vor dem internationalen Gerichtshof, und hier der Bereich des Chefs des Stabes dieses Hauptquartiers, also mein Bereich. Hier gibt es gute Zusammenarbeit zwischen der Nato und der EU."