
Es sei eine besondere Wahl, vor allem, weil Festlandchina die Temperatur im Konflikt mit dem Inselstaat durch militärische Provokationen weiter hochgedreht habe, sagte Marti im Deutschlandfunk. Wie die Reaktion aus Peking auf den Wahlausgang ausfalle, sei unklar. Die Volksrepublik habe allerdings angekündigt, in Kürze das bestehende Freihandelsabkommen mit Taiwan und die darin festgehaltene Vorzugsbehandlung des Inselstaats zu überprüfen. Die zeitliche Nähe der Entscheidung zur der Wahl lege einen Zusammenhang mit dem Wahlergebnis nahe, fügte Marti hinzu. China habe zudem schon vor längerem erklärt, bei der anvisierten Wiedervereinigung Taiwans mit Festlandchina auch vor Gewalt nicht zurückschrecken zu wollen. Ob und wann das eintrete könne man aber ebenfalls nicht absehen.
Taiwaner sehen sich nicht mehr als Chinesen
Marti sagte, immer mehr Menschen in Taiwan betrachteten sich inzwischen als Taiwaner mit einer anderen Identität als jene der Festlandchinesen. Das bedeute auch, dass man den Wert einer Demokratie kenne und Freiheitsrechte verteidige. In diesem Sinne habe Taiwan in den vergangenen Jahren die engen Wirtschaftsverflechtungen mit China zunehmend gelöst und sich dem Westen angenähert. Marti sprach sich für mehr Kooperation zwischen Deutschland und Taiwan aus. Mehr Zusammenarbeit etwa bei der Chipherstellung diene zum einen deutschen Eigeninteressen wie einer größeren Unabhängigkeit von China im Konfliktfall. Zum anderen setze Deutschland damit ein politisches Zeichen.
Wahl entscheidet auch über künftigen China-Kurs
In Taiwan wird morgen ein neuer Präsident gewählt. Die derzeitige Präsidentin Tsai darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Für ihre demokratische Fortschrittspartei DPP tritt Tsais Stellvertreter William Lai an. Als dessen stärkster Konkurrent gilt Hou Yu-ih von der eher chinafreundlichen Kuomintang-Partei. Als dritter Kandidat geht der Vorsitzende der 2019 neu gegründeten Taiwanischen Volkspartei, Ko wen-je ins Rennen.
Diese Nachricht wurde am 12.01.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.