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Experiment gescheitert

1999 haben Hoffnungen wie Ängste die ersten Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Wein in Deutschland begleitet. Unter Federführung des Bundesinstituts für Rebenzüchtung im pfälzischen Siebeldingen sollte unter anderem herausgefunden werden, ob gentechnisch veränderte Weinreben widerstandsfähig gegen den Pilzbefall sind, mit dem die Winzer hierzulande oft zu kämpfen haben. Jetzt wurde das Experiment mit den Weinsorten, in die Gene aus der Gerste eingepflanzt wurden, vorzeitig beendet. Der Grund: Die manipulierten Reben erwiesen sich als genauso anfällig wie konventionelle Züchtungen.

Von Ludger Fittkau |
    Das Weindorf Siebeldingen liegt südwestlich von Landau in der Pfalz - nicht weit von der französischen Grenze entfernt. Hier, in den Weinbergen rund um den Geilweilerhof, ein malerisch gelegenes mittelalterliches Klostergut der Zisterzienser, werden schon seit Jahrzehnten mit konventionellen Methoden neue Weinsorten gezüchtet, die gegen Pilzbefall resistent sind. Inzwischen auch mit großem Erfolg: Denn mit der Rebsorte ‚Regent' gelang 1996 in Siebeldingen der Durchbruch in der Resistenzzüchtung . Die Sorte ‚Regent' wird heute schon auf weit mehr als 1000 Hektar Weinbaufläche in Deutschland angebaut, mit Vorliebe auch von ökologisch orientierten Winzern.

    Nun zeigt sich: Die Siebeldinger Experimente mit gentechnisch veränderten Weinsorten ab 1999 waren weniger erfolgreich. Das Ziel, mit Genen aus der Gerste den Wein gegen Pilzbefall unempfindlich zu machen, ist gescheitert, so Professor Reinhard Töpfer, Direktor des Bundesinstituts für Rebenzüchtung Geilweilerhof:

    Wir haben mit den vorhandenen Genen aus der Gerste keine Verbesserung der Pilzwiderstandfähigkeit erzielen können.

    Damit zerschlagen sich die Hoffungen mancher Winzer, die sich gerade von der Gentechnik neue, pilzresistente Weinsorten versprochen hatten. In der Südpfalz und in Franken wurden insgesamt 500 gentechnisch veränderte Weinpflanzen untersucht, so Töpfer. Doch die Weinstöcke mit den eingebauten Gerste-Genen wurden genauso von Pilzen befallen, wie die 800 konventionellen Vergleichspflanzen nebenan, so Versuchsleiter Reinhard Töpfer. Statt der anfänglichen Begeisterung für die Möglichkeiten der Gentechnik im Kulturpflanzenbau herrscht nun bei den Forschern eine gewisse Ernüchterung:

    Dass es nicht ganz so einfach ist, pilzwiderstandfähige Rebsorten zu züchten, indem man Gene von Pflanze A nach Pflanze B überträgt, das war im Grunde genommen die Erfahrung, die man auch anderen Kulturarten gemacht hat.

    Weil sich auch in mehreren Wachstumsperioden beim Gen-Wein der wissenschaftliche Befund nicht veränderte, wurde der Freilandversuch, der ursprünglich auf zehn Jahre angelegt war, nun vorzeitig beendet:

    Wir haben den Versuch drei Jahre auswerten können und das reicht, um eine klare Aussage zu treffen. Wir hätten den Versuch natürlich noch fünf Jahre weiterführen können, hätten dabei aber kein neues Ergebnis erwarten können. Von daher ist es auch angesichts knapper Kassen sinnvoll, dass man einen Versuch beendet, wenn keine neue Aussage zu erwarten ist.

    Untersucht wurde in Siebeldingen ebenfalls, wie weit die gentechnisch veränderten Pflanzen sich im Weinberg auskreuzen. Das Ergebnis: Ein Pollenflug und eine Auskreuzung findet statt, doch die Zahl der angebauten Weinstöcke war bei dem jetzt beendeten Freilandversuch noch zu niedrig, um das Ausmaß der Auskreuzung genau zu bestimmen. Reinhard Töpfer:

    Wichtig wäre jetzt der Ansatz, noch stärker in die Praxis hineinzugehen, dass man unter Bedingungen des praktischen Weinbaus großflächige Anlagen, das heißt vielleicht ein Drittel, oder ein Viertel Hektar in der Auskreuzung verfolgt. Dazu muss man nach den Erkenntnissen, die wir jetzt haben, nicht mit gentechnischen Pflanzen arbeiten. Die Testpflanzen haben schöne Resultate ergeben, sodass man neue Versuchskonzepte darauf aufbauen könnte, und das mit konventionellen Pflanzen.

    Das bedeutet im Klartext: In den nächsten Jahren wird es in deutschen Weinbergen wahrscheinlich keine Freisetzung gentechnisch veränderter Weinstöcke mehr geben, weil die Sicherheitsforschung auch mit konventionellen Pflanzen weitergehen kann. Der staatliche Rebenzüchter Reinhard Töpfer aus Siebeldingen wagt die Prognose, dass es nun wahrscheinlich noch Jahrzehnte dauern wird, bis in Deutschland gentechnisch veränderte Weinsorten großflächig angebaut werden - wenn überhaupt jemals:

    Es ist zu erwarten, dass zunächst man gentechnisch veränderte Rebsorten im Ausland angebaut werden. Und das wird nach meiner Schätzung bis zur Marktrelevanz, bis Produkte auf den Markt kommen, zwei bis drei Dekaden dauern. Und bei uns in Deutschland geht es mit Sicherheit etwas langsamer.