Sonst wäre er ja auch falsch, denn Erika und Klaus, Golo und Monika und Michael und Elisabeth gehören zweifellos zu den "Manns" dazu; eben das soll ja gezeigt werden: Wie sie ihre Lebenswege gingen, auf der Suche nach einer Identität jenseits der langen Schatten, die der übermächtige Vater schlug, den sie "Zauberer" nannten.
"Frau Thomas Mann" zu sein, so stand es auf ihrem Briefpapier gedruckt, das ging würdevoll eben noch für Frau Katia. Nur Sohn oder Tochter sein geht auf die Dauer nicht. Sogar der Vater wirkt immer ein bisschen wie ein Vater-Darsteller: ein Filmschnipsel zeigt den bedeutenden Mann vor dem imposanten Treppenaufgang des Hauses Poschingerstraße 1, wie er deutlich heiter die Stufen hinuntersteigt, mit ausgebreiteten Armen, die kleine Elisabeth entgegenzunehmen und - guck, guck - in die Kamera zu lächeln, und man fragt sich: für wen wurde das eigentlich gefilmt?
So profitiert eine Ausstellung über die Familie Mann von der medialen Umtriebigkeit ihrer Protagonisten. Man kann Klaus Manns ungelenkes Englisch hören, "you can't go home again", mit dem er als Propaganda-Sergeant der U.S. Army gegen Nazideutschland kämpft. Oder auch eine Schallplatte, die 1955 Erika, die Älteste, dem Papa zum 80. Geburtstag aufnahm, ein fiktives Radiogespräch zu Ehren des Jubilars. Da spricht sie nicht nur die Mann-Expertin Frau Motzknödel, sondern auch den Moderator "Roßgoderer".
Immerhin derart valentinesk respektlos durfte im Familienkreis gescherzt werden. Die gleiche Erika hat dann allerdings als Brief-Herausgeberin alle Hinweise auf irgend "Schwüles" beim Vater getilgt.
Ganz so spektakulär-multimedial wie sie sich anpreist, ist diese Ausstellung nun aber doch nicht. Und vielleicht etwas allzu vornehm hält sie sich zurück, Schlüsse zu ziehen aus dem Material, das sie so klug präsentiert. Man sieht das alles gern, die berühmte Taufschale; die feine Esszimmerblumentapete aus der Poschingerstraße, die sich in einem der inszenierten Räume wieder findet; die Schulzeugnisse der Mann-Kinder (von mäßig bei Klaus bis katastrophal bei Monika. Überhaupt Monika. Es gab bei den Manns wohl einen Hang zum Mittelschwester-Mobbing. Monika, die mal Musik studierte und mal ein bisschen schrieb, aber in das Klingelschild auf ihrem Inselrefugium Capri gleich "scrittrice" gravieren ließ, "Schriftstellerin". Uwe Naumann, Kurator der Ausstellung und Herausgeber eines opulenten Begleitbands, findet für die traurige Monika viel gute Worte und anerkennende Zeugnisse - aber neben den scharfen Profilen der Geschwister bleibt sie eben doch das arme "Mönchen".
So ist vor allem Klaus der faszinierende Anti-Held unter diesen "Kindern der Manns". Geschrieben haben sie alle, er aber wagte es, hauptamtlich Schriftsteller zu sein. Wo Thomas Mann sich über Abgründe hinüberzuzaubern verstand, stürzte Klaus in Verzweiflungen: politische, homo-erotische, drogistische. Die Sublimationsleistung des Alten war nicht zu wiederholen. Auch Michael, der jüngste, Bratscher und später Germanist, stirbt einen Drogentod. Es sollen die Tagebücher des Vaters gewesen, die er nicht verkraften konnte. Golo, der kauzig-solide, macht seine Karriere als Historiker erst spät; vorher gilt er den älteren Geschwistern vor allem als Groteskfigur. Einzig Elisabeth, die späte Lieblingstochter Medi, die Meeresforscherin und Kronzeugin in Breloers Film, scheint mit sich und ihrem reichen, schweren Erbe am Ende doch ins Reine gekommen zu sein.
