Meeresverschmutzung
Expedition sucht Tausende Fässer mit Atommüll im Atlantik

Im Atlantik sollen zwischen den 1950er- und 1980er-Jahren mehr als 200.000 Fässer mit Atommüll versenkt worden sein. Eine internationale Expedition sucht jetzt danach - und will die Folgen erforschen.

    Ein gelbes Mini-Unterseeboot mit dem Aufdruck "ulyx" schwimmt an der Wasseroberfläche.
    Der Tauchroboter "Ulyx" soll bei der Suche nach Atommüll-Fässern im Nordatlantik helfen. (- / Flotte Océanographique Franç / -)
    Ein Team europäischer Forscherinnen und Forscher fährt nun in ein Gebiet, in dem etwa die Hälfte der Abfälle vermutet wird. Die genauen Positionen, an denen damals Tausende Fässer mit dem radioaktiven Müll entsorgt wurden, sind ebenso wie die genaue Anzahl nicht bekannt.

    Suche nach Atommüll und seinen Auswirkungen

    Als in Europa mit der zivilen Nutzung der Atomkraft begonnen wurde, stellte sich für viele Länder auch die Frage nach der Entsorgung der nuklearen Abfälle. Die Tiefen des Ozeans, fernab von der Küste und von menschlicher Aktivität, erschienen als günstige und einfache Option für die Entsorgung dessen, was in der Industrieentwicklung in Laboren anfiel. Über das Leben in den Weltmeeren wusste man damals wenig. Erst 1993 wurde die Entsorgung von Atommüll im Ozean schließlich untersagt.
    Wie der Leiter des Projekts NODSSUM (Nuclear Ocean Dump Site Survey Monitoring), Chardon, sagte, wurden die Fässer so konzipiert, dass sie dem Druck in der Tiefe standhalten - nicht aber so, dass sie die Radioaktivität wirklich einschließen. Der Physiker vermutet, dass schon seit längerem Radioaktivität aus den Behältern entweichen könnte.

    Hilfe von einem Tauchroboter

    Bei dem Projekt wollen die mehr als 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter auch ein Experte vom Thünen-Institut für Fischereiökologie in Bremerhaven, den Fässern auf die Spur kommen, die wohl in 3.000 bis 5.000 Meter Tiefe liegen. Das Suchareal liegt mehr als 1.000 Kilometer westlich der französischen Hafenstadt La Rochelle im Westeuropäischen Becken des Atlantiks. 
    Ziel ist es, die Folgen der Müllentsorgung im Meer neu zu bewerten und zu untersuchen, wie es um das Ökosystem steht. Die Fachleute wollen eine Karte mit Atomfass-Funden erstellen und etliche Proben von Wasser, Boden und Tieren nehmen. Zudem wollen sie ein Referenzgebiet untersuchen, um die Ergebnisse später zu vergleichen.
    Unterstützung bekommt das Team dabei von einem autonomen Tauchroboter, der bis zu 6.000 Meter in die Tiefe sinken kann und über physische und chemische Sensoren sowie eine Kamera für 3D-Bilder und ein Sonarsystem zur Ortung von Gegenständen mit Schall verfügt. Mit den Aufnahmen des Roboters wollen die Fachleute die einzelnen Fässer und deren Zustand aufspüren und ihre Position vermerken. Denn wo genau sich die Behälter befinden, ob sie einzeln oder in Gruppen liegen und ob sie noch intakt sind, ist derzeit nicht bekannt.
    Um die gesamte Fläche ihres Untersuchungsgebiets abzusuchen, bräuchte das Team eigenen Angaben zufolge Jahre. In der auf vier Wochen angelegten Expedition sollen zunächst etwa 200 Quadratkilometer in verschiedenen Zonen abgesucht werden. Ausgehend von den Roboterbildern entscheiden die Wissenschaftler dann, wo genau sie etwa Wasser oder Tiere entnehmen.

    Folgen der Lagerung bisher nicht einzuschätzen

    Nach der vierwöchigen Mission gehen die gesammelten Proben an verschiedene Labore in Europa. Nach der Auswertung ist eine zweite Ausfahrt geplant, um noch gezielter Proben nehmen zu können. Ein Termin dafür steht aber noch nicht fest.
    Diese Nachricht wurde am 16.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.