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Falkenzucht

Für die meisten Naturliebhaber ist es immer wieder ein faszinierender Anblick, Greifvögel bei ihren eleganten Flügen durch die Lüfte zu beobachten. Doch in den 60er und 70er Jahren konnte man dieses Schauspiel nur sehr selten genießen, da zu dieser Zeit zumindest die Wanderfalken, vom Aussterben bedroht waren. Durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft gab es deutschlandweit nur noch 5 Falken-Paare. Norbert Nowka aus Lilienthal bei Bremen widmet sich in seiner Freizeit bereits seit Jahren dem sehr aufwendigen Hobby der Falkenzucht. Einen Großteil der Tiere züchtet er, um sie später wieder auszuwildern, den anderen Teil behält er zur weiteren Zucht. Außerdem bildet er Jagdfalken aus. Momentan sind es 20 Greifvögel, die er zum Teil in großen Volieren untergebracht hat und um deren Fortbestand er sich kümmert.

Claudia Kalusky |
    Das Falkenweibchen, das auf einem Ast in ihrer Voliere sitzt, schlägt wild mit den Flügeln und fordert die ganze Aufmerksamkeit des Falkners: Mensch und Tier kommunizieren:

    Wenn er von Anfang an von Hand aufgezogen ist, bekommen diese Tiere eine Fehlprägung auf den Menschen und nehmen ihn als Partner an. Das nutzt man für die Zucht, weil diese Tiere sehr eigen sind und man über künstliche Besamung dadurch einen höheren Erfolg hat, weil sonst bräuchte man 4-5 männliche Wanderfalken, weil sie sehr eigen sind, in der Auswahl. Erst mal entsprechend braucht man den Zeitraum dafür, dass sie sich kennen lernen und die Gefahr in der Voliere ist dann, dass diese männlichen Vögel nicht ausweichen können und dann eventuell getötet werden von ihren angehenden Partnern.

    Nicht in einer Voliere, sondern auf einem Pfahl im Freien thront ein imposanter Jung-Falke, den der Falkner Norbert Nowka seit einigen Monaten zu Jagdzwecken ausbildet. Auch dieser Vogel schlägt aufgeregt mit den Flügeln, streckt die respekteinflößenden scharfen Krallen und wartet auf seine Zwischenmahlzeit: ein nicht gerade appetitlich anzusehendes totes Küken.

    Die ständige Kommunikation zwischen Mensch und Tier ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Ausbildung der Vögel. Zu diesem Zweck dürfen sich Hobby-Falkner jeweils nur 2 Vögel halten, da man davon ausgeht, dass die Tiere soviel Beschäftigung brauchen, dass bei 2 auszubildenden Falken der Tag bereits ausgefüllt ist. Doch auch die Volierenvögel erfordern viel Arbeit: ihre Käfige müssen regelmäßig gereinigt werden, sie müssen mit Wurmkuren und nach Bedarf auch mit Medikamenten versorgt werden und wenn sie im Frühjahr brüten, unterliegt der Nachwuchs der überaus nervösen Tiere einer ständigen Kontrolle:

    Man muss pro Tag, pro Vogel eigentlich zwei Stunden rechnen, bei jagdlich geflogenen Vögeln, bei Volierenvögeln ist es etwas anderes. Sie ziehen ihn auf, sie müssen ihn täglich handeln, sein Vertrauen bekommen und das braucht seine Zeit. Wenn sie einen jungen Hund bekommen, wissen Sie, wie viel Arbeit hinter dem steckt. Bei dem Vogel ist es ähnlich, er muss seine natürliche Scheu, die er dem Menschen gegenüber hat, überwinden. Den Hund, den können sie zur Not bestrafen, den Vogel können sie nur positiv bestärken. Sie können ihn in keiner Form bestrafen, sie können ihm auch nicht das Fressen entziehen, sie geben ihm Futter, um Nähe zu bekommen. Der zentrale Punkt ist Futter.

