Was bleibt von einem Leben? Wenn man es ganz vor sich sehen könnte, all die leichten und harten Momente, die Kinder, wie sie aufwachsen und selber Kinder kriegen, die Eltern, die sterben, sich selbst, wie man älter wird, was bleibt dann? Welche Erinnerungen? Der blöde rassistische Witz über Mexikaner, den Großvater immer erzählt hat, oder die Silberkette, die die Tochter als Kind geschenkt bekam, jene Uhr, diese Eigenart? Oder der 40 Jahre währende Streit zwischen Vater und Sohn, ob Calamares zur Familie der Meeresfrüchte gehören.
In Dan LeFrancs neuem Stück "The Big Meal" hat man diese einmalige Gelegenheit. Das Stück mit seinen mehr als 70 Szenen, das sich wie eine Partitur liest, spielt in einem Restaurant, in dem eine Familie miteinander tafelt. Die Figuren sitzen am Tisch, schauen in Speisekarten und fragen sich, was sie bestellen sollen. Doch sie kommen nie dazu, denn da ist immer ein wichtiger Anlass, der verhandelt werden muss: eine Schwangerschaft, die neue Freundin, eine Hochzeit oder eine unheilbare Krankheit.
Acht Schauspieler - zwei Kinder, zwei Jugendliche, zwei Erwachsene und zwei Senioren - spielen die verschiedenen Lebensalter der 13 Figuren aus fünf Generationen, die die Familie von Sam und Nicky ausmachen. Am Anfang lernen die beiden sich als Teenager in einem Restaurant kennen, zum Schluss, 60 Jahre später, stirbt der demente Sam und Nicky sieht mit Angst geweiteten Augen in die Zukunft. Die Figuren altern, indem sie wie beim Stapellauf von dem nächst-älteren Schauspieler übernommen werden und die Jungen zu neuen Mitgliedern der Familie werden. Die Dialoge sind schnell, oft sehr witzig und prägnant. Wenn Kinder am Tisch sitzen, sprechen manchmal auch alle durcheinander. Autor Dan LeFranc fängt in den kurzen Dialogen ein Gefühl ein, das einem aus seiner eigenen Familie äußerst vertraut vorkommt. Hin und wieder kommt eine schwarz gekleidete Kellnerin mit einem Gericht herein, knallt es vor jemandem auf den Tisch und geht wieder.
Der erste, dem das geschieht, ist Sams nerviger Vater. Plötzlich sitzt er im Lichtkegel und alle anderen erstarren. Er isst langsam in aller Ruhe, während nervöses Lachen aus dem Publikum das Mahl begleitet. Die Kellnerin kommt zurück und reißt ihm den Teller weg, während er langsam aufsteht und ins Dunkel der Hinterbühne verschwindet.
Auf diese Weise verabschieden sich im Laufe des Abends Mutter Alice, Tochter Maddie, die Brustkrebs hat, ihr Sohn Sammy, der aus Wut und Rebellion in den Krieg zieht und schließlich Sam selbst. Einmal kommt eines der Kinder auf die Bühne, bekommt ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben Chicken McNuggets serviert und geht wieder: eine Fehlgeburt. Diese stillen Momente im Rausch der Dialoge werden im Laufe des Abends beklemmender. Bei Sam, der am Schluss von Nicky gefüttert werden muss, aber trotzig die Gabel greift, um selbst zu essen, wird die Stille fast unerträglich. Es ist diese gleichlaufende Mechanik des Abends, die so vergnüglich daherkommt und doch zunehmend unangenehm und verstörend wirkt.
Regisseur Sam Gold inszeniert die Szenen mit präzisem Timing und in herrlich irrwitzigem Tempo. Dann schafft er plötzlich diese Oasen der Stille, der Leichenschmaus ist serviert, Zeichen für den unwiederbringlichen Abschied einer Figur. Überhaupt gelingt es Gold, das Stück in einer starken, minimalistischen Form zu inszenieren, ohne sich vom Naturalismus der Bühne oder Kostüme ablenken zu lassen. Es ist immer derselbe Tisch im Vordergrund, an dem die Szenen stattfinden; an Tischen im Hintergrund sitzen die Spieler, die nicht in der Szene sind. Die im Grunde nicht vorhandenen Szenenwechsel sind herrlich unaufwendig, das Ensemble spielt präzise die verschiedenen Figuren, ohne Klischees zu bedienen.
"The Big Meal" erzählt die Geschichte vieler Mahlzeiten einer "All-American family" mit den so unsäglich lustigen, dann wieder schmerzlich genauen Details, die in unsere menschliche Natur eingraviert zu sein scheinen: das Lieben und Sterben, die Trauer und die aufgestaute Bitterkeit und die so fatale Rolle, die sogenannte Ehrlichkeit immer wieder spielt. Alles wird zu einem großen Fest-Mahl, dem Leben selbst. Und Sam Golds starke und kluge Inszenierung macht insbesondere das letzte Essen zu einem beunruhigenden Ereignis voller Schönheit und Würde. "The Big Meal" ist ein wahrer Leckerbissen, der unter die Haut geht.
