Das Ganze hat einen etwas porösen Altbaucharme, der Putz rieselt ab und an von der Decke, und die Fenster sind undicht. Dafür ist die Miete bezahlbar. Siemons Werkstatt gleicht fast einem Museum. Der gelernte Grafikdesigner arbeitet mit alten Druckmaschinen, hat in den letzten Jahren eine imposante Sammlung musealer Bleisatz- und Buchdrucktechnik zusammengetragen und lebt vornehmlich von Auftragsarbeiten etwa für Künstler. Nebenbei aber entsteht auf diesen Maschinen die Zeitschrift "Plumbum" und die "edition carpe plumbum", die sich junger Literatur verschrieben hat. Alles in Bleisatz, versteht sich.
" Reiz ist eigentlich diese Ästhetik des Hochdrucks, dass man noch mit Material umgeht, was man anfassen kann. Dass man noch alte Schriften hat, die schon in ganz vielen Sachen Bestandteil waren, als Druckformen. Zum Beispiel so alte Jugendstil-Schriften, die achtzig, neunzig Jahre alt sind, die haben natürlich schon ihre Ecken und Macken und sehen ganz abgenutzt aus. Ich finde es einfach sehr reizvoll, so dieses Gedankenspiel, was mit denen schon passiert ist. Mag's dann einfach, so einen Kasten in die Hand zu nehmen, zu sehen, was könnte ich jetzt mit einem aktuellen Bezug noch aus diesem Material machen. Das hat natürlich auch viele Beschränkungen, dass man in Schriftgrößen, Schriftmengen eingeschränkt ist. Es dauert länger. Dadurch kommt man aber wieder ganz anders an so eine Gestaltung ran, als wenn man so am Computer alle Möglichkeiten offen hat. Es ist natürlich vom Druckbild auch etwas anderes. Es unterscheidet sich so von dieser perfekten Offset-Digital-Druckqualität. Es hat so seine kleinen Spuren, die das Material hinterlässt. "
Diese Spuren sind auch an der Zeitschrift sicht- und greifbar. Das Format ist ein bisschen kleiner als ein Schallplattencover, die Typografie ist abwechslungsreich, die Schriften ausgefallen. Die Grafiken und Illustrationen umgarnen die Texte, dekorativ und elegant, eine Formensprache, die sich an der Moderne orientiert, manchmal sachlich, formell, manchmal expressionistisch daherkommt, auf jeden Fall aber die Wirkung der Texte erhöht. Der Künstler und Grafiker Michael Blümel, einer von fünf Redaktionsmitgliedern der Zeitschrift, erläutert das Konzept:
" Also sowohl die Bildende Kunst als auch die Literatur sollen eine Einheit bilden und gemeinsam präsentiert werden. Es ist ein ganz toller Charakter, wenn man alleine über die Lettern oder das Gedruckte fährt, dass man das Material spürt, das ist was Besonderes. Das Format ist auch was Besonderes, finden wir, die Gestaltung, die der Thomas Siemon ja komplett macht, das ist eine harte Druckarbeit an der Setzmaschine, (...) Wir versuchen ein stimmiges Bild zu bekommen für die Zeitschrift, was wirklich harte Vorarbeit ist. "
Jede Ausgabe ist einem Thema gewidmet, oder besser: einer Idee, einem Gedanken, einer abstrakten Vorstellung, die mit Inhalt zu füllen ist: Mit "Täuschungen" beschäftigt sich eines der Hefte, ein anderes trägt den Titel: "Und an Land kommst Du nie".
" Es gibt eine Ausgabe in unserer Serie, die "Q"-Ausgabe. Es geht um den Buchstaben Q, und da habe ich einige Zeichnungen beigesteuert, Quintus, Querulantus, das sind also auch Wortspiele natürlich, oder Questor, dieser alte Begriff des römischen Beamten, die lagen mir so auf der Zunge, ohne dass ich groß nachlesen musste, und da habe ich dann Linolschnitte danach angefertigt, da hatte ich plötzlich einen ganz lockeren Zugang, und die sind auch direkt dort in der Druckwerkstatt entstanden, unmittelbar, Linolplatten, die ich dort bearbeiten konnte, und das war so ein fließendes Übereinander, für mich ein leichtfüßiges Arbeiten, was nicht immer der Fall ist, manchmal brauche ich sehr lange, bis ich mich an ein Thema annähere "
Die Zeitschrift dient als Experimentierfläche: sowohl für die Macher als auch für die Beiträger. Das sind meist junge Künstler und Autoren, die bisher kaum veröffentlicht haben. Viele von ihnen sind Studenten am Leipziger Literaturinstitut, die ihre Texte erstmals ausprobieren können - auch bei Lesungen, die von der Zeitschrift regelmäßig veranstaltet werden. Aber es finden sich in "Plumbum" zuweilen auch Autoren, die bereits im Literaturbetrieb reüssiert haben. Wenn Thomas Siemon von Texten begeistert ist, kann sich die Zusammenarbeit in einem Buchprojekt fortsetzen, ebenfalls bibliophil gestaltet.