Es ist ein Familienalbum. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und jedenfalls Interessant, denn eine interessantere Familie haben wir nicht.
"Frau Thomas Mann" zu sein, so stand es auf ihrem Briefpapier gedruckt, das ging würdevoll eben noch für Frau Katia. Nur Sohn oder Tochter sein geht auf die Dauer nicht. Sogar der Vater wirkt immer ein bisschen wie ein Vater-Darsteller: ein Filmschnipsel zeigt den bedeutenden Mann vor dem imposanten Treppenaufgang des Hauses Poschingerstraße 1, wie er deutlich heiter die Stufen hinuntersteigt, mit ausgebreiteten Armen, die kleine Elisabeth entgegenzunehmen und - guck, guck - in die Kamera zu lächeln, und man fragt sich: für wen wurde das eigentlich gefilmt?
So profitiert eine Ausstellung über die Familie Mann von der medialen Umtriebigkeit ihrer Protagonisten. Man kann Klaus Manns ungelenkes Englisch hören, "you can't go home again", mit dem er als Propaganda-Sergeant der U.S. Army gegen Nazideutschland kämpft. Oder auch eine Schallplatte, die 1955 Erika, die Älteste, dem Papa zum 80. Geburtstag aufnahm, ein fiktives Radiogespräch zu Ehren des Jubilars. Da spricht sie nicht nur die Mann-Expertin Frau Motzknödel, sondern auch den Moderator "Roßgoderer".
Immerhin derart valentinesk respektlos durfte im Familienkreis gescherzt werden. Die gleiche Erika hat dann allerdings als Brief-Herausgeberin alle Hinweise auf irgend "Schwüles" beim Vater getilgt.
Ganz so spektakulär-multimedial wie sie sich anpreist, ist diese Ausstellung nun aber doch nicht. Und vielleicht etwas allzu vornehm hält sie sich zurück, Schlüsse zu ziehen aus dem Material, das sie so klug präsentiert. Man sieht das alles gern, die berühmte Taufschale; die feine Esszimmerblumentapete aus der Poschingerstraße, die sich in einem der inszenierten Räume wieder findet; die Schulzeugnisse der Mann-Kinder (von mäßig bei Klaus bis katastrophal bei Monika. Überhaupt Monika. Es gab bei den Manns wohl einen Hang zum Mittelschwester-Mobbing. Monika, die mal Musik studierte und mal ein bisschen schrieb, aber in das Klingelschild auf ihrem Inselrefugium Capri gleich "scrittrice" gravieren ließ, "Schriftstellerin". Uwe Naumann, Kurator der Ausstellung und Herausgeber eines opulenten Begleitbands, findet für die traurige Monika viel gute Worte und anerkennende Zeugnisse - aber neben den scharfen Profilen der Geschwister bleibt sie eben doch das arme "Mönchen".
So ist vor allem Klaus der faszinierende Anti-Held unter diesen "Kindern der Manns". Geschrieben haben sie alle, er aber wagte es, hauptamtlich Schriftsteller zu sein. Wo Thomas Mann sich über Abgründe hinüberzuzaubern verstand, stürzte Klaus in Verzweiflungen: politische, homo-erotische, drogistische. Die Sublimationsleistung des Alten war nicht zu wiederholen. Auch Michael, der jüngste, Bratscher und später Germanist, stirbt einen Drogentod. Es sollen die Tagebücher des Vaters gewesen, die er nicht verkraften konnte. Golo, der kauzig-solide, macht seine Karriere als Historiker erst spät; vorher gilt er den älteren Geschwistern vor allem als Groteskfigur. Einzig Elisabeth, die späte Lieblingstochter Medi, die Meeresforscherin und Kronzeugin in Breloers Film, scheint mit sich und ihrem reichen, schweren Erbe am Ende doch ins Reine gekommen zu sein.
Es ist ein Familienalbum. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und jedenfalls Interessant, denn eine interessantere Familie haben wir nicht.