In Dan LeFrancs neuem Stück "The Big Meal" hat man diese einmalige Gelegenheit. Das Stück mit seinen mehr als 70 Szenen, das sich wie eine Partitur liest, spielt in einem Restaurant, in dem eine Familie miteinander tafelt. Die Figuren sitzen am Tisch, schauen in Speisekarten und fragen sich, was sie bestellen sollen. Doch sie kommen nie dazu, denn da ist immer ein wichtiger Anlass, der verhandelt werden muss: eine Schwangerschaft, die neue Freundin, eine Hochzeit oder eine unheilbare Krankheit.
Acht Schauspieler - zwei Kinder, zwei Jugendliche, zwei Erwachsene und zwei Senioren - spielen die verschiedenen Lebensalter der 13 Figuren aus fünf Generationen, die die Familie von Sam und Nicky ausmachen. Am Anfang lernen die beiden sich als Teenager in einem Restaurant kennen, zum Schluss, 60 Jahre später, stirbt der demente Sam und Nicky sieht mit Angst geweiteten Augen in die Zukunft. Die Figuren altern, indem sie wie beim Stapellauf von dem nächst-älteren Schauspieler übernommen werden und die Jungen zu neuen Mitgliedern der Familie werden. Die Dialoge sind schnell, oft sehr witzig und prägnant. Wenn Kinder am Tisch sitzen, sprechen manchmal auch alle durcheinander. Autor Dan LeFranc fängt in den kurzen Dialogen ein Gefühl ein, das einem aus seiner eigenen Familie äußerst vertraut vorkommt. Hin und wieder kommt eine schwarz gekleidete Kellnerin mit einem Gericht herein, knallt es vor jemandem auf den Tisch und geht wieder.
Der erste, dem das geschieht, ist Sams nerviger Vater. Plötzlich sitzt er im Lichtkegel und alle anderen erstarren. Er isst langsam in aller Ruhe, während nervöses Lachen aus dem Publikum das Mahl begleitet. Die Kellnerin kommt zurück und reißt ihm den Teller weg, während er langsam aufsteht und ins Dunkel der Hinterbühne verschwindet.
Auf diese Weise verabschieden sich im Laufe des Abends Mutter Alice, Tochter Maddie, die Brustkrebs hat, ihr Sohn Sammy, der aus Wut und Rebellion in den Krieg zieht und schließlich Sam selbst. Einmal kommt eines der Kinder auf die Bühne, bekommt ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben Chicken McNuggets serviert und geht wieder: eine Fehlgeburt. Diese stillen Momente im Rausch der Dialoge werden im Laufe des Abends beklemmender. Bei Sam, der am Schluss von Nicky gefüttert werden muss, aber trotzig die Gabel greift, um selbst zu essen, wird die Stille fast unerträglich. Es ist diese gleichlaufende Mechanik des Abends, die so vergnüglich daherkommt und doch zunehmend unangenehm und verstörend wirkt.
Regisseur Sam Gold inszeniert die Szenen mit präzisem Timing und in herrlich irrwitzigem Tempo. Dann schafft er plötzlich diese Oasen der Stille, der Leichenschmaus ist serviert, Zeichen für den unwiederbringlichen Abschied einer Figur. Überhaupt gelingt es Gold, das Stück in einer starken, minimalistischen Form zu inszenieren, ohne sich vom Naturalismus der Bühne oder Kostüme ablenken zu lassen. Es ist immer derselbe Tisch im Vordergrund, an dem die Szenen stattfinden; an Tischen im Hintergrund sitzen die Spieler, die nicht in der Szene sind. Die im Grunde nicht vorhandenen Szenenwechsel sind herrlich unaufwendig, das Ensemble spielt präzise die verschiedenen Figuren, ohne Klischees zu bedienen.
"The Big Meal" erzählt die Geschichte vieler Mahlzeiten einer "All-American family" mit den so unsäglich lustigen, dann wieder schmerzlich genauen Details, die in unsere menschliche Natur eingraviert zu sein scheinen: das Lieben und Sterben, die Trauer und die aufgestaute Bitterkeit und die so fatale Rolle, die sogenannte Ehrlichkeit immer wieder spielt. Alles wird zu einem großen Fest-Mahl, dem Leben selbst. Und Sam Golds starke und kluge Inszenierung macht insbesondere das letzte Essen zu einem beunruhigenden Ereignis voller Schönheit und Würde. "The Big Meal" ist ein wahrer Leckerbissen, der unter die Haut geht.