Archiv


Extrem vorhersagbar

Meteorologie. - Die mittelfristigen Wettervorhersagen des entsprechenden europäischen Meteorologiezentrums in Reading haben die Wetterfesterem in Russland und in Pakistan ziemlich exakt vorhergesagt. Die Forscher sind darauf ziemlich stolz, denn ihre Vorhersagen basierten weitgehend auf Modellrechnungen.

Von Katrin Zöfel |
    40 Grad Hitze, wochenlang kein Tropfen Regen, Hunderte von Waldbränden und Asche und Staub in der Moskauer Luft, kaum jemand hat sich wohl gewünscht, in den vergangenen Wochen in Russland gewesen zu sein. Genausowenig in Pakistan, dort kam der Monsun mit ungewohnter Wucht und setzt bis heute das Land unter Wasser. Hier zu wenig, dort zu viel Regen – mit immensen Folgen. Dass sich so lange über Russland ein Hochdruckgebiet mit ruhigem Wetter hielt, dafür machen Meteorologen eine sogenannte Blockade-Wetterlage verantwortlich.

    "Den Beginn dieser 'blockierten' Wetterlage und die Tatsache, dass sie lange andauern würde, haben unsere monatlichen Vorhersagesysteme sehr gut vorausgesehen."

    Erik Andersson leitet die meteorologische Abteilung am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen im englischen Reading. Die Forscher dort verwenden Daten aus der ganzen Welt und berechnen daraus Vorhersagen, die sie dann an nationale Wetterdienste weitergeben. Dass sie die ungewöhnliche Wetterlage drei Wochen im Voraus haben kommen sehen, darauf sind die Meteorologen stolz. Andersson:

    "Vorhersagen sind viel einfacher, sobald sich ein solches ungewöhnliches Muster tatsächlich aufgebaut hat, und man sich auf echte Beobachtungen stützen kann."

    Nur zu rechnen und damit richtig zu liegen, ist dagegen kompliziert. Auch das Ende der stabilen Wetterlage haben die Forscher richtig kalkuliert, was ebenfalls nicht einfach ist, betont Erik Andersson:

    "Wenn sich die Blockade wieder auflöst, geschieht das sehr schnell. Zu wissen, wann genau das passiert, ist deshalb ziemlich schwierig."

    Ihre Wetterprognosen ergänzen die Forscher in Reading mit statistischen Kennzahlen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Vorhersage tatsächlich Realität wird. Für die Prognose, dass es in Russland lang anhaltend heiß sein würde, haben sie den höchsten vorgesehenen Wert vergeben, 70 Prozent Wahrscheinlichkeit. Für eine Drei-Wochen-Vorhersage ein beachtlicher Wert. Die Modelle zeigen außerdem einen Zusammenhang zwischen dem stabilen Hochdrucksystem über Russland und den starken Monsunregenfällen in Pakistan. Andersson:

    "Zu Monsunzeiten fließt sehr feuchte, warme Luft vom indischen Ozean über den indischen Subkontinent hinweg. Normalerweise aber führt das nicht zu so heftigen Regenfällen über Pakistan. In diesem Jahr aber gab es über Pakistan eine starke Tiefdruckrinne zehn Kilometer hoch in der Atmosphäre mit starken Winden, dadurch war die Atmosphäre über Pakistan sehr instabil und zusammen mit der feuchten Luft führte das zu diesen starken Regenfällen."

    In einer labil geschichteten Atmosphäre kann feuchte, warme Luft leichter aufsteigen, Schauer und Gewitter bilden sich schneller und heftiger. Die stark ausgeprägte Tiefdruckrinne weit oben in der Atmosphäre hänge wiederum, erklärt Andersson, mit dem Hochdruckgebiet über Russland zusammen. Dieses habe nämlich die Höhenwinde kanalisiert und Richtung Pakistan gelenkt. Doch die Tatsache, dass die Ereignisse in Russland und Pakistan vorhersagbar waren, bedeutet noch nicht, dass das, was da in der Atmosphäre passierte, wetterphysikalisch wirklich verstanden wäre.