Es hat gleich mehrere Gründe, dass China die USA als wichtigster Handelspartner Deutschlands vom Thron gestoßen hat. Die Vereinigten Staaten bleiben zwar weiterhin wichtigster Zielmarkt für deutsche Produkte, doch im Vergleich zum Vorjahr gingen die Exporte um fast sieben Milliarden Euro zurück und drücken auf die Gesamtbilanz. Gleichzeitig hat Deutschland 2016 aus keinem anderen Land mehr Waren eingeführt als aus der Volksrepublik. Vor allem Elektronik, Bekleidung und Elektrotechnik. Gesamtwert von beinahe 94 Milliarden Euro.
So kommen Deutschland und China auf einen Gesamtaußenhandelsumsatz von fast 170 Milliarden Euro, Frankreich liegt mit 167 Milliarden auf Platz zwei. Die USA landen mit rund 165 Milliarden auf dem dritten Platz.
Nach Einschätzung des deutschen Industrie- und Handelskammertages ist damit zu rechnen, dass China vorerst auch Handelspartner Nummer eins bleiben könnte. Auch wenn die Wirtschaft zwar etwas langsamer wachse als in den Boomjahren, wachse sie doch kräftiger als in anderen Ländern, sagte DIHK-Außenhandelschef Volker Treier. Sie profitiere von staatlichen Stützungsmaßnahmen wie Infrastrukturmaßnahmen und einer lockeren Kreditvergabepolitik der Banken.
Schafft es China, Abschied zu nehmen vom Image der Werkbank der Welt?
Dass China es auf die Spitzenposition geschafft hat, überrascht auch Jost Wübbeke nicht, den Leiter des Programms Wirtschaft und Technologie, beim "Mercator Institute for China Studies" in Berlin. China sei schon lange ein starker Wirtschaftspartner. Allerdings einer, den Deutschland durchaus mit Vorsicht genießen sollte:
"Wir sehen eine wachsende Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen, die den chinesischen Markt zunehmend selbst bedienen können, wir sehen gleichzeitig eine sehr starke politische Unterstützung für chinesische Unternehmen, die gleichzeitig ausländische Unternehmen benachteiligt. Wir sehen auch die horrenden Überkapazitäten in vielen Industrien in China und den wirtschaftlichen Abwärtsdruck."
Derzeit entscheide sich, ob China es schaffe, Abschied zu nehmen vom Image der Werkbank der Welt, die vor allem billige Produkte erzeuge.
"Das heißt natürlich auch, dass China ausländische Technologien, ausländische Produkte mit eigenen Lösungen ersetzen möchte, langfristig."
Peking setzt eher auf Subventionierung einheimischer Ware
Das hätte für ausländische Unternehmen die Folge, dass ihr Marktanteil in der Volksrepublik geschmälert würde. Unter normalen marktwirtschaftlichen Vorzeichen sei das auch nicht problematisch, sagt Wübbeke. Wären da nicht die Eingriffe der Politik in den Markt. Dabei seien die Zeiten plumper Zollerhöhungen vorbei, die Regierung in Peking setze eher auf Subventionierung einheimischer Ware.
Gerade in Zeiten, in denen auch der US-Präsident mit protektionistischen Maßnahmen drohe, müsse sich Deutschland stärker Asien und dort der Volksrepublik zuwenden, schreibt der BGA, der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen. Erst Ende Januar hatte der chinesische Premierminister Li Keqiang in einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel den Wunsch bekräftigt, die Europäer möchten sein Land auch als Marktwirtschaft behandeln. China-Experte Jost Wübbeke ist skeptisch, wenn Chinas Präsident Xi Jinping sich in Davos plötzlich als Retter des Freihandels präsentiert.
"China wendet einen sehr ausgeklügelten, selektiven Protektionismus an, und das hat in vielen Fällen überhaupt nichts mit Freihandel zu tun."
Insofern müsse man bislang Aussagen auf der einen Seite und praktisches Handeln auf der anderen deutlich unterscheiden.