" Ja, mit Katja Oskamp habe ich mal ein Buch gemacht, die ist ja schon ein bisschen bekannter. Sie hatte auch erst einen Text für Plumbum uns zur Verfügung gestellt. Dann hatten wir eigentlich eine sehr schöne Idee: Sie schreibt immer noch kurze Kindergeschichten für ihre Tochter auch und hatte so die Idee, das mal als Buch zu machen. Da haben wir das Buch dann wirklich auch zusammen gemacht. Sie hat dann mitgesetzt und gebunden auch, das sind dann so Sachen, die auch Spaß machen, wenn Autoren auch mal Lust haben, wirklich auch so das Handwerkliche nachzuvollziehen. "
Auch einer der Redakteure von Plumbum, der junge Lyriker Carl-Christian Elze, hat seinen ersten Lyrikband in der "edition carpe plumbum" veröffentlicht: "feucht das fell verstreut". Lyrik und Kunst gehen dabei wiederum Hand in Hand. Für Thomas Siemon soll Literatur Spaß machen und alle Sinne ansprechen.
" Es muss irgendein Bild bei mir entstehen, wenn ich den Text lese. Klar, so gewisse handwerkliche Kriterien müssen natürlich auch erfüllt sein. Aber es ist meist so, dass ich irgendwas lese und sage: Ja, Mensch, das reizt mich irgendwie, damit zu arbeiten. Und man ist dann ja auch eine Weile beschäftigt mit so einem Buch. Es muss dann schon ein Text sein, wo man das Gefühl hat, ja, da will ich mich jetzt auch ein halbes Jahr mit befassen. "
Wie jeder Kleinverlag hat auch "Carpe Plumbum" Probleme, über ein engeres literarisches Umfeld hinaus, die Zeitschrift und die Bücher bekannt zu machen. Die Auflagen sind klein, ein Vertrieb besteht nicht; man verkauft die Werke in ein paar Buchhandlungen und bei Lesungen. Bisher beschränkt sich deshalb das Verbreitungsgebiet der in bescheidenen Auflagen erscheinenden Bücher vornehmlich auf Leipzig - wenn es auch Abonnenten in der ganzen Republik gibt. Durch die Zusammenarbeit mit den Autoren, die auch an anderen Orten beheimatet sind, entstehen allerdings Netzwerke, die zu einer größeren öffentlichen Wahrnehmung führen. Und die wünscht man der "edition carpe plumbum".
" Reiz ist eigentlich diese Ästhetik des Hochdrucks, dass man noch mit Material umgeht, was man anfassen kann. Dass man noch alte Schriften hat, die schon in ganz vielen Sachen Bestandteil waren, als Druckformen. Zum Beispiel so alte Jugendstil-Schriften, die achtzig, neunzig Jahre alt sind, die haben natürlich schon ihre Ecken und Macken und sehen ganz abgenutzt aus. Ich finde es einfach sehr reizvoll, so dieses Gedankenspiel, was mit denen schon passiert ist. Mag's dann einfach, so einen Kasten in die Hand zu nehmen, zu sehen, was könnte ich jetzt mit einem aktuellen Bezug noch aus diesem Material machen. Das hat natürlich auch viele Beschränkungen, dass man in Schriftgrößen, Schriftmengen eingeschränkt ist. Es dauert länger. Dadurch kommt man aber wieder ganz anders an so eine Gestaltung ran, als wenn man so am Computer alle Möglichkeiten offen hat. Es ist natürlich vom Druckbild auch etwas anderes. Es unterscheidet sich so von dieser perfekten Offset-Digital-Druckqualität. Es hat so seine kleinen Spuren, die das Material hinterlässt. "
Diese Spuren sind auch an der Zeitschrift sicht- und greifbar. Das Format ist ein bisschen kleiner als ein Schallplattencover, die Typografie ist abwechslungsreich, die Schriften ausgefallen. Die Grafiken und Illustrationen umgarnen die Texte, dekorativ und elegant, eine Formensprache, die sich an der Moderne orientiert, manchmal sachlich, formell, manchmal expressionistisch daherkommt, auf jeden Fall aber die Wirkung der Texte erhöht. Der Künstler und Grafiker Michael Blümel, einer von fünf Redaktionsmitgliedern der Zeitschrift, erläutert das Konzept:
" Also sowohl die Bildende Kunst als auch die Literatur sollen eine Einheit bilden und gemeinsam präsentiert werden. Es ist ein ganz toller Charakter, wenn man alleine über die Lettern oder das Gedruckte fährt, dass man das Material spürt, das ist was Besonderes. Das Format ist auch was Besonderes, finden wir, die Gestaltung, die der Thomas Siemon ja komplett macht, das ist eine harte Druckarbeit an der Setzmaschine, (...) Wir versuchen ein stimmiges Bild zu bekommen für die Zeitschrift, was wirklich harte Vorarbeit ist. "
Jede Ausgabe ist einem Thema gewidmet, oder besser: einer Idee, einem Gedanken, einer abstrakten Vorstellung, die mit Inhalt zu füllen ist: Mit "Täuschungen" beschäftigt sich eines der Hefte, ein anderes trägt den Titel: "Und an Land kommst Du nie".
