Der Ort für die Präsentation war gut gewählt: der Griechische Hof des Neuen Museums in Berlin-Mitte. Auch wenn ihr Verhältnis seit einigen Jahren nicht mehr das Beste ist. Europa und so gesehen auch die Europäische Union sind ideell und kulturell ohne Griechenland nicht vorstellbar. Dass dieses Verhältnis in den vergangenen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, vor allem aus rein ökonomischer Perspektive diktiert wurde, scheint die Ideengeber für das Europäische Kulturerbe-Jahr zu stören.
Konzept in Berlin präsentiert
Die Präsidentin des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Sabine Kunst, die das Konzept heute zum ersten Mal in der Öffentlichkeit vorstellte, kam gleich zu Beginn ihrer Rede auf den Punkt.
"Wir wollen die gemeinsamen Wurzeln Europas anschaulich machen. Das Verbindende soll fühl- und erlebbar sein mit und auch anhand des Erfahrens der zahlreichen Kulturdenkmale. Bürgerinnen und Bürger sollen Verbindendes erfahren und wir erhoffen uns davon, dass auch Europa auf der emotionalen Ebene neue Impulse bekommt und somit auch die Gesamtidee weitergetragen wird."
Der Wert dieses kulturellen Erbes soll im Jahr 2018 europaweit in den Mittelpunkt rücken. Dafür müsse das Verbindende in der kulturellen Tradition herausgearbeitet werden, aber gleichzeitig auch gezeigt werden, wie vielfältig dieses Europa sei, sagte Kunst. Die Präsidentin des DNK möchte vor allem das archäologische und baulich- kulturelle Erbe in den Fokus stellen. Gerade Letzteres würde die jahrhundertealten Wechselbeziehungen unter den Ländern in Europa besonders deutlich machen. Würde man die Wirkstätten berühmter Baumeister auf einer Landkarte verbinden, entstünde ein dichtes Netz. Auch die junge Generation sollte für historische Bauten, archäologische Stätten oder auch Kulturlandschaften begeistert werden, sagte Kunst.
Mithilfe solch eines Europäischen Kulturerbe-Jahres ließen sich soziale, gesellschaftliche und sogar ökonomische Effekte erzielen, hofft Sabine Kunst:
"Die soziale Dimension zeigt sich zum Beispiel darin, dass ein Kulturerbe-Jahr den Zugang zu kulturellen Aktivitäten weiter öffnen soll. Wirtschaftlich positive Effekte ergeben sich durch verstärkten Kulturtourismus. Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird durch Diskurs über Kulturerhalt dafür wie auch Nutzung im kulturellen Austausch befördert werden können vermittelt."
Kulturelle Brücken in der Zerreißprobe
Dass solch ein Europäisches Kulturerbe-Jahr auch aktuelle Relevanz besitzt, betonte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Kultureinrichtungen hätten die zentrale Aufgabe, durch interkulturelle Bildungsprogramme den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken. Es sei wichtig, den vielen Flüchtlingen klar zu machen, in welche Kultur sie kommen. Aber auch ihnen zu zeigen, dass es hier bereits etwas von ihrer Kultur gibt. Kultur als Brücken-Bauer.
Parzinger glaubt, dass Europa vor einer Zerreißprobe steht. Gerade in diesen Zeiten dürften sich die Länder der EU nicht nur als eine ökonomische Interessensgemeinschaft verstehen:
"Ich glaube Europa braucht eine kulturelle Seele wieder. Das ist uns immer bewusst gewesen, aber das ist durch die Krisen der aktuellen Zeit in Vergessenheit geraten. Ich glaube, es ist wichtig klar zu machen, was unsere gemeinsame Geschichte ist, was unsere gemeinsamen Wurzeln ist, was unser kollektives Gedächtnis auch ausmacht. Bei aller Vielfalt gibt es eine Einheit."
Auch wenn die Idee für das Europäische Kulturerbe-Jahr ursprünglich aus Deutschland stammt. An dem Konzept haben zahlreiche europäische Organisationen mitgewirkt. Die Parlamentarier der EU konnten die Ideengeber schon überzeugen. Jetzt müssen sie nur noch die Kommission dazu bewegen, in zwei Jahren das Europäische Kulturerbe-Jahr offiziell auszurufen.