Deutschland, einig Fußball-Land. Kein Kommentar, der nicht einstimmte in das Preislied auf den lockeren und unbefangenen Party-Patriotismus. Von Wolf Biermann bis Friedrich Küppersbusch glauben auf einmal alle an ein modernes Deutschland, das lässig ist und weltoffen, freundlich, tolerant - und dabei stolz auf sich. Ein deutschnational gesinnter Bildungsbürger wie Herbert Kremp von der "Welt" spricht zwar von der Fußball-WM ein wenig ironisch als den "deutschen Saturnalien", aber selbstredend befällt gerade ihn in diesem schwarzrotgoldenen Sommerkarneval die Rührung angesichts des emotionalen Aufschwungs. Darf man zitieren? Man muss: "Dem Deutschen eignet kein leichtes Gemüt. Etwas Märchenhaftes geschah – das Band brach von den Herzen."
Gegen dieses Wunder von 2006 könnte man unschwer die alten 68er Reflexe in Stellung bringen – mit der bewährten Frage: Wann hat deutscher Nationalstolz dem Lande schon mal gut getan? Aber der Schuldstolz als deutsches Alleinstellungsmerkmal - Kaiser Wilhelm Zwo in dialektischer Umkehrung: diese historischen Verbrechen macht uns so leicht keiner nach! – ist der Weltgemeinschaft in den letzten Jahren denn doch zunehmend auf den Geist gegangen. Und wenn man die schwarzrotgoldene Fete selbst mitgefeiert hat, zwar ohne Fahne am Suto, dann kann man hinterher schlecht meckern. Doch ein paar Spitzen gegen die allgemeine Deutungsinflation sind angebracht.
So ganz locker, lässig, schiedlich-friedlich und fair war die Veranstaltung nun auch nicht immer. Wer die gegnerische Mannschaft samt Fans mit der Bemerkung bedenkt: "ihr seid nur unsere Pizza-Lieferanten" bedient auf ziemlich fiese Weise die Klaviatur der nationalen Stereotype. Und das obstinate Dortmunder Pfeifkonzert war gewiss nicht der Gipfel sportlichen Verhaltens.
Zudem macht eine schwarzrotgoldene Loveparade noch keine Renaissance nationalen Denkens. Eher verweist dieser vierwöchige Karneval auf Techniken des "nation branding". PR-Kampagnen zur Verbesserung des deutschen Images in der Welt sind ganz gezielt mit der Fußballweltmeisterschaft verknüpft worden: Claudia Schiffer, in die Nationalfarben gehüllt, warb rechtzeitig zum "Event" für den Standort Deutschland.
Also auch hier gilt die altpreußische Maxime: niedriger hängen! Zumal dieser Trend zum popkulturellen "Flaggen-" und "Normalisierungsnationalismus" sich schon Jahre vor der Fußball-WM angekündigt hat. Die Modedesignerin Eva Gronbach nannte bereits vor fünf Jahren ihre Kollektion "déclaration d’amour à l’Allemagne". Sie ließ die Models in der Deutschen Botschaft in Paris posieren: vor der Nationalflagge und einem Porträt von Johannes Rau. Zwei Jahre später verpflanzte die Designerin den Bundesadler auf transparente Kleider, ungefähr in Höhe der linken Brustwarze. Und was die Popmusik angeht: Da hat es schon vor drei Jahren eine Band wie MIA mit einem von Erich Fried abgekupferten Text in die Charts gebracht: "Es ist, was es ist, sagt die Liebe..." Diese Liebe wollte die Popgruppe durchaus auf Deutschland bezogen wissen.
Schwer geärgert über den "Normalisierungsdiskurs" in Sachen Nation hat sich die so genannte "Nationaldemokratische Partei Deutschlands", die NPD. Angesichts der Nationalfarben an Autos, auf Hüten, Wangen und Bikinioberteilen fürchtet sie um den angemaßten Alleinvertretungsanspruch, zumal die schwarzrotgoldene Party multikulturell gefeiert wird. Auf der Internetseite der NPD steht zu lesen – Zitat: "Was mit der Schwarzenparade im Weiß der Nationalelf vorexerziert wird, klappt auf der tanzenden Straße sowieso. Hier werden selbst Neger zu deutschen Patrioten."