" Es gibt eine Ausgabe in unserer Serie, die "Q"-Ausgabe. Es geht um den Buchstaben Q, und da habe ich einige Zeichnungen beigesteuert, Quintus, Querulantus, das sind also auch Wortspiele natürlich, oder Questor, dieser alte Begriff des römischen Beamten, die lagen mir so auf der Zunge, ohne dass ich groß nachlesen musste, und da habe ich dann Linolschnitte danach angefertigt, da hatte ich plötzlich einen ganz lockeren Zugang, und die sind auch direkt dort in der Druckwerkstatt entstanden, unmittelbar, Linolplatten, die ich dort bearbeiten konnte, und das war so ein fließendes Übereinander, für mich ein leichtfüßiges Arbeiten, was nicht immer der Fall ist, manchmal brauche ich sehr lange, bis ich mich an ein Thema annähere "
Die Zeitschrift dient als Experimentierfläche: sowohl für die Macher als auch für die Beiträger. Das sind meist junge Künstler und Autoren, die bisher kaum veröffentlicht haben. Viele von ihnen sind Studenten am Leipziger Literaturinstitut, die ihre Texte erstmals ausprobieren können - auch bei Lesungen, die von der Zeitschrift regelmäßig veranstaltet werden. Aber es finden sich in "Plumbum" zuweilen auch Autoren, die bereits im Literaturbetrieb reüssiert haben. Wenn Thomas Siemon von Texten begeistert ist, kann sich die Zusammenarbeit in einem Buchprojekt fortsetzen, ebenfalls bibliophil gestaltet.
" Ja, mit Katja Oskamp habe ich mal ein Buch gemacht, die ist ja schon ein bisschen bekannter. Sie hatte auch erst einen Text für Plumbum uns zur Verfügung gestellt. Dann hatten wir eigentlich eine sehr schöne Idee: Sie schreibt immer noch kurze Kindergeschichten für ihre Tochter auch und hatte so die Idee, das mal als Buch zu machen. Da haben wir das Buch dann wirklich auch zusammen gemacht. Sie hat dann mitgesetzt und gebunden auch, das sind dann so Sachen, die auch Spaß machen, wenn Autoren auch mal Lust haben, wirklich auch so das Handwerkliche nachzuvollziehen. "
Auch einer der Redakteure von Plumbum, der junge Lyriker Carl-Christian Elze, hat seinen ersten Lyrikband in der "edition carpe plumbum" veröffentlicht: "feucht das fell verstreut". Lyrik und Kunst gehen dabei wiederum Hand in Hand. Für Thomas Siemon soll Literatur Spaß machen und alle Sinne ansprechen.
" Es muss irgendein Bild bei mir entstehen, wenn ich den Text lese. Klar, so gewisse handwerkliche Kriterien müssen natürlich auch erfüllt sein. Aber es ist meist so, dass ich irgendwas lese und sage: Ja, Mensch, das reizt mich irgendwie, damit zu arbeiten. Und man ist dann ja auch eine Weile beschäftigt mit so einem Buch. Es muss dann schon ein Text sein, wo man das Gefühl hat, ja, da will ich mich jetzt auch ein halbes Jahr mit befassen. "
Wie jeder Kleinverlag hat auch "Carpe Plumbum" Probleme, über ein engeres literarisches Umfeld hinaus, die Zeitschrift und die Bücher bekannt zu machen. Die Auflagen sind klein, ein Vertrieb besteht nicht; man verkauft die Werke in ein paar Buchhandlungen und bei Lesungen. Bisher beschränkt sich deshalb das Verbreitungsgebiet der in bescheidenen Auflagen erscheinenden Bücher vornehmlich auf Leipzig - wenn es auch Abonnenten in der ganzen Republik gibt. Durch die Zusammenarbeit mit den Autoren, die auch an anderen Orten beheimatet sind, entstehen allerdings Netzwerke, die zu einer größeren öffentlichen Wahrnehmung führen. Und die wünscht man der "edition carpe plumbum".