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Fahren mit Alkohol

Für eine alternative Einnahmequelle der Bauern könnten die deutschen Autohersteller sorgen, die sich nach Antriebsstoffen umsehen, die nicht nur kostengünstiger sind, sondern auch umweltfreundlicher als Benzin. Beispiel: Ethanol. Im Vergleich zum Benzinantrieb wird bei den alkoholbetriebenen Fahrzeugen um bis zu 80 Prozent weniger CO2 ausgestoßen. Als erster Autohersteller wagt sich nun Ford damit auf den Markt.

Von Jutta Wasserrab |
    "Flexi-Fuel heißt kraftstoffflexibel. Das heißt, dieses Auto kann also sowohl Benzin als auch Ethanol, also ein Alkohol, als auch jedes beliebige Benzin-Ethanolgemisch tanken. "

    Ford-Sprecher Isfried Hennen deutet mit seinem Finger auf die kleine Flexi-Fuel-Plakette am Heck eines Neuwagens, polar-silber metallic. Stünde dort nur das Typenschild: dem Focus C-max wäre seine Alkoholverträglichkeit nicht anzusehen. Ein kurzer Schnuppertest am Tank bringt den Beweis und schon macht sich Isfried Hennen an der Motorhaube des Wagens zu schaffen.

    Wir blicken in den Öko-Focus, der gleichermaßen Benzin und umweltfreundlichen Bio-Ethanol verbrennen kann, also Alkohol aus Getreide, Zuckerrüben oder Holzresten:

    "Also wie Sie hier sehen, sehen Sie nichts. Die Modifikationen im Vergleich zu einem konventionellen Fahrzeug sind eigentlich relativ gering. Zum einen ein anderes Motormanagement, das die Kraftstoffzusammensetzung erkennt und dementsprechend die Zündzeitpunkte an das Kraftstoffgemisch anpasst. Und zum anderen gehärtete Ventile und Ventilsitze und korrosionsbeständige Kraftstoffleitungen. Und das ist es im Wesentlichen auch schon. "

    300 Euro Aufpreis koste der Alkoholantrieb. Ab Mitte August sei er für die Modelle Focus und Focus C-Max in Deutschland zu haben. Isfried Hennen lobt jetzt die Vorzüge des Alkohols: Senkung der Betriebskosten um 20 Prozent, bessere CO2-Bilanz und wenn die Ölquellen versiegen, fährt der Wagen trotzdem. Dass der Benzinersatz noch auf keiner Tankstelle zu kaufen ist, kann den Ford-Sprecher kaum bremsen:

    "Weil es Signale gibt, insbesondere von kleineren Mineralölkonzernen wie zum Beispiel der Westfalen AG, die mit diesem Kraftstoff in den Markt wollen. Die Agrarlobby will es auch. Die Agrarlobby sitzt ja auf Überschüssen, insbesondere bei der Erzeugung von Zuckerrüben und Getreide. Und die Agrarlobby fragt sich auch, wohin mit diesen Überschüssen. "

    Statt auf den Teller in den Tank. In der Ethanol-Produktion könnte die hochsubventionierte Biomasse eine sinnvolle Verwendung finden, hoffen die Landwirte. Seitdem die rot-grüne Bundesregierung Anfang letzten Jahres alle Biokraftstoffe von der Mineralölsteuer befreit hatte, gingen in Ostdeutschland die ersten drei Bioethanolanlagen in Betrieb. Abnehmer ist die Mineralölindustrie, die den Biosprit derzeit ausschließlich als Zusatz dem Benzin beimischt. Zur Verbesserung der Klopffestigkeit.

    Die Nachfrage nach Getreide und Zuckerrüben könnte aber sprunghaft ansteigen, wenn erst Autohersteller wie Volkswagen, Opel oder Renault mit einer eigenen Ethanol-Flotte auf die Ford-Offensive reagierten. Das wäre kurzfristig möglich, denn fast alle Wettbewerber verfügen über die Flexi-Fuel-Technik, weil sie in Brasilien damit schon längst auf dem Markt sind.

    Das Land des Zuckerrohrs gilt als weltweites Vorbild. Es hat frühzeitig in Ethanol investiert. Heute kommt der Benzinersatz dort auf einen Marktanteil von 50 Prozent. Doch gerade das große Vorbild könnte deutschen Landwirten und Ethanolproduzenten gefährlich werden, sagt Bernd Geisen vom Bundesverband Bioenergie:

    "Die Situation ist die, dass Bioethanol aus Brasilien wesentlich kostengünstiger produziert werden kann, als dies in Deutschland der Fall ist. Und eine Wettbewerbsfähigkeit von bundesdeutschem Bioethanol ergibt sich eben auch hier nur durch einen europäischen Außenhandelsschutz. Also ganz klare Aussage: Für den Aufbau eines heimischen Bioethanolmarktes ist auch hier ein entsprechender Außenschutz notwendig. "

    Derzeit verlangt Brüssel für einen Liter Ethanol einen Zoll von 19,2 Eurocent. Brasilien möchte eine Million Tonnen Ethanol in die EU importieren - zollfrei. Falls es dies vor der Welthandelsorganisation durchficht, müssten deutsche Landwirte ihre Erwartungen an den Ethanolmarkt wohl nach unten korrigieren. Und je mehr ausländisches Ethanol nach Deutschland importiert werde, desto unsicherer sei auch die Verlängerung der Mineralölsteuerbefreiung über 2009 hinaus, glaubt Bernd Geisen:

    "Insgesamt der Ansatz der Bioenergien, auch der Biokraftstoffe ist es ja an der Stelle heimische Wertschöpfung zu generieren. Und insbesondere auch der heimischen Land- und Forstwirtschaft neue Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten zu eröffnen. Wenn jetzt der Rohstoff oder das Produkt Bioethanol von ausländischen Märkten importiert wird, dann entfällt an dieser Stelle das politische Ziel. "

    Bis Ende des Jahres 2009 sei Bioethanol aber auf jeden Fall billiger, sagt Fordsprecher Hennen. Und falls nach 2009 alles schief gehen sollte, verträgt der Flexi-Fuel ja auch 100 Prozent Benzin.