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Facebook-Experiment
"Gravierende Auswirkungen auf die Sichtbarkeit alternativer Informationen"

Facebook testet in sechs Ländern, wie es ankommt, wenn Mediennachrichten aus dem Haupt-Feed verschwinden. Laut Martin Giesler vom "Social Media Watchblog" kann dies nicht nur zu wirtschaftlichen Problemen für Medien führen. In den betroffenen Ländern gehe es vor allem um Informationsfreiheit, sagte Giesler im Dlf.

Martin Giesler im Gespräch mit Bettina Köster |
    Ein Junge surft auf seinem Smartphone bei Facebook.
    In Ländern wie Kambodscha und Sri Lanka biete Facebook bisher die Möglichkeit, an alternative Informationen zu gelangen, sagte Martin Giesler im Dlf. (imago / Bildbyran)
    Das US-Unternehmen Facebook testet in sechs Ländern, wie es bei den Nutzern ankommt, wenn sie zwischen zwei verschiedenen "News Feeds" wählen können - statt wie bisher in einem Feed alle abonnierten Inhalte zu sehen. Dafür hat Facebook die Posts von Freunden und Bekannten von denen anderer Anbieter getrennt. Im Hauptfeed solle künftig nur erscheinen, was die Facebook-Freunde posten, Beiträge von Medien und anderen öffentlichen Seiten erscheinen in einem zweiten Feed.
    Sichtbarkeit von Medien sinkt
    Die Tests sind erst einmal auf die Facebook-Angebote in Sri Lanka, Bolivien, Slowakei, Serbien, Guatemala und Kambodscha begrenzt, und sollen nach Angaben des Unternehmens auch erst einmal nicht ausgeweitet werden. In den betroffenen Ländern aber sei das Facebook-Experiment "ziemlich dramatisch", sagte Giesler im Gespräch mit @mediasres, denn die Reichweiten der Seiten von Medienunternehmen seien bis zu 80 Prozent eingebrochen.
    Während in westlichen Ländern Nachrichten und Information auf Facebook vor allem ein Nebenprodukt, ein "nettes Add-on" für die Nutzer seien, habe das soziale Netzwerk in den betroffenen Ländern noch eine andere Funktion: Es biete die Möglichkeit, an alternative Informationen und Websites zu gelangen.
    Wenn die Postings dieser Seiten also nicht mehr im regulären Hauptfeed verfügbar seien, habe das gravierende Auswirkungen auf die Sichtbarkeit alternativer Informationen: "Der Nutzer ist in aller Linie ein Gewohnheitstier: Er macht Facebook auf, schaut in den Newsfeed und findet dort aktuell eben keine Nachrichten".
    "Facebook hat zunächst einmal klargemacht, wer der Herr im Ring ist"
    In Deutschland hätte das Facebook-Experiment daher eine andere Relevanz, schätzt Giesler. Hier wäre es in erster Linie ein wirtschaftliches Problem für Medienunternehmen und nicht so sehr eine Frage von Informationsfreiheit.
    "Facebook hat zunächst einmal klargemacht, wer der Herr im Ring ist: nämlich Facebook selbst. Und alle Medienunternehmen, die auf Facebook Inhalte lancieren, sind abhängig davon, welche Spielregeln Facebook setzt."
    Das ist nach Einschätzung von Giesler für ein privatwirtschaftlich aufgestelltes Unternehmen auch legitim, denn als solches sei Facebook "in erster Linie den Nutzern verpflichtet - und nicht den Medienunternehmen".