Wahrscheinlich ist dieses Wiedersehen in Fleisch und Blut des mythischen Kino-Paares aus Die Frau nebenan die schönste Hommage an den vor genau 20 Jahren gestorbenen François Truffaut. Dass sie vor kurzem in dem Film «Nathalie» zusammen auftraten, ging ziemlich sang- und klanglos unter. Auch die Tatsache, dass gleichzeitig Alain Delon das Théâtre Marigny an den Champs-Elysées unsicher macht, war nicht das Erdbeben der Saison. Alle Welt wollte, dass das Rencontre Ardant Depardieu das Ereignis sei.
Welche Textvorlage die beiden zwischen die Zähne nehmen, war eigentlich ziemlich unerheblich, ebenso wie die Frage, welcher Regisseur sich von den beiden Leinwandgrössen die Regie diktieren lassen würde. Dennoch wurde in diesen Bereichen alles andere als geschlampt. Henry James, der lange vergessene Autor, der im vergangenen Jahrzehnt zum Anlass für gediegene romantische Schauspielerfilme diente, darf nun auch im Theater wieder einmal Auferstehung feiern.
1988 konnte man «La Bête dans la Jungle» bereits im französischen Fernsehen mit Delphine Seyrig und Sami Frey sehen, auch schon in der Bearbeitung durch Marguerite Duras. Der zur Zeit des Ersten Weltkriegs gestorbene Romancier und Novellist war wahrscheinlich der englischste unter den amerikanischen Autoren. Irgendwann dankte es ihm das Königshaus durch einen britischen Pass. James atmete durch, weil er nicht ertrug, dass Amerika nicht in den Krieg eingriff.
Henry James konnte sich Männer durchaus heroisch vorstellen, aber in La Bête dans la Jungle interessiert ihn der Mann der abendländischen Zivilisation, der unfähig zur Handlung ist, der kein Wort sagen kann, selbst wenn die schönste und begehrenswerteste aller Frauen vor ihm steht. Nur einmal, vor 10 Jahren in Italien, hat er etwas von sich preisgegeben, die Bedrohung durch das Tier im Dschungel des eigenen Ich, die lebenslange Erwartung einer Katastrophe.
Bezeichnenderweise hat er dieses Geständnis vergessen, die Frau, die sich damals in ihn verliebte, muss ihn daran erinnern. Bezeichnenderweise antwortet er nicht auf die dreifache Frage, ob er Angst hat. Und bevor das Paar sein auf ewig platonisches Verhältnis erneuert, hat dieser egoistisch vermauerte Mann sich schon dreimal verraten. Die Katastrophe des Mannes ist er selber.
Wer Fanny Ardant liebt, wird im Théâtre de la Madeleine gut bedient, wenn auch ein wenig klischeehaft. Dass sie immer heller und frischer wird, je mehr sich der Tod nähert, das ist ein Konzept mit Widerhaken, das aufgeht. Was sich Regisseur Lassalle zu Gérard Depardieu dachte, ist zwar theoretisch richtig, aber für den Zuschauer nicht sehr genussvoll. Depardieu macht sich ganz klein bis zur Unscheinbarkeit. Das ist kaum zu begreifen. Ein Mann, der ein schwarzes Geheimnis mit sich trägt, muss doch zumindest gezeichnet sein durch die Anstrengung es zu verbergen. Er müsste den Verdacht zulassen, dass er ein schreckliches Doppelleben führt, nachts an der Themse den Mädchen auflauert wie Jack the Ripper.
Nur wer von einer solchen Tragik umflort ist, könnte doch bewirken, dass so eine wunderbare Frau wie Fanny Ardant sich in ihn verliebt. Aber nein, der Schauspieler, der im Programmheft als Gérard Depardieu firmiert, darf nur stocksteif herumstehen, im Winkel von 45 Grad zur Rampe emotionslos seinen Text ins Publikum sagen. Wir haben ja nicht erwartet, dass er Obelix oder Cyrano zitiert, aber einen Funken englischen Humor, oder einen Splitter des Wahnsinns, den es kostet nicht leben und lieben zu können, hätten wir uns schon gewünscht. Die Regie setzte auf das Rezept: gar nichts verraten vom Schmerz bis zum Schluss. Am bitteren Ende stürzt sich Depardieu mit einem gurgelnden Schrei auf das Totenbett der Verblichenen.
