Die Anzeichen verdichten sich: Es wird bald einen neuen großen Börsengang geben, der eines Kandidaten für die erste Börsenliga, den Deutschen Aktienindex, in dem nur die nach Börsenwert und Handelsumsatz 30 größten Aktiengesellschaften Platz haben. Wenn Evonik an die Börse kommt, ist für Fachleute klar, wer da kommt:
"Im Wesentlichen kommt da die alte Degussa an die Börse, also Spezialchemie, wie wir sie aus der Historie kennen."
… weiß Thomas Schiessle, Chemieanalyst in seiner eigenen Firma Equi.ts.
Die Degussa war 2006 vollständig in den Besitz der Ruhrkohle AG gelangt. Sie war damals das drittgrößte deutsche Chemieunternehmen und einer der weltweit führenden Anbieter in der Spezialchemie. Die produziert oft diffizile, forschungsintensive Produkte ohne Massenmarkt. So stellt Evonik etwa Hautschutz gegen wässrige Arbeitsstoffe her.
Unter dem Namen Evonik war die Degussa 2006 mit den anderen Aktivitäten der Ruhrkohle AG zusammengefasst worden. Das waren im Wesentlichen die Stromerzeugung aus Steinkohle und die Rolle als Großvermieter von ehemaligen Bergarbeiterwohnungen. Die Stromerzeugung unter dem Namen Steag wurde vor gut einem Jahr mehrheitlich an ein Konsortium nordrhein-westfälischer Stadtwerke verkauft. Die Bergarbeiterwohnungen, an denen auch die Gewerkschaft IGBCE beteiligt ist, sollen nach dem Börsengang verkauft werden – ein Plan, der Rücksicht verlangen wird. Thomas Schiessle:
"Es geht um über 130.000 Wohnungen, in Nordrhein-Westfalen vorwiegend. Die Eigner dieser Wohnungen müssen eine Perspektive bekommen, um auch den Mietern eine Perspektive geben zu können."
"Und die IGBCE ist Miteigentümer ?"
"Exakt. Die ihrerseits natürlich ein Interesse daran, die Wohnungswirtschaft dort sozialverträglich zu gestalten."
Übrig bleiben wird ein Spezialchemiekonzern. Seine Bedeutung kommt sicher auch darin zum Ausdruck, dass sein Chef, Klaus Engel, zugleich als Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie amtiert. Er weiß aus seinem Unternehmen und aus der Branche, dass der Optimismus in der Chemie allenfalls angenagt erscheint, keineswegs gebrochen ist:
"Wegen der ungelösten Staatsschuldenkrise und der daraus resultierenden Verunsicherung von Bürgern und Unternehmen geht auch unsere Prognose für das Jahr 2012 von niedrigen Zuwächsen aus. Aber von Krisenstimmung in unserer Brache kann keine Rede sein. Denn es wird weiter aufwärtsgehen."
Die Eigentümer von Evonik sind derzeit zu 75 Prozent die RAG-Stiftung und zu 25 Prozent der amerikanische Finanzinvestor CVC. Der ist 2008 eingestiegen für 2,5 Milliarden Euro und will spätestens 2013 wieder raus, mit Gewinn natürlich. Die RAG-Stiftung braucht von 2019 an jedes Jahr rund 200 Millionen Euro, um die Ewigkeitslasten des Ruhrkohlebergbaus zu finanzieren, vor allem das Abpumpen von Grubenwasser. Das läuft aus Grundwasserschichten oder benachbarten Bergwerken in die alten Schächte und Stollen. Würde es nicht abgepumpt, würde Methangas an die Tagesoberfläche gedrückt, sich die Erdoberfläche heben, das Ruhrgebiet, volkstümlich formuliert, absaufen: eine Aufgabe, die nie enden wird.
Das will die RAG-Stiftung aus ihrem Vermögen finanzieren. Und aus den Dividenden der Evonik. In einem ersten Schritt könnten insgesamt 30 Prozent des Grundkapitals an die Börse kommen. Wert: etwa fünf Milliarden Euro. Das Kuratorium der Stiftung tagt heute in New York. Kurz vor 18 Uhr dürfte seine Empfehlung zum Börsengang kommen. Bisher hört man: eine positive.
