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Experiment mit dem Planeten Erde

Klimaforschung. - Im Deutschen Museum in München wird am Mittwoch Abend eine Ausstellung mit dem Titel: ''Klima - Das Experiment mit dem Planeten Erde'' eröffnet, organisiert vom deutschen Museum in Zusammenarbeit mit der Münchener Rückversicherung. Was sich zunächst wie eine komische Partnerschaft anhört, macht aber durchaus Sinn, denn niemand führt so gut Buch über die Schäden, die durch Klimaveränderung entstehen, wie die, die dafür bezahlen müssen - und das sind letztlich die Versicherungen.

    Von Wolfgang Nitschke

    Es ist seit einigen Jahren weder politisch noch wissenschaftlich umstritten, dass sich das Klima der Erde rasant verändert. Einziger Streitpunkt in der Klimadiskussion ist nur die Frage, welche Auswirkungen das haben wird, und da die Natur scheinbar doch komplizierter ist, als es die Naturwissenschaften manchmal Glauben machen wollen, besteht durchaus die Gefahr, dass die Klimaveränderung noch zu weiteren bösen Überraschungen führen wird. Reichere Ernten auch in den kälteren Teilen der Erde - die sich der schwedische Chemiker Svante Arrhenius im Jahr 1907 nach der Berechnung des Treibhauseffektes noch versprach, hat es jedenfalls nicht gegeben, stattdessen Stürme, Fluten, Hitzewellen oder auch das Hochwasser, welches im Sommer in Europa zu Milliardenschäden führte. Dr. Gerhard Berz, Leiter des Fachbereiches Georisikoforschung der Münchener Rückversicherung:

    Wenn wir die Trends anschauen in den letzten Jahrzehnten, dann sprechen die für sich. Wir beobachten weltweit die Entwicklung der Naturkatastrophen, stellen fest, dass innerhalb weniger Jahrzehnte die Volkswirtschaftlichen Schäden inflationsbereinigt auf das achtfache gestiegen sind, die versicherten Schäden auf das 14fache, dass wir Ende dieses Jahrzehnts pro Jahr - inflationsbereinigt - Schäden haben werden, wie wir sie in den 80er Jahren im gesamten Jahrzehnt hatten - da wird einem erst bewusst, wie dramatisch die Situation geworden ist und wir müssen uns fragen, was können wir hier tun?

    Klimagipfel und Protokolle, die den Willen dokumentieren, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, aber doch wirkungslos bleiben, genügen da wohl nicht. 2012 werden wohl nur 5 oder 8 Prozent weniger Treibhausgase in die Umwelt gepumpt als heute. Berz:

    Das wird das Klima im Grunde fast nicht merken - wir brauchen viel radikalere Veränderungen, wenn wir den Temperaturanstieg bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf ein verträgliches Maß von 2-3 Grad reduzieren wollen. Wir brauchen - und das ist Übereinstimmung aller dieser Modelrechnungen - bis zur Mitte des Jahrhunderts eine Reduktion um mindestens von 50 Prozent.

    Andere Prognosen gehen sogar davon aus, dass auf der Erde 80 Prozent der Treibhausgase eingespart werden müssen, wenn die Erwärmung des Klimas am Ende des 21. Jahrhunderts wirklich nur 2 Grad Celsius betragen soll. Solche Ziele jedoch traut sich heute kein Politiker zu nennen und angesichts der amerikanischen Verweigerungspolitik - erscheinen selbst 50 Prozent Einsparung eine Illusion. Berz:

    Präsident Bush - George W. - bei den Insidern als Global Warming Bush bezeichnet - selbst der hat sich von der obersten wissenschaftlichen Instanz in den USA Gutachten machen lassen im letzten Jahr, ob er das ernst nehmen muss oder nicht. Da ist es ihm schwarz auf weiß gesagt worden: Das ist der Stand des Wissens, das sollte die Basis deiner Politik sein. Seitdem sagt er auch nicht mehr, dass das alles Humbug sei - er sagt nur: Kioto ist der falsche Weg. Aber ich glaube schon, dass Amerika jetzt zunehmend auch unter internationalen, diplomatischen Druck gerät, sich doch irgendwann mal in die Schar derer einzuordnen, die die Verpflichtung der Industrieländer zu einem nachhaltigen Klimaschutz akzeptieren.

    Dies ist aber nicht die einzige Verpflichtung - es geht auch darum, den Entwicklungs- und Schwellenländern Wachstum zu ermöglichen und das erreichen sie nur, wenn sie Energie verbrauchen können. Wissenstransfer hält Gerhard Berz deshalb für ebenso wichtig, wie die Einsparungen der Industrieländer. Man müsse den ärmeren Ländern die Wege zeigen, wie man den Energieverbrauch steigern, aber gleichzeitig die Emissionen senken könne - und Wind, Sonne oder Biomasse seinen ausreichend erforscht, um in der dritten Welt Anwendung als grüner Energieträger zu finden.