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Ex-Regierungssprecher: Griechen sehen Samaras' Besuch bei Merkel "positiv"

Für den ehemaligen griechischen Regierungssprecher Evangelos Antonaros wird der gegenwärtige Besuch des griechischen Ministerpräsidenten in Deutschland und Frankreich positiv wahrgenommen. Wichtig für seine Landsleute sei vor allem die jüngste Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Griechenland in der Eurozone bleiben solle.

Evangelos Antonaros im Gespräch mit Jürgen Zurheide |
    Jürgen Zurheide: Dass die Griechen Männer wie den CSU-Generalsekretär oder den bayrischen Finanzminister kennen, das hat vermutlich weniger mit deren politischen Leistungen zu tun als vielmehr mit ihrer Fähigkeit, Themen populistisch zu behandeln und sich Beifall zu holen, na ja, zum Beispiel im Wahlkampf. Also, das ist die deutsche Sicht der Dinge, wo es dann immer ganz schnell heißt, Griechen und Euro und raus. Wir wollen aber heute Morgen mal nicht die deutsche Sicht der Dinge sehen und hören, sondern wir wollen fragen, wie wird denn in Griechenland im Moment die Stimmung wahrgenommen? Dazu begrüße ich am Telefon Evangelos Antonaros, früherer Regierungssprecher und früheres Mitglied des Parlamentes. Schönen guten Morgen!

    Evangelos Antonaros: Guten Morgen!

    Zurheide: Zunächst einmal: Wie wird denn der Besuch von Premierminister Samaras in Deutschland und auch heute in Frankreich wahrgenommen bei Ihnen heute Morgen in den Medien?

    Antonaros: Ich würde sagen, durchaus positiv. Also man spricht von einer guten Atmosphäre, positiven Atmosphäre zwischen der Bundeskanzlerin und dem griechischen Ministerpräsidenten. Man legt Wert auf die Tatsache, dass Frau Merkel in diesem Zusammenhang dafür eingetreten ist, und das sehr deutlich gesagt hat, dass Griechenland in der Eurozone bleiben soll. Das ist auch aus griechischer Sicht sehr wichtig und diesem Zweck, diesem Ziel dient auch die jetzige Reise des griechischen Ministerpräsident Samaras zunächst nach Berlin, und heute zum französischen Staatspräsidenten Hollande.

    Zurheide: Wenn wir jetzt den Merkel-Satz noch mal etwas genauer analysieren, sie haben es angesprochen, ja, Angela Merkel hat ein klares Bekenntnis abgelegt, die Griechen sollen im Euro bleiben, sie wünscht das. Die Frage ist, und so wird es dann hier wieder diskutiert, der Unterton, hat der mehr Drohung oder Beruhigung für Sie? Nimmt man diese Differenzierung so wahr?

    Antonaros: Man nimmt sie auch wahr. Und weil die neue griechische Regierung, Koalitionsregierung unter Samaras sich bisher sehr entschlossen gezeigt hat, das Paket, das Reformpaket auch umzusetzen, sieht man das auch als eine Ermutigung, in diesen Plänen voranzugehen. Wir betrachten das aus unserer Sicht als eine positive Entwicklung. Wir haben uns darauf festgelegt, dass wir die Privatisierungen, ein Gebiet, auf dem bisher so gut wie nichts getan worden ist, zügig vorangehen, dass wir die Strukturänderungen vornehmen, dass wir auch, und das hat sich ausgerechnet in dieser Sommersaison gezeigt, die Steuerhinterziehung bekämpfen.

    Zurheide: Jetzt gibt es auf der anderen Seite dann natürlich immer wieder die Hinweise, Sie haben es gerade selbst angesprochen, dass die häufig angekündigten Privatisierungsziele verfehlt werden. Und dann gibt es in Deutschland, zumal dann eben vom Stammtisch, ich habe es gerade angesprochen, im Wahlkampf diese Wenn-Dann-Systematik, also Hilfe nur, wenn dann, also unter Bedingungen.

    Antonaros: Ich finde es auch wichtig, dass bis zur Vorbereitung des nächsten Berichts der Troika, also der Vertreter der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds bis Ende September auch weitere Schritte von griechischer Seite unternommen werden, und das wird auch der Fall sein. Ich bin fest davon überzeugt. Damit unsere Partner die Gewissheit bekommen, dass wir es dieses Mal ehrlich meinen.

