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Ex-HRK-Präsident Peter Gaehtgens über die Gründe für seinen Rücktritt

Peter Gaehtgens, der am Mittwoch überraschend von seinem Amt als Präsident der Hochschulrektorenkonferenz zurückgetreten war, hat vor allem die unterschiedliche Bewertung der Rolle des HRK-Generalsekretärs als Grund für die Meinungsverschiedenheiten im Präsidium genannt. Die HRK sollte nach Ansicht Gaehtgens einen Prozess der Professionalisierung in Gang setzen, an dem ein Generalsekretär inhaltlich und strategisch stärker mitwirken kann.

Moderation: Armin Himmelrath |
    Armin Himmelrath: Dem Vernehmen nach haben Ihnen ja Ihre sieben Vizepräsidenten bei der HRK zwei Dinge vorgeworfen: Einmal, dass Sie, zusammen mit der Generalsekretärin, Christiane Ebel-Gabriel, zu viel Einfluss anstrebten und damit so gewissermaßen das Präsidium entmachten wollten; zum anderen aber auch, dass bei dieser engen Zusammenarbeit private Gründe ausschlaggebend gewesen sein sollen. Was war denn nun wirklich los am Mittwoch in Bremen?

    Peter Gaehtgens: Na ja, lassen Sie uns mal die privaten Gründe außen vor lassen, denn, ich denke, das sind eben - wie Sie zu Recht sagen - private Gründe, die mit der Amtlichkeit nichts zu tun haben. Und ich finde, es gebietet der Respekt, dass man den Menschen ihre persönlichen Entscheidungen für ihre Lebenswege zugesteht, da muss man sich nicht von außen einmischen. Aber die sachlichen Gründe, die als eine - wie Sie gesagt haben - Meinungsverschiedenheit - Sie haben sogar gesagt: Streit - ausgelöst haben, diese sachlichen Gründe sind natürlich doch erheblich. Es geht schon darum, dass dem Präsidenten - und insbesondere der Generalsekretärin - vorgeworfen wurde, einen zu starken, einen zu dominanten Eindruck nach innen und nach außen erweckt zu haben, in der täglichen Arbeit, die verrichtet wird, so dass die Vizepräsidenten das Gefühl geäußert haben, sie seien zu wenig beteiligt an dem, was im Präsidium geschähe und so weiter. Das ist, glaube ich, einerseits eine subjektiv wahrgenommene Tatsache, andererseits aber liegt eben auch ein tatsächliches Problem zugrunde, über das man sich in der Rektorenkonferenz, glaube ich, doch auseinander setzen muss. Die im Übrigen - im Gegensatz zu Ihrem Vorspann - natürlich nicht kopflos ist, selbst wenn sie jetzt keinen Präsidenten mehr hat. Denn es gibt natürlich einen Stellvertreter des Präsidenten, der jetzt die Amtsgeschäfte führt.

    Himmelrath: Aber ein starker Präsident, das ist doch eigentlich nichts Neues bei der Hochschulrektorenkonferenz? Ihr Vorgänger, Klaus Landfried, war ja auch bekannt für seine starken Worte; er hat immer sehr pointiert Position bezogen. Sie haben das im Grunde fortgeführt, natürlich mit Ihrer eigenen persönlichen Note. Aber das ist doch nichts Neues. Die Rolle, die da diskutiert wird, ist offenbar die des Generalsekretärs, in dem Fall der Generalsekretärin?

