Freitag, 29. März 2024

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Ex-Pfleger gesteht 100 Morde
"Högel hat genickt und Ja gesagt"

Der bereits zu lebenslanger Haft verurteilte ehemalige Krankenpfleger Niels Högel hat vor dem Landgericht Oldenburg 100 weitere Morde gestanden. Eine höhere Strafe kann er nicht mehr bekommen. Vielmehr gehe es in dem Prozess um Transparenz und Aufklärung, wie Korrespondentin Felicitas Boeselager berichtet.

Felicitas Boeselager im Gespräch mit Petra Ensminger | 30.10.2018
    Der wegen vielfachen Mordes Angeklagte Niels Högel kommt in den Gerichtssaal und hält sich eine blaue Mappe vor das Gesicht
    In Oldenburg hat der dritte Prozess gegen einen wegen Mordes bereits verurteilten ehemaligen Krankenpfleger mit einem Geständnis begonnen (Nicolas Martin / dpa / Julian Stratenschulte)
    Wegen der zahlreichen Zuschauer hatte das Landgericht Oldenburg den Prozess in die Weser-Ems-Hallen verlegt. In den Minuten, bevor Niels Högel den Saal dort betreten habe, sei die Atmosphäre sehr angespannt gewesen, berichtet Dlf-Landeskorrespondentin Felicitas Boeselager. Wenn man den Angeklagten dann sehe, "wie er da vor einem sitzt aus Fleisch und Blut", verliere er aber seinen Schrecken, so Böselager.
    Allein das Verlesen der Anklage mit den 100 einzelnen Fällen habe anderthalb Stunden benötigt. Der Richter habe den Angeklagten dann gefragt, ob er die meisten der ihm zu Last gelegten Taten begangen habe. "Dann hat Högel genickt und ja gesagt."
    Prozess für Aufklärung und Transparenz
    Högel wurde bereits 2015 in fünf Fällen wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilt. Dabei wurde auch eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Weil dieses Strafmaß nicht erhöht werden kann, gehe es in dem erneuten Prozess vor allem um Aufklärung und Transparenz, so Boeselager.
    Einige der Morde, die ihm zu Last gelegt werden, sind inzwischen 18 Jahre her. In den Jahren 2000 bis 2005 arbeitete Högel in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst als Krankenpfleger. Offenbar aus Gier nach Anerkennung spritzte er seinen Patienten heimlich Herzmedikamente, die ein Kammerflimmern verursachten. Infolgedessen versuchte er sie wiederzubeleben, um sich damit zu brüsten, sie gerettet zu haben. Vermutlich über 200 Patienten überlebten das nicht. Aber es lassen sich nicht mehr alle Taten nachweisen.
    Insgesamt wird es weitere 23 Prozesstage geben. Da sollen dann 23 neue Zeugen vernommen werden. Der letzte Prozesstag ist für Mitte Mai 2019 angesetzt.