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Fachkräftemangel ist Herausforderung im Chinageschäft

Für die deutsche Industrie ist der chinesische Fachkräftemangel "das dringendste Problem", sagt Alexandra Voss von der IHK in Peking. Das sei eine Veränderung, auf die sich deutsche Unternehmen einstellen müssten.

Alexandra Voss im Gespräch mit Sandra Schulz | 31.08.2012
    Sandra Schulz: Ja, die Menschenrechte sind und waren Thema bei den zweiten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. Das hat Bundeskanzlerin Merkel auch dieses Mal wieder klargestellt. Aber im Mittelpunkt steht beim Besuch der Kanzlerin und der historisch großen Delegation die Wirtschaft, die Eurokrise, Investitionen. So war es auch heute am Schlusstag.

    Über die Zusammenarbeit, über die wirtschaftliche Zusammenarbeit wollen wir in den kommenden Minuten sprechen. Am Telefon begrüße ich Alexandra Voss von der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Peking. Guten Tag!

    Alexandra Voss: Guten Tag!

    Schulz: Es ist bei dieser Begegnung jetzt auch wieder deutlich geworden: Deutschland und China kommen wirtschaftlich ohneeinander nicht mehr aus. Ist das gut?

    Voss: Ja, die Beziehungen sind wirklich auf einem außerordentlich starken Niveau. Seit vielen Jahren sehen wir, dass beide Länder die wichtigsten Partner in Europa und in Asien sind, und beide Seiten profitieren davon. Wir hoffen, dass wir das noch weiter ausbauen können.

    Schulz: Wir wissen, dass China ein gigantischer Markt ist für deutsche Unternehmen. Wie werden denn die Probleme diskutiert im Zusammenhang mit der politischen Lage Chinas? Eine Diktatur, die Menschenrechtslage ist und bleibt prekär. Welche Rolle spielt das?

    Voss: Aus Sicht der deutschen Industrie ist im Moment tatsächlich das dringendste Problem der Fachkräftemangel, den wir hier in China haben. Das hat sehr vielfältige Gründe, demografischer Wandel, aber auch das chinesische Bildungssystem, natürlich der wachsende Bedarf. Aber in der Tat, Sie haben recht: die politischen Rahmenbedingungen befassen uns natürlich auch und auch hier ist in China zwar schon sehr viel erreicht worden, aber weitere Fortschritte müssen dort weiterhin auch angemahnt werden.

    Schulz: Sie meinen einen Fachkräftemangel in China?

    Voss: Ja. Wenn wir mit unseren Unternehmen aktuell sprechen, ist das wirklich das Thema Nummer eins. Wir führen regelmäßig Kammerumfragen durch unter unseren Mitgliedern, sagen, wo drängt der Schuh, und da ist das Thema Nummer eins Fachkräftemangel, gefolgt von auch steigenden Lohnkosten, insbesondere entlang den großen Produktionszentren, entlang der Küste.

    Schulz: Die steigenden Lohnkosten in China, die passen den deutschen Unternehmen gar nicht gut?

    Voss: Das ist eine Veränderung, auf die sich natürlich die Unternehmen einstellen müssen, ganz klar, und da müssen dann auch die entscheidenden Prozesse zu gefunden werden. Das ist eine Herausforderung im Chinageschäft, selbstverständlich.

    Schulz: Ein Thema, das man, wenn man es vorsichtig formuliert, auf die Mentalitätsunterschiede schieben kann und wird zwischen Europa und China, das sind die Probleme um die Industriespionage, um chinesische Plagiate. Wächst das Problem nicht auch, wenn die Zusammenarbeit enger wird?

    Voss: Schutz des geistigen Eigentums ist ein Thema, das seit vielen Jahren immer wieder in der Diskussion ist, wenn es um unsere Herausforderungen im Chinageschäft geht. Das ist eine komplexe Sache. Einerseits kann man schon sagen, dass sich da wirklich viel verändert hat in den letzten Jahren. Die chinesische Regierung hat selber große Anstrengungen unternommen, die Gesetzgebung ausgebaut. Und was ganz wichtig ist: Es haben eben auch viele chinesische Unternehmen inzwischen schützenswertes geistiges Eigentum und drängen darauf, dass das auch geschützt wird. Das gesagt, muss man aber auch immer noch konstatieren, dass das Thema auf der Agenda bleibt. Gerade die Situation in den Städten außerhalb der großen Zentren wie beispielsweise Peking und Schanghai gibt es immer noch Probleme mit der Rechtsdurchsetzung in diesem Bereich und offene Patentfragen.

    Schulz: Wenn wir in dem Zusammenhang jetzt auf den Milliarde-Deal bei Airbus schauen, ist das ohne Vorbehalte ein Grund zum Jubeln?

    Voss: Die Kooperation im Technologiebereich ist ein ganz wesentlicher Aspekt, wenn man sich ansieht, wo die deutsch-chinesischen Beziehungen insgesamt hingehen. China ist ja auf dem Weg, sich immer stärker in das Upgrading zu begeben, möchte in vielen wichtigen Zukunftsbereichen einfach auch die eigenen Kapazitäten vorantreiben, und die deutsche Wirtschaft ist da ein gesuchter wichtiger Partner und das werden wir in Zukunft sicherlich auch noch weiter beobachten können.

    Schulz: Wird China da denn besser, was eigene Technologie betrifft?

    Voss: Ich glaube, ja. Die Regierung unternimmt sehr große Anstrengungen auf ganz vielen Feldern. Einerseits werden die politischen Vorgaben anders gesetzt, es gibt neue Schwerpunkte gerade im laufenden Fünf-Jahres-Plan. Darüber hinaus investiert die chinesische Regierung auch in Forschung und Entwicklung, regt die Unternehmen an, sich auch im Ausland stärker zu engagieren. Aber auf der anderen Seite ist es auch ein weiter Weg, so etwas passiert nicht über Nacht und wir müssen sehen, dass wir da in der gemeinsamen Kooperation weiterhin auch die Nase vorn behalten.

    Schulz: Alexandra Voss von der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Peking und heute in den "Informationen am Mittag". Danke Ihnen.

    Voss: Vielen Dank!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.