    Zurheide: Und auf der anderen Seite steht dann die Frage, wenn die Griechen das tun und wenn diese Verhandlungen und wenn diese Reformen vorankommen, ja dann brauchen wir mehr Zeit. Glauben Sie, dass da in Europa schon genügend Verständnis für da ist?

    Antonaros: Samaras hat das, glaube ich, auch auf den gestrigen gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin gesagt, wir brauchen ein bisschen Luft zum Atmen. Und wenn wir diese Luft zum Atmen bekommen, dann wird das auch bedeuten, dass sich in der Zwischenzeit, weil wir eben auf Wachstum setzen müssen, das ist auch sehr wichtig, dass sich auch die griechische Wirtschaft erholen wird. Wir haben jetzt im fünften Jahr hintereinander eine Rezession gehabt. Und das bedeutet, dass nicht zuletzt auch aus diesem Grunde, weil die Wirtschaftsleistung immer wieder geschrumpft ist, gewisse Ziele nicht erreichen können. Wenn wir dagegen die Wirtschaft wieder voranbringen, die Konjunktur beleben, dann ist es auch verständlich, dass wir auch unsere Ziele besser, schneller erreichen können. Deswegen ist es nicht unbedingt notwendig, dass wir, bei sozusagen einer Streckung der Zeit, ich mag dieses Wort nicht, aber das wird immer wieder benutzt, unbedingt mehr Geld brauchen werden. Denn das wird dann eben voraussetzen, dass sich die Wirtschaft erholt. Wir müssen den Verfall der griechischen Wirtschaft irgendwie stoppen. Sonst sind die Ziele nicht ohne Weiteres erreichbar. Das eine hängt vom anderen ab. Sonst entsteht ein Teufelskreis.

    Zurheide: Auf der anderen Seite, wenn man sich jetzt etwas Zeit kauft, wird das bei Ihnen, so wird das dann hier hin und wieder diskutiert, niemand als Beleg dafür nehmen, na ja, dann können wir uns ja wieder mehr Zeit lassen und dann machen wir eben bestimmte Reformen nicht. Sie glauben und sind überzeugt, dass dieser Mechanismus gebrochen ist?

    Antonaros: Ich glaube, dass auf jeden Fall die Ansätze da sind, um diese, wie soll ich sagen, dieses Misstrauen zu beseitigen. Und diesem Ziel hat gestern, das gestrige Gespräch der beiden Politiker auch gedient. Es darf natürlich zu keinem Stillstand kommen in den Bestrebungen, um eine Wiederbelebung der griechischen Wirtschaft gleichzeitig mit der Umsetzung der Reformvorhaben. Das eine geht mit dem anderen zusammen.

    Zurheide: Wie nimmt man solche Diskussionen wahr, wie sie denn hier geführt werden? Auch heute Morgen in den Nachrichten haben wir dann wieder berichtet davon, dass zumindest bei der CSU eindeutig manche sagen, Griechenland soll lieber raus aus dem Euro. Nimmt man das bei Ihnen wahr?

    Antonaros: Das nimmt man wahr. Und da ist man teilweise irritiert, teilweise fragt man sich, teilweise auch empört, teilweise fragt man sich, wieso ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt, wo ein, wie soll ich sagen, ein Durchbruch sich abzeichnet, um Missverständnisse zu überbrücken, wieso ausgerechnet jetzt solche Äußerungen notwendig sind. Aber, wissen Sie, in der Politik ist es immer so, dass es Zwischenrufe gibt. Man muss sich allerdings auf die Aussagen, wie soll ich sagen, der Protagonisten, der Entscheidungsträger konzentrieren. Das ist wichtig.

    Zurheide: Die Lage in Griechenland selbst, das war heute Morgen unser Thema, und mein Dank geht an Evangelos Antonaros, der uns erklärt hat, wie die Griechen heute Morgen die Lage in der Euro-Diskussion sehen. Herzlichen Dank für das Gespräch!

    Antonaros: Ich danke Ihnen auch!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.