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Ewigkeitskosten Kohleausstieg
RAG-Stiftung will Steuerzahler nicht belasten

Bis Ende 2018 schließen die letzten Kohle-Bergwerke in Deutschland. Ab dann muss sich die RAG-Stiftung mit den Altlasten aus dem Steinkohlebergbau beschäftigen. Stiftungsvorstand Werner Müller versicherte nun, dass der Steinkohle-Ausstieg wohl langfristig ohne Beteiligung der Steuerzahler finanziert werden könne.

Von Vivien Leue | 23.05.2016
    Ein Stück Kohle in der Hand eines Grubenarbeiters
    Der Steinkohlebergbau erhält ab 2018 keine Förderung mehr. (imago/Xinhua)
    In zweieinhalb Jahren ist es soweit: Dann werden auch die letzten Kohle-Bergwerke in Deutschland den Betrieb einstellen. Für die damit zusammenhängenden Kosten wurde 2007 die RAG-Stiftung gegründet. Ihr Vermögen setzt sich größtenteils aus Beteiligungen, vor allem am Chemiekonzern Evonik zusammen.
    Stiftungsvorstand Werner Müller versicherte heute, dass der Steinkohle-Ausstieg wohl langfristig ohne Beteiligung der Steuerzahler finanziert werden kann: "Die Stiftungslösung funktioniert. Wir nehmen unverändert deutlich mehr ein, als wir künftig ausgeben müssen."
    In Zahlen erwirtschaftete die Stiftung im vergangenen Jahr rund 334 Millionen Euro. Damit konnten die Rückstellungen für die sogenannten Ewigkeitslasten auf knapp 4,5 Milliarden Euro erhöht werden. Zwar habe sich vor allem durch die anhaltende Niedrigzinsphase auch die Höhe der Gesamtverpflichtung nach oben entwickelt. "Viel wichtiger ist für uns, dass wir vorausschauend doppelt so viele Einnahmen haben wie Ausgaben. Gesetzt den völlig theoretischen Fall, wir hätten längere Zeit gar keine Einnahmen, könnten wir unseren Verpflichtungen über gut sechs Jahrzehnte weiterhin problemlos nachkommen." Ab 2019 fallen Berechnungen zufolge jährlich rund 220 Millionen Euro an Folgekosten an, zum Beispiel für das Abpumpen von Wasser.
    Stiftung engagiert sich auch gesellschaftspolitisch
    Vor dem Hintergrund des aktuellen Streits um die Finanzierung des Atom-Ausstiegs, der zwischen Bundesregierung und Energieversorgern herrscht, dürfte der Geschäftsbericht der RAG-Stiftung mit Interesse aufgenommen werden. Größtes Vermögen der Stiftung ist die Zweidrittelmehrheit an Evonik, der aktuell unter einem schwachen Aktienkurs leidet. Analysten fürchteten schon, dass die Dividenden-Ausschüttung nicht reichen könnte, um die Ewigkeitslasten der deutschen Steinkohle nachhaltig zu decken. RAG-Stiftungs-Chef Müller gab sich allerdings zuversichtlich: "Evonik ist ein gut verdienendes Unternehmen, das für 2016 prognostizierte Ergebnis liegt zwar unter dem außerordentlichen Vorjahresergebnis, aber deutlich über dem Ergebnis von 2014."
    Wann eine langfristig geplante Reduzierung der Evonik-Anteile beginnen könnte, dazu wollte Müller heute keinen Zeitplan nennen. Stattdessen kündigte er an, sich weiter an mittelständischen Unternehmen zu beteiligen.
    Die Stiftung engagiert sich auch gesamtgesellschaftlich. So seien 1,5 Millionen Euro für ein Integrationsprojekt für Flüchtlinge bereitgestellt worden, sagte Bärbel Bergerhoff-Wodopia, im Vorstand für Personal zuständig. "Die RAG-Stiftung wird auch weiterhin ihren Beitrag dazu leisten, dass der Rückzug des Bergbaus nicht mit Perspektivlosigkeit in den Revieren einhergeht."
    Das Förderbudget für entsprechende Projekte lag 2015 bei 7,5 Millionen Euro und soll in diesem Jahr auf 10,5 Millionen Euro steigen." Den größten Raum bei der Projektförderung nimmt weiterhin die Bildung ein. Gerade hier hat der Steinkohlebergbau einen wichtigen Beitrag für junge Menschen in den Regionen geleistet."
    Insgesamt präsentierte sich der Vorstand trotz eines schwierigen allgemeinen Finanzumfelds heute zuversichtlich und versicherte: Die Ära nach dem aktiven Steinkohlebergbau könne kommen.