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Facebook und Co. lassen Rösler abblitzen

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler war mit über 100 deutschen Start-up-Firmen ins Silicon Valley gereist, um amerikanische Geldgeber zu finden. Doch die Großen der Branche ließen die Besucher spüren, wie unbedeutend sie wirklich sind.

Von Theo Geers | 23.05.2013
    Es war ein Flop. Denn als es endlich richtig losging, waren die wichtigsten Gäste, die Geldgeber, schon wieder gegangen. Dabei hatte sich jeder Firmengründer so viel erhofft. Cool und lässig der eine, eher etwas nervös die andere, in jedem Fall aber optimistisch – so war auch Stephanie Renda, die Gründerin des Mainzer Internet-Start-ups match2blue, in ihren Pitch gegangen

    "Also hier im Silicon Valley ist es persönlich mein erster Pitch. Es ist schon eine neue Situation jetzt, aufregend spannend. Ich freu mich drauf."

    Pitch oder pitchen, das ist eine möglichst gekonnte und überzeugende Selbstdarstellung von eigener Person, eigener Start-up-Company und der Geschäftsidee, die dahinter steckt. Und pitchen sollten die deutschen Firmengründer im Silicon Valley, um hier amerikanische Geldgeber aus dem Publikum davon zu überzeugen, dass sie auch jungen deutschen Internetunternehmen Geld für weiteres Wachstum geben können.

    Dafür war Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler eigens mit über 100 deutschen Start-up-Firmen ins Silicon Valley gereist. Besuche bei Google oder Facebook gehörten ebenso zum Programm wie eben das Pitchen, also das Einwerben von frischem Kapital.

    "Das sind insgesamt zwölf bis 15 Millionen Dollar, wir suchen nicht die ganze Summe hier, sondern vielleicht die Hälfte."

    "Wir hätten gerne so acht bis zwölf Millionen US-Dollar."

    "Wir wollen zwischen fünf und zehn Millionen Euro aufnehmen."

    Um solche Summen ging es beim Pitchen und der Ablauf hatte etwas von Speeddating. Vier Minuten hatte jeder Firmengründer Zeit für seinen Pitch, doch als es für sie endlich losging, waren die amerikanischen Geldgeber schon wieder weg. Eine Stunde müssten sie an Zeit mitbringen, hatte man ihnen versprochen, doch diese eine Stunde war durch verspäteten Beginn und mehrere Willkommensreden aufgebraucht, als die german Start-ups endlich zum Pitchen kamen. Da war nur noch ein Geldgeber im Saal – der kam aus Deutschland und der konnte die amerikanischen Geldgeber schon verstehen:

    "Man muss halt schon sagen, dass normalerweise der Investor hier davon ausgeht, dass wenn es wirklich eine gute Idee gibt, die Potenzial hat, dass sie früher oder später hierherkommt. Das ist durchaus die Einstellung der Investoren hier. Deswegen investieren die grundsätzlich weniger im Ausland."

    Bernhard Gold ist Managing Director bei T-Venture of America. 700 Millionen Euro kann das Tochterunternehmen der Deutschen Telekom in zukunftsträchtige Start-ups investieren und Bernard Gold einer derjenigen, die entscheiden, wer Geld bekommt und wer nicht. Gold hält auch die dreitägige Werbetour, die Wirtschaftsminister Rösler für deutsche Start-ups ins Silicon Valley organisiert hat, für eine gute Idee. Man könne in Amerika gar nicht genug darauf aufmerksam machen, dass es auch in Deutschland vielversprechende Firmen gebe.

    Dabei lassen die Großen der Branche, also Google, Facebook oder Apple, die deutschen Besucher sehr deutlich spüren, wie unbedeutend sie wirklich sind. Beim Besuch bei Google wird nicht mal Philipp Rösler die neue Google-Brille gezeigt, mit der der Konzern die mobile Internetnutzung revolutionieren will. Die bekommt Rösler einen Tag später nur eher zufällig von einem Tester gezeigt. Noch zugeknöpfter gibt sich Facebook. Während Rösler in seinem Gespräch dafür wirbt, dass in Europa über Datenschutz anders gedacht werde als bei Facebook, sperrt der Konzern seine Besucher regelrecht aus. Journalisten bekommen den Campus des Unternehmens gezeigt, eine leere Kantine oder die Fahrradwerkstatt, in der gleichzeitig auch Fahrgemeinschaften vermittelt werden und Wachmänner passen auf, dass niemand irgendetwas anderes zu sehen bekommt. Facebook, das von seinen Nutzern am liebsten alles wissen möchte, gibt sich selbst zugeknöpft.

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