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Falsche Ernährung

Ernährung. – Mediterrane Ernährung mit viel Olivenöl, Gemüse, Pasta und Fisch ist in Deutschland große Mode. Der umgekehrte Trend ist offenbar am Mittelmeer selbst am Werk. Auf der 9. Europäischen Ernährungskonferenz in Rom beklagten Experten das Vordringen von Pommes frites, Hamburgern und Softdrink in den mediterranen Ländern.

    "Die mediterrane Ernährung stirbt vielleicht nicht aus, aber es ist doch sehr schlecht um sie bestellt", meint Margherita Caroli, Ernährungsbeauftragte der italienischen Provinzregierung von Brindisi. Die Kinderärztin untersucht derzeit, ob italienische Kinder noch die als gesund eingeschätzten Mittelmeerküche oder verstärkt die als ungesund verschrieenen Produkte der Fast-food-Kultur essen. Die ersten Ergebnisse stuft Caroli als erschreckend ein: "Wir haben sechs Regionen in Italien untersucht und mussten feststellen, dass die Fettleibigkeit jetzt auch im Süden stark zunimmt. Unter den acht- bis neunjährigen Kindern haben inzwischen 36 Prozent Übergewicht."

    Italien ist nicht allein. Auf Kreta nehmen Jugendliche heute doppelt so viele gesättigte Fettsäuren mit der Nahrung auf wie ihre Altersgenossen vor 40 Jahren; gleichzeitig ging der Verbrauch von Olivenöl stark zurück. Das haben Forscher der Universität Heraklion auf Kreta ermittelt. Mit dieser Entwicklung verbinden sie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wurst und Fleisch stehen in einem Maße auf dem Speisezettel von Jugendlichen in Madrid und Zaragoza, das Forscher der Universität Murcia als "exzessiv" bezeichnen. Und eine Studie aus dem südfranzösischen Languedoc ergab, dass auch die heutigen Erwachsenen zu wenig Obst und Gemüse verzehren.

    Offenbar bekommt Südeuropa ein Ernährungsproblem, das dasjenige des Nordens sogar noch übertrifft. Philip James, Leiter der "International Obesity Task Force", einer Initiative zur Bekämpfung der weltweiten Fett-Epidemie: "Die Kinder in Italien, Griechenland, Spanien und Portugal haben ein stärkeres Übergewicht als Kinder in Nordeuropa. Wir haben immer gedacht, der Norden sei der geplagte Teil Europas und der Süden durch die mediterrane Diät geschützt. Doch jetzt kehrt sich das Bild um." James macht dafür die verstärkte Werbung der Lebensmittelfirmen verantwortlich: "Die Kinder werden nur so mit Werbung von Lebensmittelfirmen bombardiert. Die Konzerne haben den mediterranen Raum als neuen Absatzmarkt entdeckt, wo große Profite möglich sind." Parallel geht auch in mediterranen Ländern die Bewegung der Menschen kontinuierlich zurück. Computer und Fernsehen ersetzen zunehmend den Spielplatz.

    [Quelle: Volker Mrasek]