Es scheint, als hätte die "Impulse"-Jury die größtmögliche Bandbreite an Theaterformen zeigen und unbedingt beweisen wollen, dass jenseits der Stadttheater alles möglich ist: von Barockoper bis Puppentheater. Vielleicht sind deshalb die Qualitätsunterschiede so enorm beim 14. "Impulse"-Festival, das sich gerne als Äquivalent zum Berliner Theatertreffen begreift. Einen Preis verdient hätte gewiss die melancholisch-poetische Barockoper von David Marton, die schwebend in der Tristesse einer U-Bahn spielt und dabei große Sinnfragen aufwirft. Eine ganz neue Form von Opernregie.
Verdient hätte ihn auch die deutsch-schweizer-Gruppe Mikeska:Plus:Blendwerk, die ein Hotellabyrinth für nur jeweils einen einzigen Zuschauer inszeniert. Allein und verstört findet man sich in einem muffigen Hotelzimmer wieder. Auf einmal geht die Tür auf, ein Schauspieler erzählt seine Version eines Mordes und führt weiter in nur leicht veränderte Räume - ein abgründiges und unheimliches Vergnügen. Zu Recht hat aber Ivana Müller, eine Performerin, die in Amsterdam und Berlin lebt, den "Impulse"-Hauptpreis bekommen. "While we were holding it together" ist ein Abend, der ebenso einfach und reizarm wie erfrischend ist. Fünf Schauspieler stehen in einer Pose erstarrt auf der Bühne und versetzen sich und ihr Publikum nur mit Worten in immer neue Kontexte:
"I imagine playing in a theatre piece. It’s the 12th minute of the show. I have just spottet the woman of my life in the first room of the audience… I imagine a camera recording… It’s a B-movie. I say: the magnolias are beautiful this season. I imagine the people of this country elected me to be their leader. Don’t let yourself get manipulated…"
Suggestiv wird man hineingezogen in eigene, durch Sprache nur angestoßene Fantasien, steigt tief hinab in den eigenen Kopf. Eine wohltuende meditative Stille nach all dem Formengetöse.
Die anderen Preise gehen an Showcase Beat Le Mot mit ihrer charmanten Dekonstruktion der Räuber Hotzenplotz-Geschichte und an die Schaumstoffpuppe Leon der Profi von der anarchischen Berliner Puppenspieltruppe "Das Helmi". Und so wirkt es fast, als würden die Theaterimpulse der Zukunft ausgerechnet vom Kinder- und Puppentheater ausgehen. Das hört sich seltsam an und ist es auch. Es ist schwer zu entscheiden, ob dies die schwierigen Produktionsbedingungen der Freien Szene widerspiegelt oder einfach nur zeigt, dass es interessante Theaterformen nicht täglich zu entdecken gibt. Dass die Freie Szene hierzulande einen schweren Stand hat, wurde bei "Impulse" deutlich wie selten. Obwohl Deutschland das Land mit der größten Theaterförderung der Welt ist, kann hier kein freier Theatermacher von seinem Beruf leben. Fanny Heienberger von der gestandenen Performance-Gruppe She she Pop:
"Wir sind acht Leute. Es ist aber natürlich so, dass eigentlich nicht alle acht Leute von der Kunst leben können, die wir machen. Und es ist natürlich so, dass wir nebenher noch arbeiten, also ich bin zum Beispiel Krankenschwester. Ich glaube, es wäre wichtig, dass Gruppen, die schon lange kontinuierlich arbeiten, eine Grundsicherung haben. Wir haben einen Lagerraum, ein Büro,... Das sind lauter Kosten, die sind überhaupt nicht finanziert. Das Problem in Deutschland ist, dass man eigentlich nur Projektgelder beantragen kann. Ich glaube schon, dass die Ästhetik oft was mit den Produktionsbedingungen zu tun hat."
Wie befremdlich die typisch deutsche Spaltung von Freier Szene und Stadttheater im Ausland überhaupt wirkt, machte etwa Marijke Hoogenboom am Rande einer Podiumsdiskussion deutlich. Sie ist Professorin an der Amsterdamer Kunsthochschule und Mitglied des holländischen Kulturrates:
"Wenn man das mit Holland vergleicht, gibt es dort schon seit langem eine grundsätzlich andere Förderpolitik, die die Institutionen- und die Künstlerförderung unabhängig voneinander betrachtet. Und die Künstlerförderung bedeutet, dass Gruppen in einem sehr großen Rahmen so unterstützt werden, dass sie ihre eigenen Organisationsstrukturen erstellen können und sich dann als Anbieter an die Häuser wenden können. Das heißt, die freie Szene, wenn man sie überhaupt so nennen kann, begegnet sich sehr viel mehr auf gleicher Augenhöhe. Und ist nicht in so einem oppositionellen Verhältnis wie mir das hier in Deutschland auffällt."
