Archiv


Evaluation - und dann?

War das Lernziel der Lehrveranstaltung von Anfang an zu erkennen? Erschien Ihnen der Lehrende gut vorbereitet? Mit Hilfe von Evaluationsbögen soll die Lehre an den Hochschulen verbessert werden. Doch wie viel bringt diese Form der Qualitätsüberprüfung und wie werden die Ergebnisse in der Praxis umgesetzt? Diesem Thema widmen sich Experten bei der Konferenz des "Zentrums für Evaluation und Methoden" in Bonn.

Von Svenja Üing |
    Um zu verstehen, wie es um die Umsetzung der Evaluationsergebnisse an den Hochschulen bestellt ist, hat das Hochschul-Informations-System HIS bei denen nachgefragt, die das direkt spüren: bei den Studierenden selbst. Entgegen aller Unkenrufe sagt zumindest ein Drittel der Befragten, die ersten Verbesserungen im Studienalltag seien schon zu spüren, sagt Marian Krawietz, verantwortlich für die Studie von HIS:

    "Ganz konkret sind es da so Sachen in der Organisation, zum Beispiel des Ablaufs eines Seminars, dass zum Beispiel die Didaktik verbessert wurde, dass auch verbesserte Skripte, Folien und so weiter verwendet wurden."

    Wichtigstes Ergebnis der Studie, so Krawietz: Generell befürwortet die Mehrheit der Studierenden das Evaluieren. Sie haben die Hoffnung, dass ihre Bewertungen sich letztlich vor allem in einer besseren Lehre auch widerspiegelt. Allerdings: Jeder zweite Studierende fühlt sich nicht gut genug über den gesamten Prozess der Evaluation informiert.

    "Studierende wollen natürlich mehr Transparenz, wenn die Evaluierung abgeschlossen ist, sie wollen die Ergebnisse kennen und sie wollen letzten Endes konkrete Umsetzungen aus dem, was evaluiert worden ist, in ihrem Studienalltag sehen."

    Seit Anfang der Neunziger Jahre lassen die deutschen Hochschulen Lehre und Studium von Studierenden, Lehrenden und externen Experten evaluieren. Inzwischen hat sich dieses Mittel der Qualitätsbewertung von Forschung und Lehre etabliert, doch die Umsetzung an den Hochschulen steckt zum Teil noch in den Kinderschuhen. Dieter Hannemann ist stellvertretender Vorsitzender der Akkreditierungs-Kommission bei der Bonner Akkreditierungs-Agentur ASIIN. Ein Beispiel aus seiner Arbeit:

    "Was macht man, wenn negative Ergebnisse herauskommen, nämlich schlechte Evaluierungen, was macht man da? Und das ist ein großes Problem in den Hochschulen. Wenn ein Hochschul-Lehrer, ein Professor, gutwillig ist, dann macht er das von selbst, die Lehre zu verbessern. Wenn nicht, ist es schwer, ihn auf den rechten Weg zu bringen im deutschen Hochschul-System."

    Einfacher sei es, das Engagement sowohl von Studierenden wie auch von Dozenten über positive Anreize zu erreichen, die den Lehrenden und Lernenden direkt zugute kommen, sagt Georg Rudinger, Direktor des Zentrums für Evaluation und Methoden ZEM der Universität Bonn:

    "Wir haben uns überlegt, dass zum Beispiel bei Beteiligungsraten sagen wir mal von 80 Prozent dann eben Bibliotheksmittel in größerem Ausmaß zur Verfügung gestellt werden oder auch teuere überseeische Zeitschriften, die elektronisch abonniert werden können, wo eben die Lehre besser mit unterfüttert werden kann, sprich also eine strukturelle Maßnahme."

    Lösungen wie dieser widmet sich die Bonner Konferenz heute und morgen. Das ist auch deshalb eine große Hürde, weil das Evaluieren nicht nur relativ neu ist, sondern sich bundesweit - dank des Föderalismus - von Bundesland zu Bundesland beziehungsweise Hochschule zu Hochschule unterscheidet, sagt Michael Jäger, stellvertretender Leiter des Arbeitsbereichs Steuerung, Finanzierung und Evaluation beim Hochschul-Informations-System:

    "Es gibt Bundesländer, die haben ausgeprägte staatliche Strukturen der Qualitätssicherung wie Niedersachen. Da gibt es die zentrale Evaluierungsagentur, die seit Langem lehrbezogenen Evaluierung durchführt. Es die die wissenschaftliche Kommission, die das gleiche für den Bereich Forschung macht. In anderen Ländern ist das sehr viel stärker selbst organisiert. Da müssen die Hochschulen das selber alles anschieben. Es gibt auch die vielen Verbünde, wie Nordverbund, die das deutlich zeigen."

    Der Verbund Norddeutscher Universitäten war es zum Beispiel, der 1994 die erste bezahlte Kraft für die Evaluation von Studium und Lehre eingesetzt hat. Karin Fischer-Bluhm ist dort zentrale Ansprechpartnerin für alle sieben Verbund-Hochschulen. Sie unterstützt die Fachbereiche bei ihren Selbstbeschreibungen für die Akkreditierung und hilft den Lehrenden, Evaluationsbögen zu entwickeln und auszuwerten. Freunde schafft sie sich damit nicht immer, sagt Fischer-Bluhm:

    "Das ist zusätzliche Arbeit. Und wenn man sich nicht bestimmte Codes gibt, eine bestimmte Berufsehre gibt, dass man unabhängig, fair und nützliche Bewertungen macht und die Perspektiven aller Beteiligten einfängt, dann wird es schwierig auch sich darzustellen und einzufügen in den Wissenschaftsbetrieb."

    Schritt für Schritt müssten sich alle Akteure ans Evaluieren gewöhnen, sagt Karin Fischer-Bluhm. Damit die Ergebnisse erfolgreich umgesetzt werden. Denn auch das zeigt die HIS-Studie: Zwei Drittel der Studierenden spüren noch keine Verbesserungen im Studienalltag.