    Für den Laien mag es ein eher trauriger Anblick sein, so einen Falken mehr oder weniger stoisch, angebunden auf seinem Pfahl sitzen zu sehen. Der Fachmann jedoch weiß, dass es durchaus der Natur des Tieres entspricht, stundenlang auf einem Fleck zu verharren:

    Diese Vorstellung, dass die Vögel ständig unterwegs sind und in der Luft kreisen, das machen sie aus zwei Anlässen: entweder sie möchten etwas erjagen oder brauchen etwas zu fressen oder es ist in der Balzzeit. Ansonsten sitzen diese Vögel oft herum. Es geht um Energie, Sie würden auch, wenn Sie Läufer wären, nicht den ganzen Tag rumflitzen.

    Eine weitere Voraussetzung für die Ausbildung von Jagdfalken, die monatelange Geduld erfordert, ist der Besitz der nötigen Jagdscheine. Hierfür muss der Falkner zwei Prüfungen ablegen: die erste für den Schein, den jeder normale Jäger in Deutschland besitzen muss, die zweite speziell für die Greifvogeljagd.

    Der Wanderfalke, der schnellste Vogel überhaupt, schlägt seine Beutetiere – wie Fasane, Enten oder Tauben - mit bis zu 300 Stundenkilometern im Sturzflug:

    Man präpariert sie für den Sport, dann bekommen sie die berühmte Falkenhaube auf, weil sie optisch orientiert sind und die 7-fache Sehstärke haben von uns und sonst schon nervös werden.
    Man muss heute leider weit fahren, um sie auch fliegen lassen zu können, man muss Begehungsscheine haben und Verabredungen treffen mit den Jagdpächtern.
    Das Dreiergespann besteht aus dem Vogel, dem Hund und dem Falkner. Der Hund und der Falke sind aufeinander eingestellt, er weiß, wenn er fliegt und am Himmel anwartet, also wartend am Himmel steht, sieht er den Hund unten und wenn er vorsteht, weiß er, da ist ein mögliches Tier, was hochkommen würde und darin besteht die Partnerschaft zwischen Hund und Vogel.


    Sobald der Vogel seine Beute geschlagen hat, muss der Falkner sehr schnell sein, denn sonst würde das Tier - rein instinktiv - seine Beute zerlegen und... verspeisen. Würde ihm das nur ein einziges Mal gelingen, so wäre er für alle Zeit jagduntauglich. Doch für Norbert Nowka ist es immer wesentlich faszinierender den Flug seiner Falken zu beobachten, als den Moment, in dem die Greifvögel ihre Beute erlegen.

    Der Falknerei, die im Mittelalter der Sport des Hochadels war, widmen sich heutzutage in Deutschland etwa 300 Aktive. Berufsfalkner gibt es hier – im Gegensatz zu Italien, wo die Falkner mit ihren Tieren auf Flughäfen eingesetzt werden - bisher nicht. Norbert Nowka ist durch sein Engagement im Naturschutz "auf den Falken" gekommen. Mit einigen Mitstreitern sorgte auch er, beginnend in den 70er Jahren dafür, dass die in Gefangenschaft verbliebenen Restbestände der vom Aussterben bedrohten Wanderfalken, wieder zur Brut kamen. Später begann man dann damit, den daraus resultierenden Nachwuchs auszuwildern:

    Der Erfolg hat sich gezeigt, dass die Population wieder angestiegen ist. Wir haben wieder fast 1000 Paare in Deutschland, wobei wir in den 60er Jahren nur 5 Paare hatten, weil in den 50er Jahren hat man Pestizide und Insektizide eingesetzt in der Landwirtschaft: die Eischalen wurden dünn, sie konnten nicht mehr ausgebrütet werden, die Embryos starben ab. Das Verbot wurde dann ausgesprochen, des DDT´s und dann kann man eigentlich nur von vernünftigen Projekten sprechen, mit Nachzucht und Auswilderung. Der Wanderfalke ist ein Cosmopolit, hat sich gut angepasst, ist in Städten angesiedelt worden.

    Zusammen mit einer Tierärztin kümmert sich der Hobby-Falkner aus Lilienthal bei Bremen auch um verletzte Vögel. Nicht nur Falken zählen zu seinen Patienten, sehr oft sind es Bussarde, die von Autos erfasst wurden. "Meine Familie, hat meinen "Vogeltick" akzeptiert", lacht der bärtige Mann und widmet sich umgehend der verletzten Schleiereule, die ihm aus Süddeutschland gebracht wurde.