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Falsche Doktoren

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat am Dienstagmorgen ein Institut für Wissenschaftsberatung in Bergisch Gladbach bei Köln durchsucht. Es bestehe der Verdacht, dass bundesweit bei der Vermittlung von Doktortiteln Bestechungsgelder an Professoren gezahlt wurden.

Von Frank Überall |
    Das Institut für Wissenschaftsberatung liegt in einem schmucklosen Gewerbegebiet in Bergisch Gladbach bei Köln. Als die Fahnder am Morgen klingelten, waren die Verantwortlichen überrascht. Schließlich hatten sie erst vor drei Jahren Besuch von Ermittlern aus Norddeutschland. Günther Feld, Oberstaatsanwalt aus Köln:

    "Die Staatsanwaltschaft Hannover, hat hier 2005 ebenfalls durchsucht, ist dabei auf eine Fülle von Namen gestoßen. Hat sich zunächst mal konzentriert auf die Namen, die in Niedersachsen eine Rolle spielten. Hat uns allerdings davon Kenntnis gegeben, dass möglicherweise im hiesigen Bereich auch Verdachtsmomente gegeben seien. Dem sind wir nachgegangen, mit der Durchsuchung, die heute stattgefunden hat."

    Vor dem Landgericht in Hildesheim wird derzeit einem Universitätsprofessor aus Hannover der Prozess gemacht, weil er Doktortitel gegen Geld vergeben haben soll. Der Geschäftsführer des Instituts aus Bergisch Gladbach sitzt dort mit auf der Anklagebank. In 67 Fällen sehen es die Ermittler alleine in diesem Fall als erwiesen an, dass jeweils über 4.000 Euro für die Annahme der Instituts-Kunden als Doktoranden gezahlt wurden. Der Professor hat das bereits gestanden. Zwei weitere Hochschullehrer aus Niedersachsen sind ebenfalls unter Verdacht geraden, und möglicherweise ist das alles erst die Spitze eines Eisbergs. Günther Feld:

    "Wir gehen nicht davon aus, dass es sich um eine regionale Geschichte handelt. Wir wissen, dass das Institut bundesweit tätig ist, so dass der Verdacht besteht, dass auch bundesweit solche Fälle bekannt werden."

    Mehr als 1.000 Fälle werden jetzt überprüft. Daten, Unterlagen und vor allem Adressen wurden sicher gestellt. Welche Professoren mit dem Institut zusammen gearbeitet haben und deshalb jetzt unter Verdacht geraten, ist noch völlig offen. Auch gegen welche Doktoranden möglicherweise ermittelt wird, wird sich erst nach Auswertung der sicher gestellten Unterlagen heraus stellen. Wer die hohen Summen bezahlt habe, müsse sich womöglich dem Vorwurf der Beihilfe zur Bestechlichkeit stellen, hieß es aus Ermittlerkreisen. An der Kölner Universität, die von den Ermittlungen nicht betroffen ist, meint man, gegen solche dubiosen Praktiken geschützt zu sein. Uni-Sprecher Patrick Honecker:

    "Wir gehen davon aus, in einer eidesstattlichen Versicherung müssen das die Doktoranden ja auch festsetzen, dass die Arbeit wissenschaftlich selbstständig verfasst wird. Natürlich kann ich zum Beispiel eine Rechtschreibprüfung extern durchführen lassen, das ist nicht unbedingt etwas, was anstößig ist. Es gibt allerdings Dinge, wie zum Beispiel wirkliche wissenschaftliche Arbeit wahrnehmen für denjenigen, der wissenschaftlich arbeiten soll. Das ist mit Sicherheit nicht im Sinne der Universität."

    Beim Deutschen Hochschulverband, in dem Professoren aus ganz Deutschland organisiert sind, sieht man Institute wie das in Bergisch Gladbach seit jeher kritisch. Prinzipiell sei die Dienstleistung einer bloßen Beratung zwar nicht zu beanstanden, ein grundsätzlicher Verdacht dränge sich aber in den meinen Fällen auf, so Professor Bernhard Kempen vom Hochschulverband:

    "Die Promotionsberater beeinträchtigen das Promotionsgeschäft. Sie bringen den wissenschaftlichen Nachwuchs und uns selbst, die Professorinnen und Professoren, in Misskredit, indem sie der Bevölkerung sozusagen das Gefühl vermitteln, da ist nicht überall Doktor drin wo Doktor drauf steht."

    Jährlich werden in Deutschland 26.000 erfolgreiche Promotionen abgenommen. Experten schätzen, dass etwa jede hundertste auf dubiosen Wegen, zum Beispiel durch Promotionsberater, zustande kommt. Bisher waren die organisierten Hochschullehrer dagegen daber nahezu hilflos:

    "Wir haben in der Vergangenheit auch schon mehrfach Strafanzeige erstattet. Diese Strafanzeigen waren dann aber nicht erfolgreich, weil die Staatsanwaltschaft der Auffassung war, dass hier ein hinreichender Anfangsverdacht nicht vorhanden sei. Umso aufmerksamer sind wir, wenn es dann zu konkreten Sachverhalten kommt."

    Mit ihrer Durchsuchung hat die Kölner Staatsanwaltschaft das Thema nun aufgegriffen. Ein Sprecher des Bergisch Gladbacher Instituts wollte sich wegen der schwebenden Verfahren nicht zu den Vorwürfen äußern. Sollte sich der Anfangsverdacht in diesem Fall aber bestätigen, ist es wahrscheinlich, dass die Ermittlungen auf weitere, ähnliche Dienstleister ausgeweitet werden.