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Evolution mit dem Laser-Strahl

Physik. - Isotope sind Elemente, die sich zwar chemisch gleich verhalten, aber unterschiedlich schwer sind. Ein auch in der Medizin eingesetztes Isotop ist das Iod-131, das leicht radioaktiv ist. Ärzte nutzen Iod 131 als Kontrastmittel in der Diagnostik. Liegen verschiedene Isotop jedoch als Mischung vor, etwa Iod mit Iod 131, dann sind sie schwierig zu trennen. Physiker in Berlin haben nun ein schnelles Verfahren dazu entwickelt: Sie trennen die beiden Teilchensorten mit einem speziellen Laseraufbau, der sich sogar selber auf die Aufgabe optimiert.

15.12.2004
    In einem kleinen Ofenrohr erzeugt der Physiker Albrecht Lindinger von der Freien Universität Berlin den Molekülstrahl, den er mit einem Laser in seine einzelnen Isotope aufspalten will: "An der Spitze des Ofens ist ein sehr keines Loch, durch das der Molekularstrahl in das Vakuum expandiert. Danach geht dieser gerichtete Molekularstrahl durch die ganz Apparatur." Der Strahl enthält zwei Sorten Kalium-Moleküle, die aus jeweils zwei verbundenen Kalium-Molekülen aufgebaut sind: Einmal handelt es sich dabei um ein Paar aus so genannten Kalium-39-Atomen, bei der anderen Sorte ist eines der Atome durch das schwerere Kalium-41-Isotop ersetzt. Der Strahl wird auf seinem Weg durch die rund zwei Meter lange Apparatur von einem Laser beschossen. Ein Detektor findet dann am Ende in dem Molekularstrahl rund sieben Mal so viele rein aus Kalium-39 ausgebaute Moleküle wie Moleküle der schwereren Sorte. Dieses Verhältnis will der Physiker durch Änderungen am Laserpuls vergrößern.

    Welche Änderung die gewünschten Ergebnisse bringt, könnte man durch langwierige Versuchsreihen mit ständiger Nachkontrolle versuchen herauszufinden. Lindinger setzt aber stattdessen auf Evolution im Computer. Zunächst werden dazu schrittweise die Eigenschaften der Lichtimpulse wie Farbe oder Helligkeit mutiert. Lindinger: "Man strahlt zu Anfang zufällige lange Pulse auf diese Moleküle ein, danach wenden wir so genannte evolutionäre Strategien an, wobei wir zuerst aus diesen zufälligen Pulsformen sozusagen Nachkommen erzeugen, indem wir die einzelnen Pulselemente vertauschen." Zur Mutation kommt - ganz wie bei Charles Darwin - die Selektion hinzu: Nur die Elemente der erfolgreichsten Pulsfolgen sollen überleben und sich fortpflanzen. Nach etwa 100 Generationen ist der Erfolg beachtlich: Der Detektor finden 70 Mal so viele leichte wie schwere Moleküle, die Trennleistung hat sich also verzehnfacht.

    Das hat selbst die Forscher um Albrecht Lindinger verblüfft: "Wir konnten uns das erst nicht erklären. Wir haben dann versucht, den optimalen Puls zu analysieren, um Informationen über diesen Prozess zu bekommen." Wenn die Kalium-Moleküle den Laserblitz aufnehmen, durchlaufen sie in Windeseile verschiedene Energiestufen, die sich bei den beiden Isotopen um eine Winzigkeit unterschieden. Deshalb kann ein Lichtpuls, der nur bestimmte Farben enthält und sie in charakteristischer Reihenfolge aneinanderhängt, eines der beiden Isotope gezielt erreichen. Allerdings gibt es dafür auch andere, schon etablierte Verfahren. Ludger Wöste, Leiter der Arbeitsgruppe an der Freien Universität: "Beispielsweise gibt es Zentrifugen. Dort muss man Riesenkaskaden bauen, um in ganz vielen sich wiederholenden Schritten immer wieder ganz schwache Anreicherungen zu erreichen. Hier schafft man so etwas in einem Schritt. Dann gibt es die anderen Laserverfahren, dort kann man mit sehr hochauflösenden Lasern nur einen ganz kleinen Teil der Teilchen anregen."

    Für komplizierte Moleküle in kleinen Mengen könnte die neue Laserpulsmethode besser geeignet sein. Gerade wenn das Anregungsverhalten zu komplex für Vorhersagen ist, sollte es sich auszahlen, die Optimierung der Mini-Evolution zu überlassen.

    [Quelle: Michael Fuhs]