Dienstag, 21. Mai 2024

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Familie und Beruf - wie schaffen das die andern?

... ein Stoßseufzer, der vor allem in den westlichen deutschen Bundesländern oft zu hören ist.

Moderation: Jürgen Wiebicke | 28.05.2004
    Während in Dänemark 48, in Schweden 33, im vielzitierten Frankreich immerhin noch 23 Prozent aller Kinder zwischen 0 und 3 Jahren in einer außerfamiliären Einrichtung betreut werden können, sind es in Westdeutschland gerade mal 2,2. Wer es für besser hält, dass so kleine Kinder in den ersten drei Jahren bei Mama daheim bleiben - Papa könnte es theoretisch auch sein - fühlt sich vom ersten Blick auf die Kindergartenstatistik vielleicht getröstet:

    99 Prozent aller kleinen Franzosen, 95 Prozent aller Belgier und immerhin 85,2 Prozent aller Westdeutschen zwischen drei und sechs gehen in einen Kindergarten. Was nicht in der Zahlenreihe steht: wie lange so eine Kita geöffnet hat und was die Eltern die Betreuung kostet... Da sieht der Alltag in Deutschland leider nicht annähernd so rosig aus wie in anderen Ländern. Zwar gibt es glänzende Zahlen aus Ostdeutschland - Krippenplätze für 41 Prozent der Kinder, ein Überangebot gar - jedenfalls im Durchschnitt - an Kindergartenplätzen: aber dort sinkt die Anzahl der Plätze schneller noch als die Geburtenzahlen - und bald wird man "Westniveau" erreicht haben, befürchten Elterninitiativen beispielsweise in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg. Und je stärker die Arbeitslosigkeit unter Frauen um sich greift, umso mehr Kinderbetreuungsplätze werden gestrichen: Die Mütter, so die Logik, hätten ja Zeit, sich selber um ihre Kinder zu kümmern. Und kein Geld mehr, eine Betreuung zu bezahlen. Der Verband Bildung und Erziehung weist darüber hinaus auf folgenden Trend hin: Die Kommunen würden zwar Kinderkrippenplätze schaffen - aber mit Geldern, die sie durch die Absenkung der Sozialhilfeausgaben sparen. Die neuen Betreuungsplätze kämen dann berufstätigen Eltern zugute ... auf diese Weise würden Kinderkrippen und -gärten zunehmend Einrichtungen für gut Betuchte. Bevor man, wie in Bayern und Baden-Württemberg - Lehrpläne für Kindergärten einführe, solle man zunächst einmal sichern, dass Kinder unabhängig vom elterlichen Geldbeutel qualifiziert betreut werden können . Denn sonst beginne die Bildungsprivilegierung schon im frühen Kindesalter....

    Das sind Debatten, die unsere Nachbarn in Holland, Frankreich oder Skandianvien mit Befremden betrachten. Die sind ein ganzes Stück weiter: in der Anerkennung weiblicher Berufskarrieren wie in der Notwendigkeit von Kinderbetreuung als allgemeine Aufgabe. Warum funktioniert woanders, was in Deutschland so schwer ist?
    Ob in Deutschland je passiert, was in Japan Gesetz ist: Dass Arbeitgeber mit mehr als 300 Beschäftigten Kindergärten schaffen müssen...

    Gesprächspartner:

    Judith und Reinhard Maiworm, Elternpaar

    Dr. Lothar Strätz, Experte für Frühpädagogik, Sozialpädagogisches Institut an der Fachhochschule Köln

    Heike Friesel

    Literatur zum Thema:

    Pamela Oberhuemer; Michaela Ulich: Kinderbetreuung in Europa Beltz

    Michaela Ulich: Die Welt trifft sich im Kindergarten
    Beltz

    Wassilios E. Fthenakis, Pamela Oberhuemer:
    Frühpädagogik international Leske und Budrich

    Rainer Strätz u.a.
    Qualität für Schulkinder in Tageseinrichtungen
    Ein nationaler Kriterienkatalog. Beltz

    Rainer Strätz u.a.
    Eine gemeinsame Aufgabe von Schule und Praxis
    Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, Beltz

    Rainer Strätz u.a.
    Beobachten
    Anregungen für Erzieherinnen im Kindergarten, Beltz

    Links zum Thema:

    Situation der Kinderbetreuung in Europa
    Kinderbetreuung in Europa

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