Heuer: Sie werden heute Abend bei dem Treffen mit dem Papst dabei sein. Vorher – hat man den Eindruck – hat der Papst eher ökumenische Signale an die orthodoxe als an die evangelische Kirche ausgesandt. Enttäuscht Sie das?
Knuth: Nein, wir sind das ja in gewisser Weise gewohnt, dass in bestimmter Hinsicht da die Beziehungen immer schon enger waren. Auf der anderen Seite ist gerade diese Einladung heute – ich bin ja im Auto auf den Weg dorthin – ein Zeichen dafür, dass zur evangelischen Kirche entsprechende Kontakte gepflegt sind. Und aus der langen Geschichte der Beziehungen dieses Papstes, der ja auch Kardinal in München war, kann man eigentlich ganz deutlich ableiten, dass er sich genauso auch einsetzt für den Dialog mit den Evangelischen.
Heuer: Margot Käßmann, die Landesbischöfin in Hannover, hat im Vorfeld gesagt, sie hoffe auf ein deutliches Signal in Sachen Ökumene. Was könnte denn dieses "deutliche Signal" sein?
Knuth: Also einmal hat er selbst ja große Verdienste an dem Zustandekommen der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" zwischen Lutherischem Weltbund und Einheitssekretariat. Und ein erster Schritt wäre natürlich, daraus weitere Konsequenzen abzuleiten, ...
Heuer: Welche?
Knuth: ... also gemeinsames Abendmahl – oder jedenfalls eucharistische Gastfreundschaft. Und man müsste auch noch mal das etwas kritische Votum hinterfragen, dass er uns als "kirchliche Gemeinschaft" bezeichnet und nicht "Kirche" in dem Sinne. Das entspricht natürlich nicht unserem eigenen Selbstverständnis. Ob es da nicht eine unemotionale Möglichkeit gibt, sich zu verständigen, was denn der übergeordnete Begriff ist von Kirche, den wir beide teilen können. Also, es wird ja gesagt, er sagt das nur: "Ihr seid nicht Kirche in unserem Sinne", aber wir sind natürlich Kirche. Und in der Praxis ist das ja auch die ständige – es ist ja die Praxis, dass wir uns als Kirche gegenseitig wahrnehmen. Also, darüber könnte man auch sprechen. Und es ist auch zu beachten, dass es sehr gute Lehrgespräche gibt zwischen Lutherischem Weltbund und dem Einheitssekretariat. Die haben ja stattgefunden, die werden fortgesetzt. Und das sind drei Signale, die ich durchaus als sehr positiv einschätze.
Heuer: Lassen Sie uns noch mal auf das gemeinsame Abendmahl zu sprechen kommen: Das ist ein wunder Punkt und gerade dieser Papst ist in seiner Zeit als Präfekt der römischen Glaubenskongregation ja strikt vorgegangen gegen das gemeinsame Abendmahl – ich erwähne nur den Fall Hasenhüttl.
Knuth: Gut, ich habe auch jetzt von der eucharistischen Gastfreundschaft gesprochen. Die ist auch dogmatisch nicht vollkommen unmöglich: dass man eben teilnimmt an einem Abendmahl als evangelischer Christ, was von der katholischen Kirche eingesetzt wird, und umgekehrt als katholischer Christ an einer evangelischen Abendmahlfeier. Das ist in seelsorgerischen Ausnahmefällen ohnehin schon möglich. Und ich kann mir vorstellen, dass man die seelsorgerischen Ausnahmefälle, wenn sie im Prinzip möglich sind, dann auch noch ausweitet. Also zum Beispiel konfessionsgemischten Familien generell die Möglichkeit schafft. Was Hasenhüttl gemacht hat, das war wohl eben ohne Einverständnis mit seiner Kirche – obwohl ich persönlich natürlich das Vorgehen gegen ihn gar nicht verstehen kann und nicht akzeptieren kann. Aber das würde sich noch mal unterscheiden von einem Vorgehen, was dann offiziell genehmigt wird.
Heuer: Sie haben schon beklagt, Bischof Knuth, dass die katholische Kirche die evangelische Kirche nicht als Kirche anerkennt. Entsprechend sind heute Abend auch nicht Kirchenvertreter in diesem Sinne eingeladen, sondern es gab persönliche Einladungen an einzelne Vertreter, unter anderem eben an Sie. Es ist keine einzige Bischöfin unter den Gästen: Wie finden Sie das?
