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Faire Löhne, umweltschonender Anbau

Seit etwa 15 Jahren gibt es die Organisation Transfair. Das Fair-Trade-Siegel steht für fair gehandelte Waren aus aller Welt. Inspektoren aus 57 Partnerländern kontrollieren die Einhaltung der vorgeschriebenen Produktionsstandards. Zurzeit werden Transfair-Mitarbeiter in Bonn geschult.

Von Ursula Mense | 01.11.2007
    Für Beatrice Fischersworring ist es eine klare Sache: mit dem fairen Handel verändern sich die Dinge positiv in den Ländern des Südens. Seit etwa vier Jahren ist sie Inspektorin bei Flo-Cert. Einmal im Jahr geht sie in die Betriebe und schaut nach, ob die sozialen und ökologischen Standards eingehalten werden, die eine Kleinbauern-Kooperative, eine Plantage oder Firma erfüllen muss. Jedenfalls dann, wenn sie ihren Produkten das Transfair-Siegel verleihen will. Fischersworring ist Deutsche. Die Agraringenieurin ist in Kolumbien aufgewachsen und lebt dort dauerhaft seit 25 Jahren.

    "Was in Kolumbien schwierig ist, dass die Arbeitsbedingungen eingehalten werden, dass die Löhne rechtzeitig bezahlt werden, dass die Ferien zugesprochen werden. Und dann gibt es stark die Tendenz, dass man Unterverträge auf den Plantagen macht. Dadurch sparen sie Kosten, es gibt kein Recht auf Krankheitsgeld und so was."

    So passiert auf einer Kaffee- Plantage mit 300 Arbeitern. Nur die Hälfte von ihnen hat Verträge, wie Fischersworring bei ihrem Besuch dort nach und nach erfährt: sie spricht immer wieder mit Arbeitern, mit der Plantagenleitung, überprüft Dokumente, schaut sich an, wie und wo gearbeitet wird. Im abschließenden Gespräch mit der Leitung macht sie mit viel Fingerspitzengefühl aber eindringlich klar, was zu den Transfair Standards gehört. Bei ihrem nächsten Besuch haben alle Arbeiter einen Vertrag.

    "…man lässt dem anderen die Möglichkeit, sein Gesicht zu bewahren, und er weiß trotzdem, wo es lang geht."

    Eine typische Vorgehensweise für Kolumbien, sagt sie. Der Erfolg gibt ihr Recht. Welche Art der Inspektion die richtige ist und wie sich die Kontrolleure verhalten sollen, das lernen sie zur Zeit in Bonn. Um Inspektor bei Flo-Cert zu werden, muss man bereits in ähnlichen Zertifizierungsorganisationen gearbeitet und eine solide Berufsausbildung haben. Viele kommen aus der Landwirtschaft. Jetzt sind sie für eine Woche aus aller Welt angereist, um Neues über die Transfair-Standards zu erfahren und um zu lernen, wie man sie erfolgreich überprüft. Beispiel: Umgang mit Demokratie. Nach den Standards sollen die Arbeiter das Recht haben, sich zu versammeln - auch gewerkschaftlich zu organisieren - und ihre Anliegen im Gespräch mit der Betriebsleitung offen vertreten können. Wie überprüfen das die einmal im Jahr auftauchenden Inspektoren? Frank Brinkschneider leitet die Zertifizierungsorganisation FLO-Cert und die Bonner Fortbildungsveranstaltung:

    "Zum Beispiel muss in Gesprächen mit Arbeitern eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werden, da gibt es Techniken. Zum Beispiel nicht mit einer Checkliste die Punkte abhaken – das ist üblich bei den Bio-Zertifizierern. Bei uns ist das anders, ehe eine Diskussion, auch in Gruppen. Wir führen die Gruppen, aber soll eine Dynamik entfacht werden und da kann man besser sehen inwieweit die Standards eingehalten werden, wenn es um Demokratieverständnis geht. Und diese Techniken muss man denen erst mal an die Hand geben."

    Theoretisch sollen die Inspekteure unangemeldet kommen. In Kolumbien, sagt Fischersworring, ist das noch unerwünscht. Und auch in Afrika, gibt Forstwirt Christoph Kleine zu, ist ein unangemeldeter Besuch noch nicht möglich. Aber allein muss man sprechen dürfen mit den Arbeitern. Wer das verweigert, bekommt einen schlechten Report und muss damit rechnen, dass ihm das begehrte Fair-Trade-Siegel entzogen wird. Passiert ist das allerdings noch nicht. Einen negativen Bericht bekommt auch, wer Pestizide ausbringt, die verboten sind. Immer wieder ein Problem in Südafrika. Es fehlt das Problembewusstsein für den Umgang mit der "Medizin". Und was den Pflanzen hilft, kann für die Menschen auch nicht so schlimm sein. Wasserdichte Anzüge und Masken – wenn sie denn da sind - bleiben im Schrank – ohnehin eine Last bei der Hitze.

    Nach drei Tagen Inspektion auf einer Farm hat Christoph Kleine raus, wie es läuft. Auch wenn man versucht, ihm was vorzumachen.

    "Also das merkt man sehr schnell, ob einer einem nur Sachen erzählt, auf die er gebrieft worden ist – fünf Minuten, dann weiß man das – man merkt, ob jemand auswendig gelernt hat oder geschult worden ist oder ob er es wirklich so meint."

    Wenn Dokumente nicht übereinstimmen und die Aussagen von Arbeitern und Farmbesitzern widersprüchlich sind, kann er meistens den Finger in die Wunde legen. Und in der Regel wird dann kooperiert.