In Holland müssen sich die größte Oper und die kleinste Künstlergruppe alle vier Jahre von Neuem um Geld bemühen. Auch haben Künstler und Produktionshäuser ein voneinander getrenntes Budget - das garantiert größere Flexibilität. Im Gegensatz dazu verfügen deutsche Produktionshäuser wie Kampnagel in Hamburg oder das HAU in Berlin über so gut wie gar keine Etats für künstlerische Arbeit. Wenn hier ein Umdenken stattfinden würde, hätte sich das Festival "Impulse" auf jeden Fall gelohnt.
Verdient hätte ihn auch die deutsch-schweizer-Gruppe Mikeska:Plus:Blendwerk, die ein Hotellabyrinth für nur jeweils einen einzigen Zuschauer inszeniert. Allein und verstört findet man sich in einem muffigen Hotelzimmer wieder. Auf einmal geht die Tür auf, ein Schauspieler erzählt seine Version eines Mordes und führt weiter in nur leicht veränderte Räume - ein abgründiges und unheimliches Vergnügen. Zu Recht hat aber Ivana Müller, eine Performerin, die in Amsterdam und Berlin lebt, den "Impulse"-Hauptpreis bekommen. "While we were holding it together" ist ein Abend, der ebenso einfach und reizarm wie erfrischend ist. Fünf Schauspieler stehen in einer Pose erstarrt auf der Bühne und versetzen sich und ihr Publikum nur mit Worten in immer neue Kontexte:
"I imagine playing in a theatre piece. It’s the 12th minute of the show. I have just spottet the woman of my life in the first room of the audience… I imagine a camera recording… It’s a B-movie. I say: the magnolias are beautiful this season. I imagine the people of this country elected me to be their leader. Don’t let yourself get manipulated…"
Suggestiv wird man hineingezogen in eigene, durch Sprache nur angestoßene Fantasien, steigt tief hinab in den eigenen Kopf. Eine wohltuende meditative Stille nach all dem Formengetöse.
Die anderen Preise gehen an Showcase Beat Le Mot mit ihrer charmanten Dekonstruktion der Räuber Hotzenplotz-Geschichte und an die Schaumstoffpuppe Leon der Profi von der anarchischen Berliner Puppenspieltruppe "Das Helmi". Und so wirkt es fast, als würden die Theaterimpulse der Zukunft ausgerechnet vom Kinder- und Puppentheater ausgehen. Das hört sich seltsam an und ist es auch. Es ist schwer zu entscheiden, ob dies die schwierigen Produktionsbedingungen der Freien Szene widerspiegelt oder einfach nur zeigt, dass es interessante Theaterformen nicht täglich zu entdecken gibt. Dass die Freie Szene hierzulande einen schweren Stand hat, wurde bei "Impulse" deutlich wie selten. Obwohl Deutschland das Land mit der größten Theaterförderung der Welt ist, kann hier kein freier Theatermacher von seinem Beruf leben. Fanny Heienberger von der gestandenen Performance-Gruppe She she Pop:
"Wir sind acht Leute. Es ist aber natürlich so, dass eigentlich nicht alle acht Leute von der Kunst leben können, die wir machen. Und es ist natürlich so, dass wir nebenher noch arbeiten, also ich bin zum Beispiel Krankenschwester. Ich glaube, es wäre wichtig, dass Gruppen, die schon lange kontinuierlich arbeiten, eine Grundsicherung haben. Wir haben einen Lagerraum, ein Büro,... Das sind lauter Kosten, die sind überhaupt nicht finanziert. Das Problem in Deutschland ist, dass man eigentlich nur Projektgelder beantragen kann. Ich glaube schon, dass die Ästhetik oft was mit den Produktionsbedingungen zu tun hat."
Wie befremdlich die typisch deutsche Spaltung von Freier Szene und Stadttheater im Ausland überhaupt wirkt, machte etwa Marijke Hoogenboom am Rande einer Podiumsdiskussion deutlich. Sie ist Professorin an der Amsterdamer Kunsthochschule und Mitglied des holländischen Kulturrates:
"Wenn man das mit Holland vergleicht, gibt es dort schon seit langem eine grundsätzlich andere Förderpolitik, die die Institutionen- und die Künstlerförderung unabhängig voneinander betrachtet. Und die Künstlerförderung bedeutet, dass Gruppen in einem sehr großen Rahmen so unterstützt werden, dass sie ihre eigenen Organisationsstrukturen erstellen können und sich dann als Anbieter an die Häuser wenden können. Das heißt, die freie Szene, wenn man sie überhaupt so nennen kann, begegnet sich sehr viel mehr auf gleicher Augenhöhe. Und ist nicht in so einem oppositionellen Verhältnis wie mir das hier in Deutschland auffällt."
In Holland müssen sich die größte Oper und die kleinste Künstlergruppe alle vier Jahre von Neuem um Geld bemühen. Auch haben Künstler und Produktionshäuser ein voneinander getrenntes Budget - das garantiert größere Flexibilität. Im Gegensatz dazu verfügen deutsche Produktionshäuser wie Kampnagel in Hamburg oder das HAU in Berlin über so gut wie gar keine Etats für künstlerische Arbeit. Wenn hier ein Umdenken stattfinden würde, hätte sich das Festival "Impulse" auf jeden Fall gelohnt.