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Falsch laufende Stromzähler

Da wird beim Stromverbrauch an allen Ecken und Enden gespart und wenn dann die Stromrechnung kommt, ist die Überraschung groß - es muss erneut nachgezahlt werden. Der Schuldige ist schnell ausgemacht: Der Stromzähler muss falsch laufen. Gerüchte und Geschichten darüber gibt es viele. Und wenn sie dann mal wieder die Runde machen, können sich Stromanbieter eine Zeitlang kaum vor Anrufen von verunsicherten Kunden retten.

Von Katja Bigalke |
    Geschichten von Stromzählern, die falsch zählen, sind so alt, wie die Stromzähler selbst - also etwas mehr als 100 Jahre. Mal geht es um private Manipulationen, mal um finstere Machenschaften von Energiekonzernen, die mit falschen Zählern noch mehr Geld verdienen. Alles kann vorkommen - natürlich. Es kommt aber nicht so häufig vor, wie vermutet. Ingenieur Uwe Paulin ist im Landesamt für Mess- und Eichwesen Berlin-Brandenburg für die Eichung von Elektrizitätszählern zuständig. Wenn der Stempel auf den Plomben 16 Jahre zurückliegt, führt er bei Zählern gleichen Typs und Jahrgangs obligatorische Stichproben durch. Dabei erweist sich die Zuverlässigkeit der Geräte eigentlich als relativ gut. Paulin:

    "Mir liegt eine Bundesstatistik vor aus dem Jahr 2006. Danach sind in diesem Jahr 970 Stichproben geprüft worden, daran waren beteiligt ungefähr 2,6 Millionen eichpflichtige Elektrizitätszähler und diese Prüfung ist so ausgegangen, dass 87 Prozent der Zähler diese Prüfung positiv bestanden hat."

    Knapp 90 Prozent der getesteten Zähler laufen also ziemlich einwandfrei. In diesen Stichprobengruppen weisen weniger als fünf Prozent der Geräte geringe Abweichungen auf, die Laufzeit wird um fünf Jahre verlängert. Bei Gruppen mit höheren Fehlerquoten werden die Zähler sofort ersetzt. Wer sich nach dem letzten Check seines Zählers erkundigen will, muss das zuständige Amt für Eichwesen anrufen:

    "Diese Auskunft, die die Behörden geben, ist kostenfrei. Wir brauchen die entsprechenden Angaben zum Zähler, also Eichjahr, Zählernummer, ihre Anschrift möglicherweise und dann kann anhand von Dateien von Bescheiden, die die Behörden führen, eine Auskunft gegeben werden, ob ihr Zähler an einer Stichprobenprüfung teilgenommen hat."

    Seit das Gerücht umgeht, in Deutschland liefen bis zu 50 Prozent der Zähler falsch, gehen bei Paulins Amt mehr als fünfmal so viele Anrufe ein wie sonst. Wer wissen will, ob sein gestiegener Stromverbrauch womöglich auf einen fehlerhaften Zähler zurückzuführen ist, kann aber auch erstmal selbst aktiv werden. Energieberater Detlef Bramik von der Berliner Verbraucherzentrale:

    "Wir versuchen seit Jahren mit einer Checkkarte die Leute dazu zu bringen, dass sie laufend ihre Verbrauchszahlen notieren. Leute - und das erleben wir immer wieder - klagen über hohen Stromverbrauch, wissen aber nicht, was sie verbrauchen. Einmal im Jahr ist dann der große Schrecken, wenn die Rechnung kommt und da gibt es teilweise Unterschiede von einigen hundert bis tausend Kilowattstunden, wo man sich dann fragt, woher kommt denn dieser Mehrverbrauch. Vor allem, wenn die Leute glaubhaft erklären, dass keine neuen Geräte angeschafft wurden."

    Oft tauchen bei genauerem Hinsehen Fehler beim Ablesen des Zählerstands auf. Noch öfter sind Geräte, die ständig im Standby-Betrieb laufen, die größten Stromfresser. Sollte sich aus der Analyse des Stromverbrauchs kein konkreter Hinweis ergeben, gibt die Verbraucherzentrale ihren Kunden einen eigenen Stromtester mit nach Hause:

    "Man könnte mit einem Stromtester einen Verbraucher separieren - zum Beispiel die Waschmaschine und dann mit zwei Geräten messen und dann versuchen, die Differenz zu erklären."

    Erst wenn der Unterschied frappierend ist, rät Bramik, sich mit dem Kundendienst der Stromanbieter in Verbindung zu setzen, oder beim zuständigen Amt für Mess- und Eichwesen anzurufen. Beide sind verpflichtet, jedem Verdacht nachzugehen. Uwe Paulin vom Landesamt für Mess- und Eichwesen:

    "Natürlich hat jeder Kunde das Recht, eine individuelle Befundprüfung seines Zählers durchführen zu lassen. Da haben wir natürlich das Kostenrisiko. Das heißt, wenn der Zähler doch richtig sein sollte, also nichts zu beanstanden ist, dann muss der Kunde die Kosten tragen - und diese betragen so zirka 100 Euro. Diese Kosten fallen nicht an, wenn der Zähler nicht in Ordnung sein sollte, dann muss der Energieversorger die Kosten selbst tragen."
    Inwieweit alte Fehlrechnungen dann vom Energieversorger ausgeglichen werden, ist Verhandlungssache. Der Berliner Stromanbieter Vattenfall wollte sich dazu nicht äußern. Eines sollte man bei einer Beanstandung der Zähler aber immer bedenken: Statistisch gesehen, gehen die Zähler in 50 Prozent der Fälle langsamer als sie sollten. Es kann also auch teurer werden.