Knuth: Ja, also ich bin ja eingeladen worden nicht als Mann, sondern als leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und das ist also protokollarisch gesehen nahe liegend. Aber Sie haben Recht, die Mitglieder des Rates – der Rat der evangelischen Kirche in Deutschland ist ja eingeladen – und das kann ich jetzt nicht abschätzen. Das wäre natürlich ein gutes Zeichen gewesen, zu sagen: Bei Euch gibt es Bischöfinnen und jetzt laden wir auch diejenigen ein, die bei Euch dieses Amt wahrnehmen. Das ist sicher ein Defizit, die Ordination von Frauen. Das ist ja auch ein Punkt, den wir praktizieren – allerdings auch noch nicht jahrhundertelang, sondern auch erst in unserem vorigen Jahrhundert, aber wo wir weiterkommen müssten. Bei dem großen Pfarrermangel, Priestermangel wäre das natürlich auch ein Schritt nach vorne für die katholische Kirche, den man ihr nur wünschen kann. Und wir machen ja sehr gute Erfahrungen mit der Ordination von Frauen.
Heuer: Bischof Knuth, über die offizielle – oder halboffizielle – Begegnung heute Abend haben wir gesprochen. Wie sieht es denn aus, was die normalen – in Anführungsstrichen normalen – Besucher des Weltjugendtages angeht? Sind dort auch evangelische Jugendliche begeistert mit dabei?
Knuth: Das sind es sicher. Ich habe nur nicht den Überblick, wie viele das sind. Aber das sieht man ja schon auf den Kirchentagen, dass also Katholiken zum evangelischen Kirchentag fahren und evangelische Christen zum Katholikentag. Und, ich bin auch gefragt worden, ob ich da raten würde, dahin zu fahren. Ich würde sagen: Man soll hinfahren, wenn man möchte und das miterleben und das kritisch prüfen an der Schrift und an unserem Bekenntnis, wie weit man das akzeptiert und wie weit man das als evangelischer Christ eben auch sagt: Das kann ich so nicht akzeptieren. Zumal man ja nicht zugelassen ist zur Eucharistie – und das ist ja eigentlich das Herzstück der Gemeinschaft. Das ist natürlich ein schmerzlicher Ausdruck, aber ich fahre ja auch dahin und ich fahre gerne hin, obwohl ich weiß, dass ich evangelisch-lutherisch bin und ...
Heuer: Und Sie sind – entschuldigen Sie –, Sie sind gerade auf dem Weg. Deshalb - wir haben Bischof Knuth auf dem Autotelefon erreicht –, deshalb war die Verbindung nicht so gut, ich bitte das zu entschuldigen. Landesbischof Christian Knuth von der nordelbischen Kirche war das im Interview mit dem Deutschlandfunk. Ich danke Ihnen sehr.
Knuth: Nein, wir sind das ja in gewisser Weise gewohnt, dass in bestimmter Hinsicht da die Beziehungen immer schon enger waren. Auf der anderen Seite ist gerade diese Einladung heute – ich bin ja im Auto auf den Weg dorthin – ein Zeichen dafür, dass zur evangelischen Kirche entsprechende Kontakte gepflegt sind. Und aus der langen Geschichte der Beziehungen dieses Papstes, der ja auch Kardinal in München war, kann man eigentlich ganz deutlich ableiten, dass er sich genauso auch einsetzt für den Dialog mit den Evangelischen.
Heuer: Margot Käßmann, die Landesbischöfin in Hannover, hat im Vorfeld gesagt, sie hoffe auf ein deutliches Signal in Sachen Ökumene. Was könnte denn dieses "deutliche Signal" sein?
Knuth: Also einmal hat er selbst ja große Verdienste an dem Zustandekommen der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" zwischen Lutherischem Weltbund und Einheitssekretariat. Und ein erster Schritt wäre natürlich, daraus weitere Konsequenzen abzuleiten, ...
Heuer: Welche?
Knuth: ... also gemeinsames Abendmahl – oder jedenfalls eucharistische Gastfreundschaft. Und man müsste auch noch mal das etwas kritische Votum hinterfragen, dass er uns als "kirchliche Gemeinschaft" bezeichnet und nicht "Kirche" in dem Sinne. Das entspricht natürlich nicht unserem eigenen Selbstverständnis. Ob es da nicht eine unemotionale Möglichkeit gibt, sich zu verständigen, was denn der übergeordnete Begriff ist von Kirche, den wir beide teilen können. Also, es wird ja gesagt, er sagt das nur: "Ihr seid nicht Kirche in unserem Sinne", aber wir sind natürlich Kirche. Und in der Praxis ist das ja auch die ständige – es ist ja die Praxis, dass wir uns als Kirche gegenseitig wahrnehmen. Also, darüber könnte man auch sprechen. Und es ist auch zu beachten, dass es sehr gute Lehrgespräche gibt zwischen Lutherischem Weltbund und dem Einheitssekretariat. Die haben ja stattgefunden, die werden fortgesetzt. Und das sind drei Signale, die ich durchaus als sehr positiv einschätze.
