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Experten-Anhörung
13-Jähriger erklärt NRW-Landtag Cybermobbing

Wie schlimm Mobbing über das Netz für Schülerinnen und Schüler heute ist, können sich Erwachsene kaum vorstellen. Um einen Eindruck davon zu geben, hat der NRW-Landtag einen 13-Jährigen eingeladen, um über das Problem zu berichten. Sein Hauptanliegen: Die Prävention soll ausgebaut werden.

Von Lena Sterz | 18.04.2018
    ILLUSTRATION - Ein junges Mädchen zeigt am 04.02.2017 das Display eines Smartphones mit einem weinenden Emoji beim Messenger «WhatsApp» (gestellte Szene). Wenn falsche Behauptungen oder Beleidigungen über einen Menschen in sozialen Netzwerken, bei Messengern wie WhatsApp und anderen Online-Diensten verbreitet werden, sprechen Fachleute von Cybermobbing. Am 7. Februar findet der Safer Internet Day mit dem Schwerpunktthema Cybermobbing statt.
    Cybermobbing belastet viele Schülerinnen und Schüler (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    "Ich bin schon ein bisschen aufgeregt, aber es hält sich noch in Grenzen."
    Lukas Pohland kurz vor Beginn der Landtags-Sitzung, in der fünf erwachsene Experten angehört werden sollen – und er. Der dunkelhaarige, schmale Junge hat sich ein hellblaues Hemd für seinen Auftritt angezogen und sich vorbereitet.
    "Ich musste ja auch schon eine schriftliche Stellungnahme abgeben, daher bin ich schon ein bisschen vorbereitet."
    Vom Opfer zum Experten
    Lukas Pohland ist zum Experten geworden, nachdem er selbst Mobbing-Opfer war. Er habe einer Mitschülerin helfen wollen, die gemobbt wurde, und sei dadurch selbst ins Blickfeld von Mitschülern geraten, erzählt er. Für den Landtag hat er wie die anderen Sachverständigen vorher schriftlich ausgearbeitet, was seine Vorschläge und Forderungen an die Politik sind. Vor allem eins ist ihm wichtig:
    "Mein Hauptanliegen ist auf jeden Fall, dass es mehr Präventionsarbeit an den Schulen hier gibt. Zum einen sollen halt einfach feste Lehrplaneinheiten dazu stattfinden, denkbar wäre sogar ein eigenes Fach dafür. Und sonst könnte man sich auch vorstellen, dass irgendwie die Schüler von weiterführenden Schulen an Grundschulen gehen und dort den Schülern was mitbringen."
    Ein Sachverständiger der Medienberatung NRW weißt in der Anhörung darauf hin, dass es schon eine Reihe von Präventionsprogrammen gebe – aber nicht an jeder Schule. Lukas erwidert darauf, dass ein Präventionsangebot, nämlich sogenannte Medienscouts, eher dafür missbraucht würden, dass sie die Laptops in der Schule einrichten, als dass sie sich zum Thema Cybermobbing einsetzten.
    1,4 Millionen Betroffene
    Matthias Felling von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz ist der Meinung, dass Prävention alleine nicht ausreiche: Im Mobbingfall müsse immer ein Erwachsener einschreiten. Lukas hofft, dass die Politik nach seiner Anhörung begreift, wie wichtig das Thema ist:
    "Klar, man hört da so eine Zahl, dass 1,4 Millionen davon betroffen sind, aber das sind schon relativ viele!"
    Jeder fünfte davon sei dauerhaft traumatisiert und suizidgefährdet, so Catarina Katzer vom Institut für Cyberpsychologie und Medienethik. Die Politik müsse die Schulen im Kampf gegen Cybermobbing deshalb besser ausstatten – mit Sozialarbeitern, Psychologen und zusätzlichen Stunden für die Lehrer meint sie.
    Auf Antrag der Opposition
    Vorbild könnten die Niederlande sein – dort stehe das Thema seit Jahren verpflichtend im Curriculum und es gebe dort wesentlich weniger Fälle.
    Ob das auch für Nordrhein-Westfalen umgesetzt wird, wird sich zeigen – das Thema wurde von den Grünen aus der Opposition auf die politische Agenda gesetzt. Das Interesse an Lukas und den anderen Sachverständigen war aber auch von Seiten der regierenden Parteien groß.