Wenn man die NPD auf diese Weise ärgern kann: nur zu! Ein paar Aufkleber weniger mit der Aufschrift "schwarz-rot-geil" dürften es aber trotzdem sein. Denn: Was haben die Nationalfarben mit einem Adjektiv zu tun, mit dem man einst die Paarungsbereitschaft von Wildkaninchen bezeichnete?
Gegen dieses Wunder von 2006 könnte man unschwer die alten 68er Reflexe in Stellung bringen – mit der bewährten Frage: Wann hat deutscher Nationalstolz dem Lande schon mal gut getan? Aber der Schuldstolz als deutsches Alleinstellungsmerkmal - Kaiser Wilhelm Zwo in dialektischer Umkehrung: diese historischen Verbrechen macht uns so leicht keiner nach! – ist der Weltgemeinschaft in den letzten Jahren denn doch zunehmend auf den Geist gegangen. Und wenn man die schwarzrotgoldene Fete selbst mitgefeiert hat, zwar ohne Fahne am Suto, dann kann man hinterher schlecht meckern. Doch ein paar Spitzen gegen die allgemeine Deutungsinflation sind angebracht.
So ganz locker, lässig, schiedlich-friedlich und fair war die Veranstaltung nun auch nicht immer. Wer die gegnerische Mannschaft samt Fans mit der Bemerkung bedenkt: "ihr seid nur unsere Pizza-Lieferanten" bedient auf ziemlich fiese Weise die Klaviatur der nationalen Stereotype. Und das obstinate Dortmunder Pfeifkonzert war gewiss nicht der Gipfel sportlichen Verhaltens.
Zudem macht eine schwarzrotgoldene Loveparade noch keine Renaissance nationalen Denkens. Eher verweist dieser vierwöchige Karneval auf Techniken des "nation branding". PR-Kampagnen zur Verbesserung des deutschen Images in der Welt sind ganz gezielt mit der Fußballweltmeisterschaft verknüpft worden: Claudia Schiffer, in die Nationalfarben gehüllt, warb rechtzeitig zum "Event" für den Standort Deutschland.
Also auch hier gilt die altpreußische Maxime: niedriger hängen! Zumal dieser Trend zum popkulturellen "Flaggen-" und "Normalisierungsnationalismus" sich schon Jahre vor der Fußball-WM angekündigt hat. Die Modedesignerin Eva Gronbach nannte bereits vor fünf Jahren ihre Kollektion "déclaration d’amour à l’Allemagne". Sie ließ die Models in der Deutschen Botschaft in Paris posieren: vor der Nationalflagge und einem Porträt von Johannes Rau. Zwei Jahre später verpflanzte die Designerin den Bundesadler auf transparente Kleider, ungefähr in Höhe der linken Brustwarze. Und was die Popmusik angeht: Da hat es schon vor drei Jahren eine Band wie MIA mit einem von Erich Fried abgekupferten Text in die Charts gebracht: "Es ist, was es ist, sagt die Liebe..." Diese Liebe wollte die Popgruppe durchaus auf Deutschland bezogen wissen.
Schwer geärgert über den "Normalisierungsdiskurs" in Sachen Nation hat sich die so genannte "Nationaldemokratische Partei Deutschlands", die NPD. Angesichts der Nationalfarben an Autos, auf Hüten, Wangen und Bikinioberteilen fürchtet sie um den angemaßten Alleinvertretungsanspruch, zumal die schwarzrotgoldene Party multikulturell gefeiert wird. Auf der Internetseite der NPD steht zu lesen – Zitat: "Was mit der Schwarzenparade im Weiß der Nationalelf vorexerziert wird, klappt auf der tanzenden Straße sowieso. Hier werden selbst Neger zu deutschen Patrioten."
Wenn man die NPD auf diese Weise ärgern kann: nur zu! Ein paar Aufkleber weniger mit der Aufschrift "schwarz-rot-geil" dürften es aber trotzdem sein. Denn: Was haben die Nationalfarben mit einem Adjektiv zu tun, mit dem man einst die Paarungsbereitschaft von Wildkaninchen bezeichnete?