So bleibt das grosse Geheimnis dieses Abends banal: Warum musste Depardieu sein Temperament in der Garderobe abgeben? Das war also ein Theaterereignis mit deutlichem Minus auf dem männlichen Konto, dieses Evènénement im Théâtre de la Madeleine, aber es endete wie in grosser Theaterzeit. Die Verehrer johlten, rote Rosen und weisse Kamelien flogen auf die Bühne.
Welche Textvorlage die beiden zwischen die Zähne nehmen, war eigentlich ziemlich unerheblich, ebenso wie die Frage, welcher Regisseur sich von den beiden Leinwandgrössen die Regie diktieren lassen würde. Dennoch wurde in diesen Bereichen alles andere als geschlampt. Henry James, der lange vergessene Autor, der im vergangenen Jahrzehnt zum Anlass für gediegene romantische Schauspielerfilme diente, darf nun auch im Theater wieder einmal Auferstehung feiern.
1988 konnte man «La Bête dans la Jungle» bereits im französischen Fernsehen mit Delphine Seyrig und Sami Frey sehen, auch schon in der Bearbeitung durch Marguerite Duras. Der zur Zeit des Ersten Weltkriegs gestorbene Romancier und Novellist war wahrscheinlich der englischste unter den amerikanischen Autoren. Irgendwann dankte es ihm das Königshaus durch einen britischen Pass. James atmete durch, weil er nicht ertrug, dass Amerika nicht in den Krieg eingriff.
Henry James konnte sich Männer durchaus heroisch vorstellen, aber in La Bête dans la Jungle interessiert ihn der Mann der abendländischen Zivilisation, der unfähig zur Handlung ist, der kein Wort sagen kann, selbst wenn die schönste und begehrenswerteste aller Frauen vor ihm steht. Nur einmal, vor 10 Jahren in Italien, hat er etwas von sich preisgegeben, die Bedrohung durch das Tier im Dschungel des eigenen Ich, die lebenslange Erwartung einer Katastrophe.
Bezeichnenderweise hat er dieses Geständnis vergessen, die Frau, die sich damals in ihn verliebte, muss ihn daran erinnern. Bezeichnenderweise antwortet er nicht auf die dreifache Frage, ob er Angst hat. Und bevor das Paar sein auf ewig platonisches Verhältnis erneuert, hat dieser egoistisch vermauerte Mann sich schon dreimal verraten. Die Katastrophe des Mannes ist er selber.
Wer Fanny Ardant liebt, wird im Théâtre de la Madeleine gut bedient, wenn auch ein wenig klischeehaft. Dass sie immer heller und frischer wird, je mehr sich der Tod nähert, das ist ein Konzept mit Widerhaken, das aufgeht. Was sich Regisseur Lassalle zu Gérard Depardieu dachte, ist zwar theoretisch richtig, aber für den Zuschauer nicht sehr genussvoll. Depardieu macht sich ganz klein bis zur Unscheinbarkeit. Das ist kaum zu begreifen. Ein Mann, der ein schwarzes Geheimnis mit sich trägt, muss doch zumindest gezeichnet sein durch die Anstrengung es zu verbergen. Er müsste den Verdacht zulassen, dass er ein schreckliches Doppelleben führt, nachts an der Themse den Mädchen auflauert wie Jack the Ripper.
Nur wer von einer solchen Tragik umflort ist, könnte doch bewirken, dass so eine wunderbare Frau wie Fanny Ardant sich in ihn verliebt. Aber nein, der Schauspieler, der im Programmheft als Gérard Depardieu firmiert, darf nur stocksteif herumstehen, im Winkel von 45 Grad zur Rampe emotionslos seinen Text ins Publikum sagen. Wir haben ja nicht erwartet, dass er Obelix oder Cyrano zitiert, aber einen Funken englischen Humor, oder einen Splitter des Wahnsinns, den es kostet nicht leben und lieben zu können, hätten wir uns schon gewünscht. Die Regie setzte auf das Rezept: gar nichts verraten vom Schmerz bis zum Schluss. Am bitteren Ende stürzt sich Depardieu mit einem gurgelnden Schrei auf das Totenbett der Verblichenen.
So bleibt das grosse Geheimnis dieses Abends banal: Warum musste Depardieu sein Temperament in der Garderobe abgeben? Das war also ein Theaterereignis mit deutlichem Minus auf dem männlichen Konto, dieses Evènénement im Théâtre de la Madeleine, aber es endete wie in grosser Theaterzeit. Die Verehrer johlten, rote Rosen und weisse Kamelien flogen auf die Bühne.