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"Im Wesentlichen kommt da die alte Degussa an die Börse, also Spezialchemie, wie wir sie aus der Historie kennen."
… weiß Thomas Schiessle, Chemieanalyst in seiner eigenen Firma Equi.ts.
Die Degussa war 2006 vollständig in den Besitz der Ruhrkohle AG gelangt. Sie war damals das drittgrößte deutsche Chemieunternehmen und einer der weltweit führenden Anbieter in der Spezialchemie. Die produziert oft diffizile, forschungsintensive Produkte ohne Massenmarkt. So stellt Evonik etwa Hautschutz gegen wässrige Arbeitsstoffe her.
Unter dem Namen Evonik war die Degussa 2006 mit den anderen Aktivitäten der Ruhrkohle AG zusammengefasst worden. Das waren im Wesentlichen die Stromerzeugung aus Steinkohle und die Rolle als Großvermieter von ehemaligen Bergarbeiterwohnungen. Die Stromerzeugung unter dem Namen Steag wurde vor gut einem Jahr mehrheitlich an ein Konsortium nordrhein-westfälischer Stadtwerke verkauft. Die Bergarbeiterwohnungen, an denen auch die Gewerkschaft IGBCE beteiligt ist, sollen nach dem Börsengang verkauft werden – ein Plan, der Rücksicht verlangen wird. Thomas Schiessle:
"Es geht um über 130.000 Wohnungen, in Nordrhein-Westfalen vorwiegend. Die Eigner dieser Wohnungen müssen eine Perspektive bekommen, um auch den Mietern eine Perspektive geben zu können."
"Und die IGBCE ist Miteigentümer ?"
"Exakt. Die ihrerseits natürlich ein Interesse daran, die Wohnungswirtschaft dort sozialverträglich zu gestalten."
Übrig bleiben wird ein Spezialchemiekonzern. Seine Bedeutung kommt sicher auch darin zum Ausdruck, dass sein Chef, Klaus Engel, zugleich als Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie amtiert. Er weiß aus seinem Unternehmen und aus der Branche, dass der Optimismus in der Chemie allenfalls angenagt erscheint, keineswegs gebrochen ist:
"Wegen der ungelösten Staatsschuldenkrise und der daraus resultierenden Verunsicherung von Bürgern und Unternehmen geht auch unsere Prognose für das Jahr 2012 von niedrigen Zuwächsen aus. Aber von Krisenstimmung in unserer Brache kann keine Rede sein. Denn es wird weiter aufwärtsgehen."
Die Eigentümer von Evonik sind derzeit zu 75 Prozent die RAG-Stiftung und zu 25 Prozent der amerikanische Finanzinvestor CVC. Der ist 2008 eingestiegen für 2,5 Milliarden Euro und will spätestens 2013 wieder raus, mit Gewinn natürlich. Die RAG-Stiftung braucht von 2019 an jedes Jahr rund 200 Millionen Euro, um die Ewigkeitslasten des Ruhrkohlebergbaus zu finanzieren, vor allem das Abpumpen von Grubenwasser. Das läuft aus Grundwasserschichten oder benachbarten Bergwerken in die alten Schächte und Stollen. Würde es nicht abgepumpt, würde Methangas an die Tagesoberfläche gedrückt, sich die Erdoberfläche heben, das Ruhrgebiet, volkstümlich formuliert, absaufen: eine Aufgabe, die nie enden wird.
Das will die RAG-Stiftung aus ihrem Vermögen finanzieren. Und aus den Dividenden der Evonik. In einem ersten Schritt könnten insgesamt 30 Prozent des Grundkapitals an die Börse kommen. Wert: etwa fünf Milliarden Euro. Das Kuratorium der Stiftung tagt heute in New York. Kurz vor 18 Uhr dürfte seine Empfehlung zum Börsengang kommen. Bisher hört man: eine positive.
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