    Gaehtgens: Ja, das ist, glaube ich, in der Tat der eigentliche Problempunkt. Sie sagen zu Recht, dass es nichts Neues ist. Man muss ja mal sich darüber klar werden: Präsident und Generalsekretär sind sozusagen zwei Fulltimejobs, das sind zwei Menschen, die den ganzen Tag mit ihrer Arbeitsleistung für die Aufgabe zur Verfügung stehen. Die Vizepräsidenten im Präsidium sind aber alle gleichzeitig amtierende Präsidenten oder Rektoren in einer Hochschule irgendwo in Deutschland. Das heißt, eigentlich haben sie einen Fulltimejob an anderer Stelle. Und allein deswegen schon, weil ihr Kalender dort natürlich reichlich voll ist, können sie gar nicht mit dem gleichen Engagement, mit der gleichen zeitlichen Aktivität sich um die HRK kümmern. Insofern gibt es allein von der Natur her dort bereits Unterschiede. Der zweite Punkt ist natürlich aber auch insbesondere die Rolle eines Generalsekretärs in einem Präsidium. Und da fordere ich eben ein, dass auch die Rektorenkonferenz - so wie andere Wissenschaftsorganisationen - einen Prozess der Professionalisierung in Gang setzen müssen. Das heißt auch, einen Generalsekretär die Aufgabe zuweisen - oder zulassen, dass er die Aufgabe übernimmt -, strategisch-inhaltlich mitzuwirken an dem, was im Präsidium stattfindet, also ein vollwertiges Mitglied des Präsidiums zu sein. Das ist derzeit in der Hochschulrektorenkonferenz-Satzung nicht so vorgesehen. Frau Ebel-Gabriel hat aber mit Beginn ihrer Tätigkeit bereits klargemacht, dass sie in ihrem Amtsverständnis auch eine politische Rolle für den Generalsekretär sieht und das so ausfüllen wird, und das hat damals auch durchaus die Zustimmung der Rektoren gefunden.

    Himmelrath: Jetzt sieht man die Differenzen zwischen Ihnen und dem Rest des Präsidiums, die ja wohl letztlich dann auch zum Rücktritt haben. Sahen Sie keine Möglichkeit mehr, Ihre Amtszeit bis zum nächsten Sommer noch in Ruhe oder gegenseitigem Einvernehmen zu Ende zu bringen?

    Gaehtgens: Nein, denn es ist mir sozusagen abverlangt worden, an diesem Tage, an dem wir da in einem Gespräch lange darüber debattiert haben, an diesem Tage eine klare Erklärung abzugeben, dass ich für die im nächsten Jahr anstehende Wahl nicht mehr antreten würde. Und dann könnte man die Situation, so wie sie jetzt ist - wie sie aber als beschwerlich empfunden wird -, dann noch bis zum Ende der Amtszeit akzeptieren. Dieses aber, finde ich, ist eine Zumutung mir gegenüber. Ich kann angesichts der Tatsache, dass wir ganz offensichtlich nicht mehr eine Vertrauensgrundlage im Präsidium haben - und wir haben über dieses Generalproblem, das ich eben erwähnt habe, schon seit einigen Monaten gesprochen und nach meinem Eindruck auch ein Einvernehmen erzielt, das aber jetzt wieder aufgehoben ist -, da wir keine Vertrauensgrundlage mehr haben, sehe ich keinen Sinn darin, nun acht Monate noch weiter dort tätig zu sein. Die Vizepräsidenten haben mir klar gesagt, dass dies so - und diese Voraussetzung, nämlich dass ich eine solche Erklärung abgebe, die Voraussetzung dafür wäre, dass die Mitgliedschaft mich noch ertragen könnte. Und dann habe ich gesagt: Dann, wenn Sie so wollen, ziehe ich dann lieber selber die Konsequenz und trete aus dem Amt zurück. Ich glaube, die Rektorenkonferenz muss sich jetzt überlegen, wie sie mit diesem Problem umgeht, wie sie eine Lösung für diese Fragestellung findet, und dann erst wird sie einen neuen Präsidenten finden können.

    Himmelrath: Zum Schluss noch eine kurze, persönliche Frage: Was werden Sie jetzt, nach Ihrem Rücktritt, machen? Haben Sie schon neue Aufgaben?

    Gaehtgens: Also zunächst mal bin ich ein freier Mensch. Neue Aufgaben sind mir noch nicht in den Schoß gefallen. Das Ganze kam ja auch für mich sehr überraschend. So schnell kann das also auch gar nicht gehen. Aber zunächst empfinde ich mal eine Entlastung. Ich sage aber auch dazu, dass ich diesen Job mit Freude gemacht habe und mit sehr viel Engagement gemacht habe. Und wenn ich zurückblicke, glaube ich auch, mit einigem Erfolg. Insofern tut es mir natürlich auch sehr Leid, dass ich ihn jetzt nicht weiterhin fortsetzen kann, aber so ist es nun einmal. Und dann werden sich die Dinge jetzt irgendwie langsam anders entwickeln.