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Europakolumne - Die uralte Rivalität zwischen Frankreich und Großbritannien

Vergessen der perfekte Hofknicks von Carla Bruni Sarkozy vor der Queen beim Staatsbesuch im März 2008, die Elogen der britischen Regenbogenpresse über Frankreichs First Lady und die Worte ihres Gatten - fast hätte man damals vergessen, dass er, der französische Präsident, der Staatsgast war - wonach zwischen Frankreich und Großbritannien von nun an eine "Entente Amicale" herrsche.

Von Hans Woller | 11.12.2009
    Sehr dauerhaft war die nicht. "Der Waffenstillstand ist beendet" titelt jetzt die Tageszeitung "Liberation"; "Nichts geht mehr zwischen London und Paris" der "Figaro"; der "Parisien" sieht die französisch-britischen Beziehungen auf dem Tiefpunkt und auf der anderen Seite des Kanals geißelte die Presse Nicolas Sarkozy als Napoleon, gerade dass das Wort vom Westentaschennapoleon nicht fiel, dafür das von der "Schlacht um London".
    All dies, weil, ja weil Frankreichs Präsident wieder mal die Bescheidenheit ganz klein und sich selbst ganz groß geschrieben hatte, weil er offensichtlich nicht anders kann, als sich selbst möglichst oft und lautstark auf die Schulter zu klopfe.

    Kaum war sein Parteifreund und Ex-Minister Michel Barnier zum Binnenmarktkommissar der EU ernannt, triumphierte Frankreichs Präsident, die Engländer seien die großen Verlierer in dieser Geschichte, es sei beruhigend, dass nun die französischen Vorstellungen von einer Regulierung der Finanzmärkte in Europa die Oberhand gewännen. Um wenige Tage später noch eins draufzulegen: Barniers Ernennung könne die Förderung eines europäischen Modells der Finanzmärkte ermöglichen, im Gegensatz zum angelsächsischen - die City stand Kopf.

    Dem Sieger in dieser Geschichte, Kommissar Barnier, war das Triumphgeheul des französischen Präsidenten sichtlich peinlich, er versuchte umgehend zu beschwichtigen, doch der Schaden war angerichtet. Fast wehte wieder ein Hauch von Erbfeindschaft, die auf den 100-jährigen Krieg zurückreicht, durch die Lüfte, Wörter wie Rostbeef und Frösche, die Lieblingsbezeichnungen der einen für die anderen, lagen locker auf den Lippen und Erinnerungen kamen auf, als Anfang der 90er Frankreichs Premierministerin Cresson davon sprach, ein Viertel der Engländer sei homosexuell und das sei doch wohl ein Zeichen von Schwäche.

    Die Briten haben ihr das bis heute nicht verziehen, schon eher die Äußerung eines Jacques Chirac vergessen, der einmal mit Blick auf die Bevölkerung Großbritanniens betonte, man könne nun mal Menschen nicht trauen, die so schlecht kochten.

    Nicolas Sarkozy ist mit seinen erhöhten Schuhabsätzen derart auf dem Stolz der City Banker herumgetreten, dass die Diplomaten hinter den Kulissen sich um Schadensbegrenzung bemühen mussten, zumal nachdem Gordon Brown letzte Woche einen Gesprächstermin mit Frankreichs Präsidenten kühl abgesagt hatte - eine gemeinsame Kolumne gestern im Wall Street Journal und die Ankündigung beider Länder, die die Zahlung von Banken Boni besteuern zu wollen, sollten ein Zeichen setzen und unterstreichen, was der Präsident des Zentrums für Europäische Reformen, Charles Grant, sagte: " Was die Finanzmarktregulierung angeht, sind unsere beiden Länder weitgehend auf derselben Wellenlänge, doch der französische Präsident will stets den Eindruck vermitteln, er tue mehr als alle anderen."

    Und man darf befürchten, dass das Cocorico, das Krähen des gallischen Hahnes in Richtung London, so bald kein Ende nehmen wird, zumal kanadische Archäologen jetzt auch noch herausgefunden haben wollen, dass vor 6000 Jahren ausgerechnet Franzosen England besiedelt und zivilisiert hätten - die französische Tageszeitung "Le Figaro" brachte diese Überschrift prompt auf Seite eins und den zerknirschten Kommentar des "Daily Telepgraph": "Die Franzosen hätten ja immer schon geglaubt, dass sie etwas Feineres seien als die Briten, nun gäben ihnen da Archäologen auch noch recht."

    Es wird Zeit, dass das nächste Rugbyländerspiel zwischen Frankreich und England stattfindet - da darf auf dem Spielfeld, streng nach Regeln, aufeinander eingehauen werden, hinterher aber, in der legendären dritten Halbzeit, feiern Fans beider Teams, oft gemeinsam, bis zum Umfallen - egal wer gewinnt.