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Fahrradfreundliche Firmen
Neue Anreize für Radler

Manche Unternehmen wollen ihre Mitarbeiter dafür begeistern, mit dem Rad zur Arbeit zu kommen. Erfüllen sie die Voraussetzungen des Fahrradclubs ADFC, dürfen sie sich "fahrradfreundlicher Betrieb" nennen. Dafür tun einige Firmen viel - von bedachten und bewachten Radabstellplätzen bis hin zum kostenlosen Reparaturservice.

Von Maike Strietholt | 10.10.2014
    Radfahrerin im Abendlicht. Ihr Helm hängt an der Lenkstange.
    Nur eines von vielen Pro-Rad-Argumenten: Auf einem Autoparkplatz lassen sich bis zu acht Fahrräder unterstellen. (Hauke-Christian Dittrich, dpa picture-alliance)
    "Asklepios Klinik Barmbek – wir stehen hier am Auffahrtsbereich zum Fahrradkäfig. Nun haben wir ja heute kein Kaiserwetter, aber man sieht, dass er trotzdem ganz gut genutzt ist..."
    Stefan Tefke, technischer Leiter der Hamburger Asklepios-Klinik, präsentiert stolz den Fahrradkäfig – ein abgeschlossener Bereich mit 75 Stellplätzen, unter einem Dach mit dem Pkw-Parkhaus.
    "Wir haben eine adäquate Beleuchtung, wir haben eine Überwachung via Kamera. Wir haben Kooperationen mit umliegenden Fahrradgeschäften, wo unsere Mitarbeiter die Möglichkeit haben, günstiger Fahrräder zu erstehen oder Servicekonzepte: Da wird das Fahrrad morgens vom Dienstleister abgeholt und gewartet oder repariert, und abends unentgeltlich wieder hergebracht."
    Für kleinere Reparaturen steht außerdem ein Werkzeugset bereit. Hinzu kommen Umkleiden, Duschen und ein Trockenraum für nasse Fahrradbekleidung, und in der unternehmenseigenen Zeitung wird regelmäßig rund ums Thema Radfahren informiert. Damit erfüllt die Asklepios Klinik Barmbek als erster Hamburger Betrieb die Voraussetzungen für eine ADFC-Zertifizierung. Die Idee hierzu hatte vor zwei Jahren Laborleiter Hauke Heihn, selbst leidenschaftlicher Radfahrer. Er erzählt, wie die Situation für die Radfahrer vorher aussah:
    "Es gab keine abschließbaren Plätze und auch keine Bügel. Wenn man Pech hatte, wurde auch etwas abmontiert. Und was auch wichtig ist: Einige kommen mit E-Bikes, und die sind ja besonders teuer. Dazu passt es sehr gut."
    Dieser Aufwand für das Unternehmen zahlt sich an anderer Stelle aus – da ist sich Karen Schäfer, Pressereferentin der Klinik, sicher:
    "Gerade im Krankenhauswesen ist die Belastung ja durchaus hoch, und wir freuen uns wenn die Mitarbeiter körperlich aktiv sind. Da ist Fahrradfahren ja eine tolle Möglichkeit, schon auf dem Weg Ausgleich zu finden."
    Ein Nebeneffekt: Senkung des Krankenstandes
    Training für Rücken, Gelenke und Kreislauf – medizinische Studien und Krankenkassen gingen von einer deutlichen Senkung des Krankenstandes bei radelnden Arbeitnehmern aus, bestätigt auch Susanne Efferding vom ADFC Hamburg. Doch Unternehmen könnten noch anderweitig profitieren.
    "Sie können auf einen Autoparkplatz sechs bis acht Fahrräder unterstellen. Gerade in einem städtischen Unternehmen ist das bares Geld."
    Wenn noch mehr Unternehmen zum Umstieg aufs Rad motiviert werden sollen, muss sich aber auch auf den Straßen etwas ändern, mahnt Efferding.
    "Wir bekommen natürlich von den Radfahrern immer wieder Rückmeldungen darüber, wo Baustellen den Weg versperren, wo Wegführungen völlig unmöglich sind – und wir versuchen da natürlich dann auch mit der Verwaltung ins Gespräch zu kommen."
    Umso wichtiger, seitdem auf Hamburgs Straßen noch an anderer Stelle eine Entwicklung vom Auto zum Rad zu beobachten ist: Lastenfahrräder. Lieferdienste per Fahrrad oder E-Bike seien in Innenstädten vielfach nicht nur nachhaltiger, sondern auch sinnvoller als Autos. Wenn denn die Verkehrssituation stimmt – und dass hier noch Bedarf besteht, hat auch die zuständige Hamburger Behörde erkannt. Olaf Böhm, Fahrradverkehrsbeauftragter der Hamburger Wirtschaftsbehörde:
    "Hamburg leidet ein wenig unter dem Fluch der guten Tat – dass in den 60er-Jahren viele Radwege auf den Gehwegen angelegt wurden, was heute nicht mehr dem Stand für eine vernünftige Radverkehrsanlage entspricht."
    In den letzten Jahren sei von politischer Seite aber ein wenig der Knoten geplatzt, so Böhm – immer häufiger würden bei Straßenbauprojekten die Radfahrer mit berücksichtigt. Das Vorzeigeprojekt seien die geplanten 'Velorouten'.
    "Eine Veloroute ist dazu da, ganzjährig befahrbar zu sein, durch eine gute Oberfläche, Winterdienst, durch eine gute Beleuchtung."
    14 Strecken von insgesamt 280 Kilometern Länge sollen es werden, und wenn die fertig sind, erreicht der Anteil der Radfahrer im täglichen Hamburger Verkehr vielleicht tatsächlich einmal die von der Stadtverwaltung angepeilten 18 Prozent.