Heuer: Lassen Sie uns noch mal auf das gemeinsame Abendmahl zu sprechen kommen: Das ist ein wunder Punkt und gerade dieser Papst ist in seiner Zeit als Präfekt der römischen Glaubenskongregation ja strikt vorgegangen gegen das gemeinsame Abendmahl – ich erwähne nur den Fall Hasenhüttl.
Knuth: Gut, ich habe auch jetzt von der eucharistischen Gastfreundschaft gesprochen. Die ist auch dogmatisch nicht vollkommen unmöglich: dass man eben teilnimmt an einem Abendmahl als evangelischer Christ, was von der katholischen Kirche eingesetzt wird, und umgekehrt als katholischer Christ an einer evangelischen Abendmahlfeier. Das ist in seelsorgerischen Ausnahmefällen ohnehin schon möglich. Und ich kann mir vorstellen, dass man die seelsorgerischen Ausnahmefälle, wenn sie im Prinzip möglich sind, dann auch noch ausweitet. Also zum Beispiel konfessionsgemischten Familien generell die Möglichkeit schafft. Was Hasenhüttl gemacht hat, das war wohl eben ohne Einverständnis mit seiner Kirche – obwohl ich persönlich natürlich das Vorgehen gegen ihn gar nicht verstehen kann und nicht akzeptieren kann. Aber das würde sich noch mal unterscheiden von einem Vorgehen, was dann offiziell genehmigt wird.
Heuer: Sie haben schon beklagt, Bischof Knuth, dass die katholische Kirche die evangelische Kirche nicht als Kirche anerkennt. Entsprechend sind heute Abend auch nicht Kirchenvertreter in diesem Sinne eingeladen, sondern es gab persönliche Einladungen an einzelne Vertreter, unter anderem eben an Sie. Es ist keine einzige Bischöfin unter den Gästen: Wie finden Sie das?
Knuth: Ja, also ich bin ja eingeladen worden nicht als Mann, sondern als leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und das ist also protokollarisch gesehen nahe liegend. Aber Sie haben Recht, die Mitglieder des Rates – der Rat der evangelischen Kirche in Deutschland ist ja eingeladen – und das kann ich jetzt nicht abschätzen. Das wäre natürlich ein gutes Zeichen gewesen, zu sagen: Bei Euch gibt es Bischöfinnen und jetzt laden wir auch diejenigen ein, die bei Euch dieses Amt wahrnehmen. Das ist sicher ein Defizit, die Ordination von Frauen. Das ist ja auch ein Punkt, den wir praktizieren – allerdings auch noch nicht jahrhundertelang, sondern auch erst in unserem vorigen Jahrhundert, aber wo wir weiterkommen müssten. Bei dem großen Pfarrermangel, Priestermangel wäre das natürlich auch ein Schritt nach vorne für die katholische Kirche, den man ihr nur wünschen kann. Und wir machen ja sehr gute Erfahrungen mit der Ordination von Frauen.
Heuer: Bischof Knuth, über die offizielle – oder halboffizielle – Begegnung heute Abend haben wir gesprochen. Wie sieht es denn aus, was die normalen – in Anführungsstrichen normalen – Besucher des Weltjugendtages angeht? Sind dort auch evangelische Jugendliche begeistert mit dabei?
Knuth: Das sind es sicher. Ich habe nur nicht den Überblick, wie viele das sind. Aber das sieht man ja schon auf den Kirchentagen, dass also Katholiken zum evangelischen Kirchentag fahren und evangelische Christen zum Katholikentag. Und, ich bin auch gefragt worden, ob ich da raten würde, dahin zu fahren. Ich würde sagen: Man soll hinfahren, wenn man möchte und das miterleben und das kritisch prüfen an der Schrift und an unserem Bekenntnis, wie weit man das akzeptiert und wie weit man das als evangelischer Christ eben auch sagt: Das kann ich so nicht akzeptieren. Zumal man ja nicht zugelassen ist zur Eucharistie – und das ist ja eigentlich das Herzstück der Gemeinschaft. Das ist natürlich ein schmerzlicher Ausdruck, aber ich fahre ja auch dahin und ich fahre gerne hin, obwohl ich weiß, dass ich evangelisch-lutherisch bin und ...
Heuer: Und Sie sind – entschuldigen Sie –, Sie sind gerade auf dem Weg. Deshalb - wir haben Bischof Knuth auf dem Autotelefon erreicht –, deshalb war die Verbindung nicht so gut, ich bitte das zu entschuldigen. Landesbischof Christian Knuth von der nordelbischen Kirche war das im Interview mit dem Deutschlandfunk. Ich danke Ihnen sehr.