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Falsch dosierte Medikamente

Wenn Ärzte sich irren, kann das fatale Folgen für die Patienten haben. Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover haben in einer Studie herausgefunden, dass viele Krankenhausärzte Medikamente falsch dosieren. In einem Fragebogen sollten die Mediziner angeben, welche Dosis eines Medikaments sie wählen, um bestimmte Krankheiten zu behandeln. Ergebnis: Nur jeder zweite Arzt lag richtig mit seinen Angaben. Ein neu entwickeltes Computersystem, das die Wirkungsweise der Medikamente mit den persönlichen Daten der Patienten abgleicht, könnte mehr Sicherheit in die Krankenhäuser bringen.

Michael Engel |
    Ärzte kennen sich mit Medikamenten nur lückenhaft aus. Erschreckendes Ergebnis: nur 50 Prozent der Ärzte konnten die richtige Medikamentendosis angeben. Fünfzehn Prozent der Mediziner verordneten eine zu geringe Menge an Medikamenten, in fünf Prozent der Fälle wurde eine teils bedenkliche Überdosis angegeben, 30 Prozent konnten überhaupt keine Angaben über die therapeutisch korrekte Wirkstoffmenge machen. Dabei hatte Prof. Jürgen Frölich, der die Untersuchung leitete, auf komplizierende Fragen bewusst verzichtet. 0.30

    "Ärzte", so das niederschmetternde Urteil des klinischen Pharmakologen, "wollen sich vor dem Patienten keine Blöße geben und spielen die Rolle des Allwissenden." Für die Kranken endet diese pharmakologische Variante von "russisch Roulett" mitunter tödlich: 25.000 Menschen sterben jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern durch falsche Verordnungen. Spezielle Computerprogramme, die sowohl die Basisdaten der Medikamente berücksichtigen, aber auch Vorerkrankungen der Patienten, könnten das Problem entschärfen.

    Das sogenannte Computer-Ordering-System ist eine Neuentwicklung der Medizinischen Hochschule Hannover. Als erstes wird die elektronische Patientenakte, die bei der Aufnahme ins Klinikum erstellt wird, in das System geladen. Bei einer bereits festgestellten Medikamentenunverträglichkeit weiß das System sofort, ob der Patient zum Beispiel allergisch auf das anvisierte Medikament reagieren könnte. Ein Warnhinweis - versehen mit einem dicken gelben Ausrufungszeichen - macht auf diese Komplikationsmöglichkeit aufmerksam. Alter, Geschlecht und Körpergewicht, insbesondere aber Erkrankungen von Leber und Niere, die beim Abbau der Medikamente im Körper eine entscheidende Rolle spielen, werden ebenfalls von dem Computersystem abgefragt.

    Darüber hinaus informiert das speziell entwickelte Computerprogramm über gefährliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die der Patient bereits bekommt. Immerhin: rund 20 Prozent der medikamentös bedingten Todesfälle kommen - Schätzungen zufolge - durch solche "Arzneimittelinteraktionen" zustande. Auch auf diesem Gebiet kennt sich eine Datenbank wie das Computer-Ordering-System bestens aus.

    Ärzte werden durch den Computer besser informiert. Gleichwohl entscheiden letztlich die Mediziner über die therapeutischen Maßnahmen. Wählt der Mediziner einen eigenen Weg - vielleicht sogar entgegen den Warnhinweisen des Systems - wird dieser eigenmächtige Schritt in der elektronischen Patientenakte ebenfalls vermerkt. Kommt der Patient dabei Schaden, könnte es künftig eng werden für fahrlässig handelnde Ärzte. Der Computer sorgt für eine lückenlose Buchführung auf Station.

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